Wie Verbraucher zu ihrem Recht kommen
Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer hat bereits erste Klagen im Zusammenhang mit dem Motor EA 288 eingereicht. In einem Verfahren vor dem Landgericht Offenburg steht ein Audi A3 mit dem Motor EA 288 im Mittelpunkt. Ein Sachverständiger soll jetzt klären, ob das Fahrzeug mit einer illegalen Abschalteinrichtung versehen ist. Ralf Stoll empfiehlt Verbrauchern, sich unbedingt anwaltlich beraten zu lassen. Im kostenfreien Online-Check der Kanzlei lässt sich der richtige Weg aus dem Diesel-Abgasskandal von VW herausfinden. Die Fälle werden kostenlos und individuell geprüft, ehe man sich auf ein gemeinsames Vorgehen gegen die VW AG einigt. „Wir sind uns sicher, dass sich der Fall um den EA 288 ähnlich entwickeln wird, wie beim EA 189“, vermutet Stoll. „Die technische Seite der Manipulation ist ein andere, aber die Verbraucher sind geschädigt worden. Der Wert der Fahrzeuge ist eindeutig gemindert.“ Und die Chancen, gegen den Autobauer sein Recht durchzusetzen, stehen gut. Die Daimler AG, die auch mit Thermofenstern in ihren Motoren arbeitet, wird derzeit reihenweise zu Schadensersatz verurteilt – mehr dazu hier.
Der EA 288 war schon einmal im Diesel-Abgasskandal verwickelt
Die Anschuldigungen gegen die neue Motorengeneration von VW sind nicht neu. Bereits 2015 wurde bekannt, dass VW in den USA den EA 288 mit einer Abschalteinrichtung ähnlich dem des Vorgänger-Diesels EA 189 in den Verkauf brachte. Am 15. Oktober 2015 bestritt VW, dass noch andere Motoren als die Baureihen EA 189 manipuliert worden waren. Sieben Tage später dann das Eingeständnis, dass in den USA auch die Baureihe EA 288 betroffen war. Die Abschalteinrichtungen sollen nach VW-Angaben nach der Umstellung der Motorengeneration auf Euro 6 in den USA und auch in Europa entfernt worden sein. Dennoch hatte das Landgericht Wuppertal (AZ. 2 O 273/18) im Frühjahr 2019 in einem Fall, in dem der Besitzer eines VW Golf VII mit einem Dieselmotor EA 288 klagt, diesen Motorentyp zum Prüffall erklärt. VW legte dar, dass in EA 288-Fahrzeugen eine standardmäßige Abschalteinrichtung in Form von Thermofenstern verbaut wurde. Von einem Thermofenster ist die Rede, wenn die Abgasreinigung von der Umgebungstemperatur abhängig gemacht wird. Offensichtlich funktioniert die Abgasreinigung nur zwischen 15 und 30 Grad Außentemperatur den EU-Normen entsprechend. Wie im Fall vor dem Landgericht Offenburg soll in Wuppertal auch ein Gutachten klären, ob die Abschalteinrichtung illegal ist. Noch liegen keine Ergebnisse vor.
SWR-Bericht über EA 288 bringt Licht ins Dunkel
Im September 2019 berichtete der SWR dann erstmals über interne Dokumente von Volkswagen. Laut SWR belegen diese Dokumente, dass auch die Motoren vom Typ EA 288 über eine „Zykluserkennung“ für die auf Prüfständen verwendeten Fahrkurven verfügen. Das bedeutet, dass die Motorsteuerung erkennen kann, ob sich das Fahrzeug gerade auf dem Prüfstand in einem bestimmten Prüfzyklus befindet. Die Zykluserkennung könnte dann genutzt werden, um die Abgaswerte auf den jeweiligen Test hin zu optimieren. Im realen Fahrbetrieb dagegen könnte die Abgasreinigung heruntergefahren und z.B. weniger AdBlue zugesetzt werden.
Abgasreinigung funktioniert beim Thermofenster nur bedingt
Schon länger sind Probleme mit sogenannten Thermofenstern bekannt. Das sind Temperaturbereiche, bei denen die Abgasreinigung heruntergefahren wird, um den Motor zu schonen. Solche Thermofenster sind grundsätzlich zulässig. Allerdings sollten sie eine Ausnahme sein, die sich auf extreme Temperaturbereiche beschränkt. Offensichtlich funktioniert die Abgasreinigung nur zwischen 15 und 30 Grad Außentemperatur den EU-Normen entsprechend. So hat es die VW AG in einem Verfahren vor dem Landgericht Stuttgart (Az. 11 O 77/18) selbst bestätigt. Ein Blick auf die Durchschnittstemperaturen in Deutschland zeigt, dass die einwandfreie Abgasreinigung nur an vier Monaten im Jahr möglich ist – nämlich von Juni bis August. Thermofenster werden nicht nur in den Motoren von VW, sondern auch beispielsweise von der Daimler AG eingesetzt.
Betroffene Fahrzeuge mit EA288-Motoren
In welchen Fahrzeugen verbaute die Volkswagen AG und ihre Töchterunternehmen den umstrittenen EA 288-Motor? Hier ein Überblick:
Audi-Modelle
- Audi A1 8X
- Audi A3 8V
- Audi A4 B9
- Audi A5 F5
- Audi Q2 GA
- VW Amarok
- VW Beetle
- VW Caddy
- VW CC
- VW Crafter
- VW Golf VII
- VW Golf Sportsvan
- VW Passat B8
- VW Polo V
- VW Polo VI
- VW Sharan II
- VW Tiguan
- VW Tiguan II
- VW Touran II
- VW T-Roc
- VW T6 (California)
- Seat Alhambra II
- Seat Ateca
- Seat Ibiza
- Seat Leon III
- Seat Toledo IV
- Skoda Fabia III
- Skoda Octavia III
- Skoda Rapid
- Skoda Superb III
Das Oberlandesgericht Köln sieht in dem Einsatz eines Thermofensters, welches die Abgasreinigung bei Außentemperaturen von unter 17 Grad Celsius bzw. über 30 Grad Celsius herunterfährt, eine Täuschungs- und somit eine Schädigungshandlung im Sinne § 826 BGB. Das Verfahren richtete sich gegen die Daimler AG, die wohl einen anderen Temperaturbereich auswählt als die VW AG, aber ansonsten auch die Abgasreinigung manipuliert hat. Mit Urteil vom 6. September 2019, (Az. 19 U 51/19), führt der Senat aus:
„lm normalen Straßenverkehr hingegen werde die Abgasrückführung heruntergefahren bzw. ausgeschaltet, und zwar insbesondere durch den Einsatz eines Thermofensters, das bewirke, dass die Abgasreinigung ausgeschaltet werde, wenn die Außentemperaturen nicht zwischen 17 und 30 Grad Celsius lägen. Deshalb halte sein Fahrzeug die Stickstoffoxidgrenzwerte nicht ein. Sollte dieser Vortrag zutreffen, so wäre eine Täuschungshandlung und damit eine Schädigungshandlung im Sinne des § 826 BGB wie in den einschlägigen Fällen des sogenannten VW-Abgasskandals gegeben.
Der klägerische Vortrag enthält auch hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die von ihm vermutete Tatsache - Vorhandensein einer Manipulationssoftware – zutreffend ist. So hat er behauptet, dass derselbe Motor wie der in seinem Fahrzeug verbaute Gegenstand des Tests der Berner Fachhochschule war, die zu dem Ergebnis gekommen sei, dass dieser Motor im Straßenbetreib Stickstoffoxidwerte zeige, die über den gültigen Grenzwerten lägen. Wegen des Ergebnisses dieser Untersuchung hat er - prozessual zulässig - auf den Bericht der Berner Fachhochschule aus November 2015 Bezug genommen. Dieser Bericht kommt in der Tat zu dem klägerseits behaupteten Ergebnis.“