Wie sieht das Tauschangebot von Senec für Verbraucher aus?
Die juristische Aufarbeitung der Probleme mit den Stromspeichern des Leipziger Herstellers Senec ist aktuell in vollem Gang. Das Landgericht Münster hat in einem sensationellen Urteil einen Händler zur Rückzahlung des Kaufpreises für Senec-Batteriespeicher von über 15.500 Euro verurteilt (Az. 212 O 68/23). Aufgrund von Bränden und Verpuffungen im Zusammenhang mit Senec-Stromspeicher sah das Gericht die Zuverlässigkeit und Sicherheit der Stromspeicheranlagen in Frage gestellt, wie das Online-Magazin PV am 13. November 2023 berichtete. Damit ist der Druck auf die EnBW-Tochter Senec enorm gestiegen. Passend dazu lässt Senec aktuell über die großen Fachhändler den betroffenen Kunden ein Tauschangebot unterbreiten, das im Sommer 2024 starten soll. Die Verbraucherkanzlei Dr. Stoll & Sauer hat sich das Senec-Angebot genauer angeschaut.
- Die Austauschinitiative soll für alle Verbraucher offenstehen, die Speichereinheiten der Typen V2.1 oder V3 besitzen. Diese sind bekanntlich seit August 2023 nur noch zu maximal 70 Prozent aufgeladen, weil sie sich im sogenannten Konditionierungsmodus befinden. Dies bedeutet im Einzelnen:
- Inhaber eines V3-Systems haben die Möglichkeit, ihre aktuellen Module ohne zusätzliche Kosten gegen neue Module aus Lithium-Eisenphosphat auszutauschen.
- Für Nutzer des V2.1-Systems wird eine kostenlose Aktualisierung auf das neuere V3-System mit Lithium-Eisenphosphat-Modulen angeboten.
- Nach der Durchführung des Austauschs soll den Kunden erneut die Nutzung der vollen Speicherkapazität gewährleistet werden. Der Start der kostenlosen Austauschaktion ist für den Sommer 2024 vorgesehen. Bis zu diesem Zeitpunkt bleiben die Speicher im Konditionierungsmodus.
In den vergangenen Monaten haben sich hunderte betroffene Senec-Kunden an die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer gewandt. Seitdem wurden sowohl Gewährleistungsansprüche gegen die Händler als auch Garantieansprüche gegen Senec geltend gemacht. Zuletzt hat das positive Urteil des Landgerichts Münster den Druck zusätzlich erhöht. Die Chancen für betroffene Senec-Kunden Ansprüche erfolgreich durchzusetzen sind damit gestiegen. Wie bewertet Dr. Stoll & Sauer das Tauschangebot von Senec?
- Senec hat angekündigt zahlreichen Kunden einen Austausch von Speichermodulen anzubieten und bis dahin, sofern der Speicher nicht zu 100 Prozent genutzt werden kann, eine Kulanzentschädigung zu bezahlen.
- Dieser Schritt zeigt, dass wir mit unserer Argumentation und Kritik an den bisherigen Systemen richtig liegen. Hätte Senec die betroffenen Speicher in einen ordnungs- und vertragsgemäßen Zustand versetzen können, wäre ein solcher Austausch nicht nötig gewesen.
- Ob die von SENEC angekündigten Maßnahmen tatsächlich dazu führen, dass alle Kunden ihre Speicher zu 100 Prozent nutzen können, bleibt abzuwarten.
- Parallel dazu können alle betroffenen Kunden Garantieansprüche gegenüber Senec geltend machen.
Stromspeicher-Hersteller Senec immer wieder in den Schlagzeilen
Seit 2022 hat es eine Reihe von Vorfällen mit Stromspeicheranlagen des Herstellers Senec gegeben. Hier sind einige spezifische Fälle, die dokumentiert wurden:
- Im März 2022 musste Senec nach drei Zwischenfällen rund 60.000 Homespeicher-Anlagen zwangsabschalten. Es war zu mehreren Bränden in Häusern gekommen. Senec versucht seitdem, mit einer SmartGuard-Technologie die Probleme in den Griff zu bekommen.
- Im Keller eines Zweifamilienhauses kam es am 19. März 2023 in Burladingen zu einem Brand eines Solarspeichers. Als Reaktion darauf reduzierte Senec am 20. März 2023 die Leistung vieler seiner Speicher, um die Brandgefahr zu verringern.
- Im August 2023 gab es Probleme mit Senec-Speicher in Mittelfranken und Niedersachsen. Hier standen vor allem die Speicher der Bauarten „SENEC.Home V2.1“ und „SENEC.Home V3“ im Mittelpunkt.
- Der Hersteller Senec hat auf seiner Website am 30. August 2023 über den Konditionierungsbetrieb informiert, bei dem die Kapazität der betroffenen Modelle auf etwa 70 Prozent beschränkt wurde. Ferner wurden bei einigen Produkten Fernabschaltungen durchgeführt, insbesondere bei den Modellen SENEC.home V2 und V3. Hier soll es zu Kurzschlüssen gekommen sein.
- Es wird berichtet, dass Senec keine detaillierten Informationen zu den aktuellen Brandfällen veröffentlicht hat. Die Probleme mit den Wechselrichtern werden als mögliche Ursache für die Brände diskutiert, allerdings ist dies noch nicht bestätigt.
- Zuletzt wurde bekannt, dass auch die neue Speichergeneration SENEC.Home V4 von Leistungseinschränkungen betroffen ist, obwohl sie als „Einfahrmodus“ bezeichnet wird, was darauf hindeutet, dass die technischen Probleme noch nicht vollständig gelöst sind.
- Aktuell bietet Senec über Vertragshändler eine im Sommer 2024 beginnende Tauschaktion an.