Seit Sommer 2020 ermittelt Staatsanwaltschaft Frankfurt gegen FCA
Fiat-Kunden stehen seit Sommer 2020 unter Schock. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt durchsuchte vor knapp zwei Jahren Büroräume von Fiat und Iveco. Der Verdacht: Abgasmanipulation im großen Stil. Ermittlungsergebnisse liegen öffentlich derzeit zwar noch keine vor, trotzdem ist klar, dass der Autokonzern FCA von einem ausgewachsenen Diesel-Abgasskandal betroffen ist. Ganz offensichtlich manipuliert der Autobauer die Abgasreinigung in seinen Motoren so, dass die EU-Grenzwerte nur auf dem Prüfstand eingehalten werden. Fiat und Iveco verkaufen Fahrgestelle und Motoren an Herstellern von Reise- und Wohnmobilen. Zum Iveco Daily liegt mittlerweile ein Rückruf beim Kraftfahrt-Bundesamt vor. Damit hat der Diesel-Abgasskandal von FCA Einzug in eine gerade durch die Corona-Pandemie boomende Branche gehalten. Am 3. August 2020 hat Dr. Stoll & Sauer bereits die erste Klage in Deutschland im Abgasskandal gegen FCA am eingereicht. Mittlerweile sind weit über 1000 Klagen der Kanzlei gegen FCA an deutschen Gerichten anhängig. Erste verbraucherfreundliche Urteile konnte die Kanzlei erringen. Auch steigt die Anzahl von Gutachten, die durch Gerichte in Auftrag gegeben worden sind. Der Skandal ist an den Gerichten angekommen.
Oberlandesgericht sieht Vorwurf der Abgasmanipulation als zugestanden an
Die juristische Aufarbeitung des Abgasskandals von Fiat Chrysler steht vor einem Meilenstein. Das Oberlandesgericht Köln will die Berufung von FCA gegen ein verbraucherfreundliches Urteil des Landgerichts Aachen zurückweisen. Der 28. Senat machte mit seinem Beschluss vom 24. Februar 2022 deutlich, dass er den Vorwurf der Abgasmanipulation als zugestanden ansieht. Der klagende Verbraucher hätte in seinem Vortrag hinreichend die Voraussetzungen der vorsätzlichen und sittenwidrigen Schädigung nach §826 BGB durch FCA erläutert. FCA vertrat die Meinung, dass der Klägervortrag so wenig substantiiert gewesen sei, dass FCA den Vortrag gar nicht bestreiten hätte müssen. Diese abstruse Argumentation wies das OLG Köln in seinem Beschluss zurück.
Beim streitgegenständlichen Fahrzeug handelt es sich um das Wohnmobil Twist des Herstellers Chausson. Das Landgericht Aachen hatte FCA zur Rücknahme des Wohnmobils und zur Zahlung von 37.706,02 Euro verurteilt (Az. 12 O 279/21). FCA hatte sich vor dem Landgericht nicht zur Klage geäußert. Das Wohnmobil hatte der Verbraucher ursprünglich für 41.400 Euro erworben. Der Kläger habe seine Behauptungen mit Berichten und Feststellungen durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) untermauert, so das OLG in seinem Beschluss. Da FCA dem nicht argumentativ entgegengetreten sei, sah die erste Instanz die Behauptungen als zugestanden an. Das OLG Köln will dieser Vorgehensweise offensichtlich folgen.
Gericht: Fiat Chrysler handelte im Abgasskandal sittenwidrig
Ein verbraucherfreundliches Urteil hat das Landgericht Landshut am 18. März 2022 gegen FCA gesprochen (Az. 54 O 1306/21). Bei dem von der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer erstrittenen Urteil handelt es sich nicht um ein Versäumnisurteil. FCA hatte sich der Klage gestellt und sich geäußert. Das Gericht machte klar, dass Fiat Chrysler ähnliche wie VW vorsätzlich und sittenwidrig getäuscht habe. Hier die wichtigsten Fakten zum Urteil am Landgericht Landshut:
- Der Kläger kaufte im Mai 2019 das Wohnmobil „367 Mageo Premium“ des Herstellers Challenger für 64.937,50 Euro. Das Fahrzeug ist mit einem für das Basisfahrzeug Fiat Ducato typischen 2,3-Liter-Motor mit 150 PS ausgestattet und verfügt über die Abgasnorm Euro 6b. Motorkennung: F1AGL411C.
- Das Gericht folgte im Wesentlichen dem Antrag des Klägers und verurteilte FCA aufgrund vorsätzlicher und sittenwidriger Schädigung nach §826 BGB zur Zahlung von Schadensersatz in Form einer Preisminderung in Höhe von 9740,63 Das entspricht 15 Prozent des Kaufpreises. Der Kläger hat aus Sicht des Gerichts schlüssig vorgetragen, dass Fiat Chrysler im Basisfahrzeug des Wohnmobils 367 Mageo Premium von Challenger eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut hat, die dazu führt, dass die Abgaswerte auf dem Prüfstand auf das gesetzlich vorgeschriebene Maß optimiert werden. Im realen Straßenbetrieb wird dann die Umwelt verpestet und die Gesundheit der Menschen gefährdet. Die Abgasreinigung wird durch eine sogenannte Zeitschaltuhr nach rund 22 Minuten ausgeschalten. Das Gericht wertete diese Steuerung als unzulässige Abschalteinrichtung.
- FCA hat aus Sicht des Gerichts „nicht bestritten, dass die Abgasreinigung nach dem für den NEFZ-Zyklus vorgesehenen Zeitraum von 22 Minuten komplett abschaltet.“ Daher sieht das Gericht den Vorwurf als „unstreitig“ an. Außerdem sei das „streitgegenständliche Fahrgestell mit einem von den Untersuchungen des Kraftfahrtbundesamtes betroffenen Motor ausgestattet“.
- Das Gericht hatte auch keinerlei Zweifel daran, „dass die Abgasreinigungssoftware bewusst und gewollt so programmiert war, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte mittels einer unzulässigen Abschalteinrichtung nur auf dem Prüfstand eingehalten werden können. Eine Typgenehmigung war somit auch nur durch Vorspiegelung falscher Tatsachen gegenüber der zuständigen Behörde in Italien zu erlangen. Es kann daher nicht darauf ankommen, dass eine immer noch gültige italienische Typgenehmigung vorliegt, welche aufgrund des europäischen Binnenmarktes auch in Deutschland zu akzeptieren ist. Im Falle einer Manipulation wie vorliegend kann diese auch in einem anderen Mitgliedstaat nicht uneingeschränkt Anwendung finden bzw. hindert nicht die Haftung von FCA wegen sittenwidriger Schädigung.“
- Entsprechend der Rechtsprechung im Abgasskandal durch den Bundesgerichtshof (BGH) ist dem Verbraucher durch den Abschluss des Kaufvertrags ein Schaden entstanden. Der Abgasskandal von Fiat Chrysler ist damit aus Sicht des Gerichts mit dem von VW vergleichbar.
- Das Gericht taxiert den bloßen Minderwert des Fahrzeugs auf 15 Prozent, entsprechend vom Kaufpreis ein Betrag von 9.740,63 €. Darin fließt auch ein, dass der Verbraucher im Falle eines Verkaufs des Fahrzeugs die Manipulation des Motors gegenüber einem potentiellen Käufer offenbaren muss. Allein dies dürfte zu einer Minderung des dann zu erzielenden Verkaufspreises führen.
- Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Für die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer ist die juristische Aufarbeitung des Abgasskandals bei FCA/Stellantis in den vergangenen zwei Jahren ein großes Stück weitergekommen. Die Chancen auf Schadensersatz sind durch die Entwicklung am OLG Köln und anderen Urteilen in der ersten Instanz enorm gestiegen. FCA muss Fahrzeuge gegen Rückerstattung des Kaufpreises zurücknehmen. Händler müssen mangelfreie Wohnmobile nachliefern. Die Kanzlei rät aufgrund dieser Entwicklung vom Abgasskandal betroffenen Verbrauchern, sich anwaltlich beraten zu lassen. Geschädigte müssen durch die Folgen und Auswirkungen des Abgasskandals mit enormen Geldeinbußen kämpfen: Ihnen drohen Fahrverbote, Stilllegungen und Wertverluste, sofern sie die Ansprüche nicht rechtzeitig vor Gericht geltend machen. Verbraucher sollten eine Individualklage erheben. Die Chancen stehen nach aktueller Rechtsprechung sehr gut. Im kostenfreien Online-Check lässt sich der richtige Weg aus dem Dieselskandal herausfinden. Wir prüfen Ihren konkreten Fall und geben Ihnen eine Ersteinschätzung, bevor wir uns auf ein gemeinsames Vorgehen gegen den Autobauer einigen.