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Film und Musik – Michael Nymans Vertonung von Dziga Vertovs „Der Mann mit der Filmkamera“

2. Außerordentliches Konzert der Dresdner Philharmonie / Termin: Sa 20.10.2007, 19.30 Uhr / Ort: Festsaal des Kulturpalastes am Altmarkt

(lifePR) (Dresden, )
Spätestens seine Filmmusiken zu "Prospero’s Books", "The Piano" und "Gattaca" haben ihn weltberühmt gemacht: den britischen Komponisten Michael Nyman. Er hat sich in den 60er Jahren von der Avantgarde distanziert und seinen eigenen von einprägsamer Melodik und starken Rhythmen geprägten Stil entwickelt. Eine besondere Symbiose geht seine Musik mit dem russischen Film von 1929 "Der Mann mit der Filmkamera" ein, der zur Musik live gezeigt wird. Die ideale Einstimmung in die Welt des frühen sowjetischen Films ist Sergej Prokofjews Suite "Leutnant Kijé".

Dziga Vertov findet in jüngerer Zeit als höchst kreativer Pionier der Filmmontage und erster Theoretiker des Dokumentarfilms zunehmende internationale Beachtung. Er begann seine Laufbahn 1918 mit der Produktion von Wochenschauen, entwickelte dieses Genre aber bald weiter zu abendfüllenden Dokumentarkunstfilmen. "Der Mann mit der Filmkamera" ist das unerreichte Meisterwerk dieser experimentellen Kunstform. Vertovs Ziel war es, das alltägliche Leben spontan einzufangen, es mit den Überraschungsauftritten seiner Kamera zu "überrumpeln". Wichtiger noch als die in den Bildern (vermeintlich) eingefangene Wirklichkeit war für ihn deren Kommentierung durch Verfahren der Montage und Verfremdung. Hierzu entwickelte er eine regelrechte "Grammatik". Hauptmittel ist die Parallelmontage, die einen inneren Zusammenhang nebeneinander stehender Einstellungen herstellt, beispielsweise in den zahlreichen Kombinationen von Menschen und Maschinen. Darüber hinaus präsentiert der Film ein ganzes Feuerwerk an technischen Finessen: Bildteilung, Überblendung, Zeitraffer, Rückwärtslauf, sogar subliminales Montagetempo, das die menschliche Wahrnehmungsschwelle unterschreitet (bekannt aus Experimenten mit untergeschobenen Werbebildern). Mit solchen Kunststücken enthüllt Vertov ganz gezielt seine Produktionsgeheimnisse. Der Zuschauer darf zusehen, wie die Cutterin das aufgenommene Material sortiert und schneidet und unter welch abenteuerlichen Bedingungen der Kameramann seine Bilder aufnimmt. Über allen Dokumentarrealismus hinaus verhandelt der Film somit ein abstrakteres Thema: den Kampf zwischen Auge und Kamera, zwischen biologischem und technischem Sehen.

So sehr Vertov an einer Musikalisierung des Visuellen interessiert war, so skeptisch zeigte er sich gegenüber komponierter Filmmusik. Die ästhetischen Überzeugungen eines Künstlers müssen für spätere Bearbeiter seines Werks nicht bindend sein, und schon gar nicht für einen undogmatischen Geist wie Michael Nyman. Enttäuscht von den seriellen Techniken der Nachkriegsavantgarde gab er 1964 das Komponieren zunächst ganz auf und betätigte sich als Librettist, Herausgeber und Musikpublizist. Einen Wiedereinstieg in die praktische Musik fand er 1972 in der Begegnung mit der amerikanischen minimal music (eine von ihm selbst kreierte Bezeichnung). Die Musik zum "Mann mit der Filmkamera" besteht aus 20 blockhaften Abschnitten, von denen einige wiederholt werden bzw. auf vorher verwendetes Material zurückgreifen. Zu Beginn korrespondiert der Affektwechsel zwischen den Musikblöcken weitgehend mit der thematischen Gliederung des Films. Im weiteren Verlauf verselbstständigt sich der Formbau der Musik zunehmend gegenüber dem Filminhalt, so dass eigenwillige Verfremdungseffekte entstehen. Solche Brechungen erweitern den perspektivischen Raum und lassen vielfältige Assoziationen zu. Dem Film wächst somit eine neue Dimension hinzu – eine, mit der Vertov wohl kaum gerechnet hat.

Der amerikanische Dirigent und Komponist Brad Lubman ist ein äußerst facettenreicher Künstler. Seit seiner Zeit als Assistent von Oliver Knussen am Tanglewood Music Center von 1989 bis 1994 ist er als ungewöhnlich vielseitiger Dirigent von Orchestern und Ensembles auf der ganzen Welt hervorgetreten. Er hat bereits mit so unterschiedlichen Persönlichkeiten des Musiklebens zusammengearbeitet wie John Adams, Pierre Boulez, Luciano Berio, Elliot Carter, Steve Reich, Elvis Costello, Michael Tilson Thomas, Charles Wuorinen, D J Spooky und John Zorn. Mit seinem umfangreichen Repertoire von der Klassik bis zur neuesten Orchestermusik trat Brad Lubman mit zahlreichen Weltklasse-Klangkörpern auf. Außerdem arbeitete er mit einigen der wichtigsten europäischen und amerikanischen Ensembles für neue Musik. In der Saison 2007/08 debütiert er – außer bei der Dresdner Philharmonie – beim St. Paul Chamber Orchestra, beim WDR Sinfonieorchester Köln, bei der Chicago Symphony MusicNOW und beim Netherlands Chamber Orchestra. Seit 1997 ist Brad Lubman Professor für Dirigieren an der Eastman School of Music in Rochester (New York).

Sergej Prokofjew: Sinfonische Suite "Leutnant Kijé" op. 60 Michael Nyman: The Man with the Movie Camera
Brad Lubman | Dirigent
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