Am Freitagabend vor dem Konzert ist Jörg Widmann zu Gast in der neuen Reihe der Dresdner Philharmonie "Künstler im Gespräch". Chefdramaturgin Karen Kopp und Kommunikationsleiter Matthias Hain stellen im Studiotheater des Kulturpalastes Jörg Widmann im Interview vor. Der Eintritt ist frei für Abonnenten und Ticketinhaber.
In fast allen Besprechungen des OEuvres von Jörg Widmann findet sich der Satz: Wer den Komponisten Widmann verstehen will, sollte vorher den Klarinettisten Widmann gehört haben. Widmann wurde 1973 in München geboren. Im Alter von elf Jahren erhielt er Kompositionsunterricht bei Kay Westermann, später bei Hans Werner Henze, Wilfried Hiller und Wolfgang Rihm. Für seine kompositorischen Leistungen erhielt er bereits unzählige Preise, darunter 1999 den Belmont-Preis für zeitgenössische Musik der Forberg-Schneider-Stiftung, 2002 den Schneider-Schott-Musikpreis und den Paul-Hindemith-Preis des Schleswig Holstein Festivals, 2003 den Förderpreis der Ernst-von-Siemens-Musikstiftung und den Ehrenpreis der Münchner Opern-Festspiele, 2006 den Kompositionspreis des SWR Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg für die bemerkenswerteste Uraufführung der Donaueschinger Musiktage 2006 sowie den Claudio-Abbado-Kompositionspreis der Orchesterakademie der Berliner Philharmoniker. Darüber hinaus wurde seine Oper "Das Gesicht im Spiegel" von der Fachjury der Zeitschrift Opernwelt zur wichtigsten Uraufführung der Spielzeit 2003/04 gewählt. Widmanns Musik wird von bedeutenden Orchestern wie den Münchner und Wiener Philharmonikern und Dirigenten wie Pierre Boulez, Christian Thielemann und Kent Nagano aufgeführt. Außerdem sind ihm mehrere Klarinettenkonzerte gewidmet und durch ihn uraufgeführt worden, u. a. von Wolfgang Rihm und Aribert Reimann. Seit 2001 ist Jörg Widmann Professor für Klarinette an der Hochschule für Musik Freiburg.
In seinem Orchesterwerk Armonica ist jedoch nicht die Klarinette der Fixpunkt seiner klanglichen Imagination, sondern ein weitaus ungewöhnlicheres Instrument: die Glasharmonika. 2007 bestellte die Stiftung Mozarteum ein Werk, das Pierre Boulez mit den Wiener Philharmonikern an Mozarts 251. Geburtstag aus der Taufe hob. Die Glasharmonika bildet den Brückenschlag zum Namenspatron und verweist einmal mehr darauf, dass Widmanns Fantasie sich am Instrumentalklang und dessen Aura entzündet. Von der Armonica ist es nicht weit zur Ziehharmonika, und so fügt Widmann auch das Akkordeon in die Orchesterbesetzung ein. Mehr noch: Das Spiel der Ziehharmonika wird zum Angelpunkt der Dramaturgie seines Werkes - es wird erlebbar als eine einzige, riesige Atembewegung: Einatmen, Haltmachen, Ausatmen. Der einem zart streichenden Orgelregister verwandte Klang der Glasharmonika dominiert Anfang und Ende der knapp viertelstündigen Musik. Dazwischen entfalten sich Klangfelder reichster dynamischer, rhythmischer und melodischer Differenzierung, an der weitere sphärisch klingende Instrumente wie Wassergongs, Glockenspiel, Vibrafon und Celesta beteiligt sind.
Mozarts Klarinettenkonzert A-Dur ist für viele eines der schönsten Werken der Musikgeschichte überhaupt. Mozart schrieb es im Oktober 1791, nur wenige Wochen vor seinem Tod. Unzweifelhaft gilt dieses letzte konzertante Werk als abermaliger Beweis für Mozarts Könnerschaft in Sachen Bläsermusik. Das beseligte Singen der Klarinette findet kaum seinesgleichen. Die Themen eines jeden Satzes werden zunächst im Piano vorgestellt, ehe sie sich dann aus ihrer Schüchternheit lösen. Von ganz besonderer Dimension ist das abschließende Rondo, nicht nur seiner zeitlichen Ausdehnung wegen (363 Takte), sondern wegen der Fülle der darin sich äußernden Gedanken. Es ist Mozarts Schwanengesang.
Robert Schumanns Sinfonie Nr. 2 ist ein Dokument verzweifelter Ich-Suche. Die persönlichen Umstände der Entstehungszeit haben ihre Spuren in der Musik hinterlassen: Im August 1844 hatte Schumann einen Totalzusammenbruch erlitten, dessen Folgen noch zwei Jahre danach nicht abgeklungen waren. Nur stockend kommt die Musik in Gang, ungewiss bleibt die Tonalität. Auch die Themen tragen Züge des Angestrengtseins. Das Scherzo überfällt den Hörer mit obsessiv durchgehaltener Sechzehntelbewegung in atemberaubendem Tempo, wie vom Schwindel befallen. Erst der Final-Satz bringt den Ausgleich der so heterogen erscheinenden Elemente.
John Axelrod wurde in Houston/Texas geboren und machte 1988 seinen Musikabschluss an der Harvard Universität. Zu seinen Lehrern und Mentoren gehörten u. a. Leonard Bernstein und Christoph Eschenbach. Als Chefdirigent des Luzerner Sinfonieorchesters und Musikdirektor des Luzerner Theaters ist John Axelrod heute einer der führenden jungen Dirigenten und arbeitet mit Orchestern in der ganzen Welt zusammen. Seine Debüts im Musikverein Wien mit dem ORF Radio-Symphonieorchester, dem Oslo Philharmonic Orchestra und der Shanghai Symphony wurden von Publikum und Kritik mit viel Beifall bedacht. Bereits im achten Jahr leitet John Axelrod die Sinfonietta Cracovia und baute das Orchester zu einem international anerkannten Klangkörper auf.
Programm:
Jörg Widmann
Armonica für Orchester
Wolfgang Amadeus Mozart
Konzert für Klarinette und Orchester A-Dur KV 622
Robert Schumann
Sinfonie Nr. 2 C-Dur op. 61
John Axelrod | Dirigent
Jörg Widmann | Klarinette
Termin:Sa 03./ So 04.05.2008, 19.30 Uhr
Ort:Festsaal des Kulturpalastes am Altmarkt