Weiterhin gute Chancen sich gegen VW durchzusetzen
Mit der Update-Problematik ist klar: Forderungen im Diesel-Abgasskandal gegen VW können auch heute noch eingeklagt werden. Hinzu kommt, dass aus Sicht der Verbraucher-Kanzlei im Fall von VW noch nichts verjährt ist. Daher rät die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer betroffenen VW-Kunden zur anwaltlichen Beratung, um ihre Rechte gegen den Autobauer durchzusetzen. Die Fahrzeuge sind im Wert erheblich gemindert und letztlich besteht die Gefahr, dass die Fahrerlaubnis von Behördenseite entzogen werden kann. Im kostenfreien Online-Check der Kanzlei lässt sich der richtige Weg aus dem Diesel-Abgasskandal herausfinden. Drei Argumente sprechen für den Übergang des Diesel-Abgasskandals in Dieselgate 2.0:
- Das Software-Update zum EA 189 steht unter Verdacht eine unzulässige Abschalteinrichtung zu sein. Das Update soll ein sogenanntes Thermofenster beinhalten. Wobei diese Art der temperaturgesteuerten Abgaskontrollsysteme auch in den Nachfolgedieselmotoren verbaut worden sind. Das betrifft vor allem den EA 288 und die Drei-Liter-Motoren. Auch Daimler soll unter anderem diese Art der temperaturgesteuerten Abschalteinrichtungen verwenden. Dieses Delikt verjährt eigenständig. Der Regensburger Jura-Professor Michael Heese formuliert es ähnlich: „Wenn man zutreffend von der Unzulässigkeit des „Thermofensters“ ausgeht, spricht vieles dafür, dass im Absatz des Software-Updates ein erneutes und etwa auch in Ansehung der Verjährung eigenständiges zu behandelndes Delikt im Sinne von § 826 BGB zu sehen ist.“
[*]Selbst bei verjährtem Anspruch aufgrund des Diesel-Betrugs (§ 826 BGB) besteht ein sogenannter Restschadensersatzanspruch nach § 852 BGB. Der von VW erschlichene finanzielle Vorteil muss an die Geschädigten zurückgegeben werden. Dabei tritt die Verjährung frühestens in 10 Jahren ab Kauf ein. Das Amtsgericht Marburg (Az. 9 C 891/19) hat erstmals diese Rechtsauffassung vertreten – mehr dazu hier.
[*]Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH weist zudem darauf hin, dass aus ihrer Sicht selbst die übliche Verjährungsfrist von drei Jahren noch nicht abgelaufen ist. Der Bundesgerichtshof hat die Messlatte für den Beginn der Verjährungsfrist sehr hoch gelegt – mehr dazu hier.
BGH setzt hohe Hürden für Verjährungsbeginn
Trotz des ersten verbraucherfreundlichen Urteils vor dem Bundesgerichtshof im VW-Skandal gibt es noch viele offene Fragen. Auch die Verjährung im Diesel-Abgasskandal ist heftig umstritten. Allerdings spricht vieles dafür, dass die übliche dreijährige Verjährung noch gar nicht eingetreten ist. Der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 19. März 2008 (Az. III ZR 220/07) und das Oberlandesgericht Nürnberg (Az. 1 U 2691/05) haben die Messlatte für den Beginn der Verjährungsfrist sehr hoch gehängt. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer vertritt die Ansicht, dass noch gar nichts verjährt ist:
- Die Rechtslage gestaltete sich für die Verbraucher lange unübersichtlich. Die Chancen gegen VW in der juristischen Auseinandersetzung zu gewinnen, waren selbst für Rechtskundige nur schwer einschätzbar. Am Anfang sah selbst der Verbraucherzentrale Bundesverband keine Möglichkeit, sich gegen VW durchzusetzen. Erst 2019 fand eine verbraucherfreundliche Kehrtwende vor Gerichten statt, die bis dahin eine Haftung von VW abgelehnt hatten. Erst ab diesem Zeitpunkt war für VW-Kunden erkennbar, dass sie vor Gericht Recht bekommen könnten.
- Auch die Rechtsschutzversicherer lehnten anfangs eine Kostendeckung ab und mussten zur Übernahme in vielen Fällen erst gerichtlich gezwungen werden. Die Kläger mussten anfänglich ein enormes Kostenrisiko tragen. Das hielt und hält noch heute die Mehrzahl der Verbraucher davon ab, gegen VW juristisch vorzugehen.
- Die Kläger haben zudem bis heute kaum Kenntnisse darüber, wie es zu dem größten und komplexesten Betrug der deutschen Nachkriegsgeschichte kam und wer dafür verantwortlich ist. Der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer ist es bis heute nicht gelungen von der Staatsanwaltschaft Braunschweig, Akteneinsicht zu erhalten. Der Beginn der rechtlichen Verjährung setzt aber zwingend Kenntnisse der Umstände des Betrugs voraus.
- Bis heute hält VW einen internen Bericht über den Diesel-Skandal unter Verschluss. Die Veröffentlichung des Berichts der US-Kanzlei Jones Day hatte der Konzern groß angekündigt und dann doch abgeblasen. Volkswagen als Herr des Wissens kann auf diese Weise seinen Wissensvorsprung im Verfahren ausnutzen. Das wäre unbillig.
- Die Ad-hoc-Mitteilung des Konzerns, mit der die Öffentlichkeit über die Vorkommnisse rund um den Dieselmotor EA 189 informiert werden sollte, blieb völlig vage. Nur die Händler sollen darüber informiert worden sein, welche Modelle des Konzerns betroffen waren. Welcher Skoda-Fahrer konnte ahnen, dass auch er einen EA 189 unter der Motorhaube hatte? Erst im Sommer 2017 war überhaupt klar, dass es für alle betroffenen Fahrzeugmodelle ein Software-Update geben würde.
- Alle diese Umstände sind für den Beginn der Verjährungsfrist bedeutsam und deuten derzeit für die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer darauf hin, dass die Verjährungsfrist möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt als Ende 2016 begonnen hat zu laufen. So sieht es auch das Landgericht Duisburg. Der Richter hat am 20. Januar 2020 dementsprechend den dreijährigen Verjährungsbeginn viel weiter hinausgeschoben, als bisher angenommen worden war (Az. 4 O 165/19). Begründung: Eine zutreffende Einschätzung der Rechtslage ist für das Gericht Voraussetzung für den Verjährungsbeginn. Die Rechtslage sei bisher nicht eindeutig. Die BGH-Rechtsprechung hält die Klageerhebung für Gläubiger unzumutbar, wenn die Rechtslage besonders verwickelt und problematisch ist oder, wenn gewichtige rechtliche Zweifel vor der Klärung der Rechtslage bestehen. Sieht der BGH die problematische Rechtslage im Fall VW gegeben, dann verlängert sich der Diesel-Abgasskandal um den VW-Motor EA 189 erneut. Letztlich muss der BGH die Frage der Verjährung klären.
852 öffnet Verbrauchern eine neue Tür im Diesel-Abgasskandal
Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer vertritt die Meinung, dass im Diesel-Abgasskandal nicht die übliche dreijährige Verjährungsfrist zur Geltung kommen muss, sondern auch die zehnjährige. Bisher ist die herrschende Rechtsauffassung, dass der Skandal um den Diesel EA 189 Ende 2019 verjährt ist. Die Verbraucherkanzlei ist sich jetzt sicher, dass VW nicht so leicht und schnell davonkommen wird. Denn, wer sittenwidrig täuscht und trickst, darf sich keine Hoffnungen darauf machen, dass seine Tat nach der üblichen Verjährung in Vergessenheit gerät. § 852 BGB bietet Verbrauchern die Möglichkeit, selbst bei verjährten Schadensersatzansprüchen gegen VW finanziell entschädigt zu werden. Daher macht die Einreichung einer Klage auch noch 2020 und darüber hinaus Sinn.
- Denn die Ansprüche auf eine Geldzahlung können laut 852 BGB frühestens nach zehn Jahren verjähren. Hierbei handelt es sich um den sogenannten Restschadensersatzanspruch. Wer sich beispielsweise sittenwidrig einen finanziellen Vorteil verschafft hat, muss diesen Vorteil wieder zurückgeben.
- Im BGB liest sich 852 dann wörtlich folgendermaßen:
„Hat der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an […].“ - Auf die Seite der Verbraucher hat sich bei diesem Thema auch die Juraprofessorin Susanne Augenhofer in einem Aufsatz der Zeitschrift Verbraucher und Recht (VuR 2019/3, 83, 86) Voraussetzung, dass § 852 BGB greift, ist das Vorliegen eines deliktischen Schadensersatzanspruchs, so Augenhofer. Der Bundesgerichtshof hat im ersten VW-Urteil am 25. Mai 2020 diesen Anspruch deutlich festgestellt.
- Für die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer ist daher klar, dass im Falle einer möglichen Verjährung von VW-Fällen § 852 BGB greift, und VW den durch die Manipulation erlangten finanziellen Vorteil dem Verbraucher zurückgeben muss. Wer beispielsweise seinen Diesel 2013 erworben hat, kann bis 2023 Ersatzansprüche gegen VW geltend machen.
- Doch wie könnte der Ersatzanspruch berechnet werden? „Der Anspruch“, schreibt wieder Augenhofer in der Zeitschrift VuR, „würde im VW-Fall den Betrag, den das Unternehmen auf Kosten der Verbraucher erlangt hat, also den Kaufpreis abzüglich der Händlermarge, umfassen. Zu dem durch die unerlaubte Handlung erlangten Vorteil gehören gem. § 818 Abs. 1 BGB auch die durch die Nutzung des Kapitals erlangten tatsächlichen Zinsen. Nach § 852 Satz 2 BGB verjährt der Restschadensersatzanspruch innerhalb von zehn Jahren von seiner Entstehung an (…). Für den VW-Fall bedeutet dies, dass der Anspruch zum Zeitpunkt des Erwerbs des betreffenden Fahrzeugs entstanden ist.“