Generell verzeichnet der Rettungsdienst eine Zunahme der Beanspruchung des Systems Notfallrettung: „Sowohl in den dringenden als auch in nichtdringenden Einsätzen hatten wir im Juli Einsatzzahlen, die um bis zu 20% höher als der Jahresdurchschnitt lagen“, so Johannes Kießner, Bereichsleitung Rettungsdienst im DRK-Kreisverband Bühl-Achern.
Dafür sind verschiedene Faktoren verantwortlich: Zum einen verursachen Infektionsfahrten unmittelbar höhere Standzeiten des Rettungswagens, da die Fahrzeuge nach dem Patiententransport einer mindestens einstündigen Hygieneaufbereitung und Desinfektion unterzogen werden müssen. In dieser Zeit sind Rettungsmittel und Besatzung nicht anderweitig einsetzbar.
Weiterhin entsteht durch die hohe Infektionslage mit Covid-19 eine große Anzahl an Verlegungsfahrten zwischen den speziell zuständigen Kliniken. Und wenn Notaufnahmen vom System abgemeldet sind, verlängern sich die Fahrtzeiten deutlich und somit auch die Zeit, bis ein Rettungs- oder Krankentransportfahrzeug wieder dem System zur Verfügung steht.
Aktuell steigen außerdem akut die Fehleinsätze, wo also die Notfallrettung zu Patienten gerufen wird, die keine notfallmedizinische Versorgung benötigen. Diese Patienten wären durch den Hausarzt oder den ärztlichen Bereitschaftsdienst zu versorgen. „Diese Entscheidung sollten aber nicht unsere Besatzungen vor Ort treffen, sondern die Patienten müssen zunächst in die Klinik transportiert werden, auch wenn dies nicht nötig wäre“, so Kießner weiter. „Unsere Aufgabe ist es, bei Notfallpatienten Maßnahmen zur Erhaltung des Lebens oder zur Vermeidung gesundheitlicher Schäden einzuleiten, sie transportfähig zu machen und unter fachgerechter Betreuung in eine für die weitere Versorgung geeignete Einrichtung zu befördern.“
Deshalb bittet der Rettungsdienst, die Notfallnummer 112 nur bei Notfällen zu beanspruchen und sich bei allen anderen akuten Beschwerden oder Beratungs- bzw. Betreuungswünschen an den jeweiligen Hausarzt oder außerhalb der Praxiszeiten an die Rufnummer 116 117 zu wenden. „Der Rettungsdienst sollte nicht als Ersatz dafür gerufen werden, wenn der Hausarzt oder die Bereitschaftspraxis geschlossen haben oder nicht sofort erreichbar sind“.
Wer einen Rettungswagen ruft und als Patient stabil ist, wird schnellstmöglich versorgt, sobald ein Fahrzeug zur Verfügung steht. Die Entscheidung treffen die erfahrenen Disponenten der ILS, die den Anrufenden mittels qualitätsgesicherter, strukturierter Abfrage entsprechend befragen. Bei Notfällen gilt die sogenannte Hilfsfrist von 15 Minuten bis zum Eintreffen des ersten Rettungsmittels. Liegt hingegen kein lebensbedrohlicher Notfall vor und muss trotzdem eine medizinische Hilfe entsandt werden, so erfolgt dies zeitnah, mitunter auch mit Verzögerung auf Grund der Priorisierung und ohne Sonder- und Wegerecht bzw. ohne Verwendung von Martinshorn und Blaulicht.
Auch vor dem Hintergrund der aktuell sehr angespannten Personalsituation besetzt das DRK mit maximaler Kraftanstrengung und unter Einsatz aller verfügbarer Ressourcen erfolgreich die vorgeschriebenen Vorhaltungen in der Notfallrettung.
Letztlich spielt der Fachkräftemangel auch eine wichtige Rolle: In der Notfallrettung fehlen grundsätzlich viele Kräfte, weil diese gar nicht verfügbar sind. „Damit geben wir uns nicht zufrieden, betont Felix Brenneisen, Vorstand des DRK-Kreisverbandes Bühl-Achern. „Allein 34 Auszubildende zum Notfallsanitäter*In haben wir in unserem Betrieb und wir bilden maximal aus, um die Situation zu verbessern. Doch die Ausbildung braucht Zeit und die Notfallsanitäter*Innen stehen noch nicht ad hoc zur Verfügung. In der gegenwärtigen Situation des hohen Krankenstandes und der pandemischen Lage, helfen uns auch unsere ausgebildeten ehrenamtlichen Helfer aus den Ortsvereinen, die uns über die Bereitschaften des Bevölkerungsschutzes mit unterstützen. Und auch der Feuerwehr Baden-Baden danken wir für die unkomplizierte Unterstützung mit geschulten Fachkräften in der vergangenen Woche“, betont Felix Brenneisen, Vorstand des DRK-Kreisverbandes Bühl-Achern.