„Nicht genehmigungsfähig“ - Staatsanwaltschaft stellt klar
Der Schreck ist vor allem der Camper-Szene in die Glieder gefahren, als der Diesel-Abgasskandal von Fiat Chrysler Automobiles (FCA) die Reise- und Wohnmobilbranche erfasste. 200.000 Fahrzeuge können nach Angaben der Staatsanwaltschaft Frankfurt betroffen sein – vor allem Reise- und Wohnmobile. Für die liefert FCA Fahrgestelle und Motoren. Die Motoren sollen mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen sein. „Während die Fahrzeuge im Testbetrieb die zulässigen Grenzwerte für Stickoxyde einhalten, soll die Abschalteinrichtung die Abgasreinigung im Realbetrieb weitgehend abschalten“, teilte die Staatsanwaltschaft bereits am 22. Juli 2020 mit. „Die Verwendung derartiger Abschalteinrichtungen ist nach Art. 5 Abs. 2 der VO (EG) 715/2007 untersagt. Fahrzeuge mit einer derartigen Abschalteinrichtung sind auf dem gemeinsamen Markt nicht genehmigungsfähig, weswegen Kunden Fahrverbote oder Stilllegungen drohen“, unterstrich die Staatsanwaltschaft. „Insgesamt sind mehr als 200.000 Fahrzeuge im Bundesgebiet betroffen, darunter auch eine Vielzahl von Fahrzeugen mit Sonderaufbauten, z.B. Wohnmobile.“
Für die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH ist der Fall Fiat eindeutig. Kunden sind getäuscht und geschädigt worden. Sie haben überteuerte Fahrzeuge erworben, die nicht mehr den Wiederverkaufswert einbringen, wie ihn die Verbraucher sich gewünscht hätten. Da sind die Kunden zweimal betrogen worden. Zusätzlich drohen Fahrverbote und Stilllegungen. Daher rät die Kanzlei betroffenen Verbrauchern zu einer anwaltlichen Beratung und empfiehlt dafür den kanzleieigenen kostenlosen Online-Check. Die Kanzlei gehört zu den führenden im Diesel-Abgasskandal. Die beiden Inhaber haben den Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) in der VW-Musterfeststellungsklage vertreten, einen 830-Millionen-Euro-Vergleich ausverhandelt und mit dem Abschluss des Verfahrens am 30. April 2020 deutsche Rechtsgeschichte geschrieben.
Was spricht dafür, dass Fiat Chrysler Motoren manipuliert?
Die Verbraucher und Kunden mit Fahrzeugen von Fiat Chrysler sind natürlich generell verunsichert. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt gegen den Konzern wegen Betrugs. Betroffen sollen Multijetmotoren der Abgasnormen Euro 5 und 6 der Baujahre 2014 bis 2019 sein. Nach Erkenntnissen der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer begann Fiat mit der Manipulation bereits im Jahr 2008, als die ersten Euro-5-Motoren ausgeliefert wurden. Für den Umweltexperten Axel Friedrich, der den Fiat-Skandal in Deutschland 2016 aufdeckte, sind alle Euro-5- und Euro-6-Motoren von Fiat im Skandal involviert – nur Euro 6dTemp und Euro 6d sind sauber.
Für die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer gibt es genügend Fakten, die den Verdacht der Staatsanwaltschaft mehr als erhärten. Klar ist: FCA manipuliert mit seinen Motoren die Abgasreinigung und hat an die Verbraucher minderwertige Fahrzeuge verkauft:
- In den USA klagten bereits 2015 Investoren wegen angeblich irreführender Angaben zu Dieselabgasen gegen FCA. Erst im April 2019 einigte sich Fiat Chryslerim Rechtsstreit mit US-Anlegern auf einen Vergleich. Der Autokonzern akzeptierte eine Zahlung von 110 Millionen Dollar (98 Millionen Euro).
- Im Frühjahr 2016 ließ die Deutsche Umwelthilfe (DUH) im Zuge des Diesel-Abgasskandals vom VW auch die Abgaswerte von Fahrzeugen anderer Hersteller überprüfen. Der Fiat 500X Euro 6 sprengte laut einer Mitteilung vom 9. Februar 2016 mit 1777 mg/km Stickoxid bei einer Untersuchung durch die Berner Hochschule alle Normen. Euro 6 erlaubt einen Ausstoß von 80 mg/km Stickoxid.
- Das von der DUH informierte Kraftfahrt-Bundesamt überprüfte nun ebenfalls Fiat-Fahrzeuge. Im April 2016 fiel neben dem Fiat 500X auch der Fiat Ducato Euro 5 negativ auf. Das KBA stellte klar, dass das System der Abgasrückführung (AGR) in seiner Wirksamkeit reduziert arbeitet. Das ist letztlich eine Beschreibung für das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung. Der Ducato dient als Basisfahrzeug für die Reise- und Wohnmobilbranche.
- Wenig später informierte die Bosch GmbH das Bundesverkehrsministerium darüber, dass der Autozulieferer an Fiat unzulässige Abschalteinrichtungen geliefert hatte. Bosch war im Zuge der Untersuchungen zum VW-Abgasskandals ins Visier der Ermittler geraten und packte in einem Gespräch am 14. April 2016 beim KBA gegen Fiat aus.
- Im Mai 2016 forderte das KBA Fiat und die italienische Zulassungsbehörde dazu auf, Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die hergestellten Fahrzeuge mit dem genehmigten Typ in Übereinstimmung gebracht werden. Für die italienische Behörde besteht jedoch bis heute kein Handlungsbedarf.
- Das KBA beabsichtigte, die Typengenehmigung für Reise- und Wohnmobile mit Fiat-Motoren zu verweigen. Am 25. Mai 2016 intervenierte die Geschäftsleitung von Knaus Tabbert brieflich beim damaligen CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer und bittet um eine Lösung des Problems. Der wandte sich am 3. Juni 2016 per Mail an den damaligen Bundesverkehrsminister und Parteifreund Alexander Dobrindt. Am 14. Juni 2016 wurde das KBA gestoppt und die Reise- und Wohnmobile erhielten wieder eine Genehmigung. Die deutschen Hersteller sollten keine Nachteile durch eine Fahrzeugtechnik erleiden, die sie nicht zu verantworten hatten.
- Am 31. August 2015 informierte das Bundesverkehrsministerium die EU-Kommission über die Ergebnisse des KBA.
- Im Mai 2017 leitete die EU-Kommission aufgrund des Fiat 500X ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die italienische Regierung ein.
- 2017 begannen Ermittlungen in den USA gegen den Konzern. Die US-Umweltbehörde EPA fand acht Abschalteinrichtungen in Fahrzeugen mit Fiat-Motoren. Am 22. Mai 2017 reichte die US-Justizbehörde für die EPA Klage gegen FCA ein. Fiat stritt jedoch ab, die Dieselfahrzeuge manipuliert zu haben. Um die Klage und eine weitere des Bundesstaats Kalifornien beizulegen, zahlte FCA im Januar 2019 mehr als 500 Millionen Dollar (434 Millionen Euro). Zudem musste FCA rund 300 Millionen Dollar für Entschädigungen von US-Autobesitzern sowie Rückrufe und Reparaturen von Dieselwagen bezahlen. Der mitangeklagte deutsche Zulieferer Bosch sollte bis zu 27,5 Millionen Dollar zahlen.
- Am 17. Mai 2018 reichte die EU-Kommission vor dem EuGH Klage unter anderem gegen Italien ein. Deutschland, Italien, Luxemburg und das Vereinigte Königreich sollen die EU-Vorschriften für die Typgenehmigung von Fahrzeugen missachtet haben.
- Am 22. Juli 2020 kam es durch die Staatsanwaltschaft Frankfurt zu Durchsuchungen von Büroräumen bei FCA in Deutschland, Italien und der Schweiz. Der seit 2016 schwelende Diesel-Abgasskandal kochte in Deutschland wieder hoch. Es geht um den Verdacht des Betrugs im großen Stil.