Oberlandesgerichte in anderen Bundesländern hatten in den vergangenen Monaten in ähnlicher Weise entschieden. In Niedersachsen urteilte bisher das OLG Braunschweig in einem Fall für den Autobauer, in Celle steht noch ein Urteil aus. Hier deutet sich jedoch auch ein Umdenken zu Gunsten der Verbraucher an (Az. 7 U 33/19).
Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH sieht durch das Urteil von Oldenburg direkte Auswirkungen auf die Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG, die derzeit vor dem Braunschweiger Oberlandesgericht anhängig ist. Dr. Ralf Stoll: „Das Urteil von Oldenburg ist Rückenwind für die MFK. Das Gericht in Braunschweig will sich sehr ernsthaft mit dem Punkt der sittenwidrigen Schädigung beschäftigen. Wir sind optimistisch, dass Braunschweig seine Rechtsprechung jetzt zugunsten der Verbraucher ändern wird.“ Das Oberlandesgericht Braunschweig hatte noch im Februar eine Haftung von VW verneint. In der ersten mündlichen Verhandlung zu MFK in der vergangenen Woche kündigte der Vorsitzende Richter Michael Neef an, über die „sittenwidrige Schädigung“ intensiv nachzudenken Dr. Stoll und sein Partner Ralf Sauer vertreten in einer Spezialgesellschaft rund 470.000 Dieselfahrer vor dem OLG in Braunschweig. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hat die Musterfeststellungsklage gegen Volkswagen initiiert.
Die Frau hatte 2014 – also noch bevor der „Abgasskandal“ an die Öffentlichkeit gelangte - in Oldenburg einen gebrauchten Pkw Golf VI Diesel zum Preis von rund 16.000 Euro gekauft. In dem Fahrzeug war der von der VW AG hergestellte Dieselmotor EA 189 verbaut. Nachdem das Kraftfahrtbundesamt (KBA) die Programmierung des Motors als unzulässige Abschalteinrichtung gerügt hatte, wurde im Jahr 2017 ein von der VW AG entwickeltes Software-Update aufgespielt. Die Klägerin wollte das Fahrzeug aber nicht behalten und verklagte die VW AG auf Schadensersatz gegen Rückgabe des Fahrzeugs.
Der Senat hat jetzt das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 11. Januar 2019 bestätigt. Das Landgericht hatte der Klage im Wesentlichen stattgegeben: Der Klägerin stehe gegen die VW AG nach § 826 BGB ein Schadensersatzanspruch wegen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung zu. Die VW AG habe die Klägerin durch den Einbau und das Inverkehrbringen des fehlerhaften Motors getäuscht. Das Verhalten der VW AG sei auch sittenwidrig, weil sie das mangelhafte Fahrzeug vorsätzlich und gerade zur Täuschung der Käufer in Verkehr gebracht habe.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, weil es noch keine einheitliche Rechtsprechung der deutschen Oberlandesgerichte zu diesem Komplex gibt.