Erlittene Verluste in Online-Casinos lassen sich zurückholen
Milliarden werden jährlich alleine in Deutschland in Online Casinos umgesetzt. Was nur wenig wissen: Erlittene Verluste in Online-Casinos können jetzt unter bestimmten Voraussetzungen wieder zurückgeholt werden. Die Rechtsprechung ist aktuell auf Seiten der geschädigten Verbraucher. Wegweisend bei dieser Entwicklung war das Oberlandesgericht Frankfurt mit seinem Hinweisbeschluss vom 4. April 2022. Ein Online-Casino habe keinen Anspruch auf das Geld der Spieler, so das Gericht (Az.: 23 U 55/21). Spielsucht wird von den Casinos ausgenutzt, wie der aktuelle Fall besonders dramatisch zeigt. Das Urteil des Landgerichts Paderborn unterstreicht zudem die aktuelle Rechtsauffassung eindrucksvoll:
- Zwischen September 2018 und November 2019 zahlte eine Klägerin aus Nordrhein-Westfalen über 385.000 Euro an ein Spielcasino. Dem gegenüber standen Auszahlungen von rund 252.000 Euro. Rund 132.000 blieben für die Klägerin als Verlust stehen. Die Klägerin spielte von zu Hause aus, in der Regel am Abend. Tagsüber arbeitete sie zu geregelten Arbeitszeiten. Sie spielte nur das angebotene Spiel "Jacks or Better Power Poker", wobei es sich nicht um ein echter Pokerspiel mit anderen Teilnehmern handelt, sondern um einen Spielautomaten, bei dem gegen die Bank gespielt wird.
- Das Casino bot mit Hilfe von deutschsprachigen Websites Online-Glücksspiele an. Durch das deutschsprachige Angebot, so das Gericht den Eindruck der Legalität.
- Allerdings verfügte das Casino nicht über eine in Deutschland gültige Lizenz. Denn in Deutschland war Glücksspiel im Internet bis Ende Juni 2021 verboten. Nur auf dem Territorium von Schleswig-Holstein war Glücksspiel mit gültigen Lizenzen möglich.
- Durch das Glücksspielverbot war der abgeschlossene Vertrag zwischen Klägerin und Casino nie zustande gekommen. Daher müsse der Anbieter dem Kläger seine Verluste vollständig ersetzen, entschied das LG Paderborn. Der Verlust des Klägers betrug knapp 132.000 Euro.
- Der Spieler verfügte über keine Kenntnisse, dass das Glücksspielangebot illegal war.
- Der Spieler hat auch gegen das Glücksspielverbot verstoßen. Daraus lässt sich jedoch keine Klageabweisung ableiten. Das Glücksspielverbot, so das Gericht, diene dem Schutz der Verbraucher und nicht dem Schutz des Anbieters. Das trifft besonders auf den spielsüchtigen Kläger zu, der im Casino seine Existenz verspielt hat. Das Gericht griff daher in seiner Urteilsbegründung auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Oktober 2017 zurück. Das Glücksspiel im Internet begünstige durch seine Anonymität, fehlende soziale Kontrolle und den besonders leichten Zugang die Entwicklung einer Spielsucht und den damit verbundenen negativen Folgen.
- Glücksspiel im Internet ist seit dem 1. Juli 2021 in Deutschland mit gültiger Lizenz möglich. Aber die Aufhebung des Verbots gilt nicht rückwirkend.
- Interessanterweise sind die meisten Online-Casinos auch aktuell noch ohne gültige Lizenz unterwegs, fand das Nachrichtenmagazin Der Spiegel heraus. Daher ist es für Verbraucher auch nach dem 1. Juli 2021 interessant zu prüfen, ob die Casinos illegal gearbeitet haben. Falls das so ist, können Ansprüche auf die Rückgabe der Verluste bestehen. Wichtig dabei: Die Geschädigten dürfen vorher von der Illegalität des Online-Casinos nichts gewusst haben. Die Betreiber müssen übrigens vor Gericht den Nachweis über eine mögliche Kenntnis des Spielers führen.
Weitere Infos hier: https://www.dr-stoll-kollegen.de/online-casino-geld-zurueck