Im Abgasskandal von VW ist noch lange nichts verjährt
Was sich schon seit Monaten an Landgerichten angekündigt hatte, ist nun am Oberlandesgericht Oldenburg eingetreten. VW ist im Diesel-Abgasskandal trotz bereits eingetretener Verjährung verurteilt worden (Az. 4 O 195/20). Gerichte in Kiel, Magdeburg, Marburg und Trier hatten in den vergangenen Monaten eine Verurteilung nach §852 BGB von VW in Aussicht gestellt, obwohl die Ansprüche auf Schadensersatz nach der üblichen Frist von drei Jahren verjährt sein dürften. Am Landgericht Karlsruhe war es bereits zu einer Verurteilung nach §852 BGB gekommen. Zum Beispiel stellte das Landgericht Trier in einer Verfügung vom 8. Oktober 2020 fest, dass nach §852 BGB ein sogenannter Anspruch auf Restschadensersatz bestehen könnte (Az. 5 O 173/20). Der verjährt erst zehn Jahre nach Kauf des Fahrzeugs. Beim Restschadensersatz geht es um den finanziellen Vorteil, den sich der Schädiger – also VW – durch die Täuschung erschlichen hat. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer, die das Verfahren in Trier führte, weist seit Monaten darauf hin, dass im VW-Skandal noch nichts verjährt ist.
Jetzt hat das Oberlandesgericht Oldenburg mit seinem Urteil erstmals Fakten in der zweiten Instanz geschaffen. Das Gericht erkannte den Anspruch auf Schadensersatz des klagenden VW-Kunden an. VW hat nach §826 BGB vorsätzlich und sittenwidrig gehandelt. Allerdings sah das Gericht bereits die Verjährung nach §195, 199 BGB eingetreten. Die Klage war Anfang 2020 eingereicht worden und der VW-Skandal 2015 publik geworden. Nach Ansicht des Gerichts waren die VW-Fälle Ende 2019 bereits verjährt. Doch das Gericht erkannte den sogenannten Restschadensersatzanspruch nach §852 BGB an. Der Senat macht deutlich, dass der Verbraucher sich auf diesen Ersatzanspruch berufen kann – und zwar in gleicher Höhe wie in der bereits verjährten Höhe. So bekam der Kläger für seinen Anfang 2012 für 25.950 Euro gekauften VW Caddy 2.0 TDI immerhin nach Abzug einer Nutzungsentschädigung noch 16.376,87 Euro zugesprochen.
Für die Verbraucherkanzlei Dr. Stoll & Sauer ein großartiges Urteil. Wer trickst und täuscht muss im deutschen Rechtssystem nicht hoffen, billig mittels Verjährung davonzukommen. Der Bundesgerichtshof hat sich bisher nicht abweisend zu den Ansprüchen aufgrund §852 BGB geäußert. In seinem VW-Urteil zum Thema Verjährung vom 17. Dezember 2020 (Az. VI ZR 739/20) gibt der Senat zu bedenken, dass ein Berufungsgericht die Möglichkeit des Restschadensanspruch nicht von sich aus prüfen müsse. Eine solche Prüfung setze einen Antrag des Klägers voraus. Die Kanzlei rät daher vom Abgasskandal betroffenen Verbrauchern dazu, sich anwaltlich beraten zu lassen. Klagen sind nach wie vor aussichtsreich. Erst recht nach dem OLG-Urteil und den Äußerungen des BGH. Im kostenfreien Online-Check der Kanzlei lässt sich der richtige Weg aus dem Diesel-Abgasskandal herausfinden. Die Fälle werden individuell geprüft, ehe man sich auf ein gemeinsames Vorgehen gegen den Autobauer einigt.
- 852 BGB lässt VW im Abgasskandal nicht aus der Verantwortung
Was bedeutet dieser Restschadensersatzanspruch in der Praxis. Gerichte in Marburg, Magdeburg, Kiel und Trier haben eine Verurteilung von VW nach §852 BGB bereits angekündigt oder ziehen es in Betracht. Das Landgericht Karlsruhe hat jetzt VW verurteilt, ebenso das Oberlandesgericht in Oldenburg. - Die Ansprüche auf eine Geldzahlung können laut 852 BGB frühestens nach zehn Jahren verjähren. Hierbei handelt es sich um den sogenannten Restschadensersatzanspruch. Wer sich beispielsweise sittenwidrig einen finanziellen Vorteil verschafft hat, muss diesen Vorteil wieder zurückgeben.
- Im BGB liest sich § 852 dann wörtlich folgendermaßen:
„Hat der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an […].“