Auch BMW soll bei Bosch Abschalteinrichtungen bestellt haben
Spiegel und BR haben im Diesel-Abgasskandal eine Bombe platzen lassen. Beide berichten übereinstimmend aus geheimen Unterlagen, dass der Automobilzulieferer Bosch nach eigenen Untersuchungen 44 "sensible Funktionen" identifiziert, die möglicherweise gegen Behörden-Bestimmungen verstoßen. Vor allem Diesel-Aggregate dürften danach betroffen sein, aber auch Benzin-Motoren, heißt es beim BR.
Bosch führt in einem sechsseitigen Dokument tabellarisch auf, welche Software-Funktionen das Unternehmen für welche Automobilhersteller programmiert hat: VW, Audi, BMW, Daimler, Porsche, auch Hersteller aus dem Ausland, darunter Fiat und Toyota. Erschreckend dabei: Bosch listet zum Beispiel eine Funktion mit der Bezeichnung "SCR dosing limitation" auf. Diese reduziert die bei SCR-Katalysatoren zur Diesel-Abgasreinigung notwendige Zuführung von Harnstoff ("AdBlue") – "über Bauteilschutzgründe hinaus". Das Fahrzeug ist folglich deutlich schmutziger unterwegs als möglich. Letztlich heißt das, dass auch die als sauber geltenden AdBlue-Motoren manipuliert werden. Bosch hat damit Daimler und Fiat beliefert.
Audi, VW und BMW bekamen zwei weitere Funktionen mit den Bezeichnungen "SCRLdG_Main" und "SCR-Füllstandsregler" geliefert. Nach dem Bosch-Dokument zufolge sorgen diese Funktionen dafür, dass das System bei der Abgas-Reinigung weniger Harnstoff verbraucht. Aufgrund der Bosch-Unterlagen erhärtet sich der Verdacht, dass auch BMW bei seinen Motoren die Abgasreinigung manipuliert. Der Münchener Autobauer betonte seit Beginn des Dieselskandals wiederholt, niemals unzulässige Abschalteinrichtungen in seinen Modellen eingesetzt zu haben.
Deutsche Umwelthilfe: Abgasskandal seit 2006 geplant
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat die Bosch-Dokumente, die laut BR ein Insider ihr zugespielt hat, der Staatsanwaltschaft Stuttgart zur Verfügung gestellt. Bereits 2019 musste Bosch aufgrund der Rolle im Dieselskandal eine Geldbuße in Höhe von 90 Millionen Euro bezahlen. Bosch habe, so die Staatsanwaltschaft in einer Pressemitteilung, "ab 2008 circa 17 Millionen Motorsteuergeräte und Dosiersteuergeräte an verschiedene in- und ausländische Hersteller ausgeliefert, deren zugehörige Software teilweise unzulässige Strategien enthielt".
Für Rechtsanwalt Remo Klinger, der die Deutsche Umwelthilfe (DUH) seit Jahren bei verschiedenen Diesel-Gerichtsverfahren vertritt, zeigen die jetzt aufgetauchten Dokumente, "dass man bei Bosch wusste, was man in rechtlicher Hinsicht tat. Zu den Funktionen wird jeweils mitgeteilt, warum diese "potenziell kritisch" sind. Dies beweist ein hohes Unrechtsbewusstsein. Niemand wird sich nun damit herausreden können, dass man nicht wusste, was man tat". Klinger weist auch auf Dokumente aus den Jahren 2006 und 2009 hin. In beiden geht es um die Software-Programmierung von SCR-Systemen. Darin betont Bosch: "Applikationsverantwortung sowie Rechtfertigung der Funktion selbst liegt beim Kunden". Mögliche Konsequenzen für den Fall, dass Behörden entsprechende Funktionen für unzulässig halten, schildert Bosch in dem Dokument vom 2. November 2009. So habe Toyota 2002 in den USA wegen einer Manipulation ("Tankleckdiagnose") 15 Millionen US-Dollar zahlen müssen. Und: "Alle 150.000 Fahrzeuge im Feld mussten nachgearbeitet werden."
Durch die Dokumente wird klar, dass der Abgasskandal bereits 2006 regelrecht geplant wurde.
Dr. Stoll & Sauer rät: Verbraucher sollten jetzt klagen
Für die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer muss die juristische Aufarbeitung des Abgasskandals durch die Bosch-Enthüllungen eine neue Richtung einschlagen. Der Dieselskandal ist noch nicht zu Ende. Die Chancen der Verbraucher auf Schadensersatz könnten durch die Enthüllungen enorm gestiegen sein. Es könnte sein, dass die beteiligten Automobilhersteller vorsätzlich gehandelt haben. Und gerade das vorsätzliche sittenwidrige Handeln ist für den Bundesgerichtshof bei Verurteilungen von VW wichtig gewesen. Jetzt machen die Bosch-Enthüllungen klar, dass wohl die ganze Branche den Einbau von Abschalteinrichtungen von langer Hand geplant hatte. Daher rät die Kanzlei vom Abgasskandal betroffenen Verbrauchern, sich anwaltlich beraten zu lassen. Geschädigte müssen durch die Folgen und Auswirkungen des Abgasskandals mit enormen Geldeinbußen kämpfen: Ihnen drohen Fahrverbote, Stilllegungen und Wertverluste, sofern sie die Ansprüche nicht rechtzeitig vor Gericht geltend machen. Verbraucher sollten eine Individualklage erheben. Die Chancen stehen nach aktueller Rechtsprechung sehr gut. Im kostenfreien Online-Check lässt sich der richtige Weg aus dem Dieselskandal herausfinden. Wir prüfen Ihren konkreten Fall und geben Ihnen eine Ersteinschätzung, bevor wir uns auf ein gemeinsames Vorgehen gegen den Autobauer einigen.