Zusammenfassend lässt sich sagen, Weine von jungen Reben schmecken frischer und blumiger, Tropfen von alten Stöcken zeigen sich vielschichtiger, mit mehr Extrakt und höherem Mineralgehalt. Eben doch edler!
Wir haben uns in Baden umgesehen und manches probiert, um zu schmecken, was dran ist.
Hochinteressant waren zwei Gewürztraminer vom Weingut Friedrich Kiefer in Eichstetten, gewachsen auf zwei nebeneinander liegenden Rebstücken, das eine 25 Jahre alt, das andere fünf Jahre jung. "Beide wurden zur gleichen Zeit gelesen, beide mit 103° Öchsle. Die alten Reben brachten jedoch nur 50 kg/Ar, die jungen 110.
Die Weine haben wir getrennt ausgebaut. Beides waren Spätlesen, obwohl wir den jungen als Kabinett anbieten", erklärt Inhaber Marten Schmidt. Interessant war die Verkostung: Geradlinig, blumig mit schöner Frucht und Noten von Litschi der von jungen Reben;
tiefer, mit Wildrosenduft, vielschichtig mit nachhaltigem Finish und schönem Muskatton, der von den älteren Reben! Einen solchen "Lehrbuchfall" findet man selten.
Die Oberkircher Winzergenossenschaft bietet eine 2007 Riesling Spätlese trocken "Aus alten Reben" (1): ein rassig kraftvoller, hoch eleganter Wein mit edlem mineralischem Unterton, wie ein Riesling besser eigentlich nicht sein kann. Mit cremig-kraftvollem Körper, ausgeprägter Frucht und kräftigem Nachhall probiert sich der 2007 Laufener Altenberg Weißer Burgunder trocken "Markgraf Ernst, aus alten Reben" (2) der Winzergenossenschaft Laufen. "Die Reben für diese Edition müssen mindestens 20 Jahre alt sein und werden nach strengen Qualitätskriterien gepflegt", so Geschäftsführer Karl-Friedrich Seywald.
Auch in Waldulm, spezialisiert auf Spätburgunder, stehen Rebstöcke, die 20 Jahre und älter sind. "Beim Spätburgunder sind die Trauben dann kleiner und mischbeeriger, das heißt mit größeren und kleineren Beeren. Sie haben eine höhere innere Qualität. Alte Spätburgunderstöcke bringen weniger Trauben, durch ihre tiefe Verwurzelung überwinden sie aber gut Trockenphasen und nehmen viele Mineralien auf", so Frank Männle, gemeinsamer Qualitätsmanager der Winzergenossenschaften Waldulm und Oberkirch. Bei einer 2006 Waldulmer Pfarrberg Spätburgunder Rotwein Spätlese trocken "alte Reben" (3) der Waldulmer Winzergenossenschaft, lauten die Notizen: edler Burgunderduft, mit kräftig aufschwingendem Körper und schön balancierten Tanninen.
Als ein eleganter Burgunder mit feinen Gerbstoffen probiert sich der 2006 Wasenweiler Kreuzhalde Spätburgunder Rotwein trocken "XXV" (4). Die römische Zahl steht für Reben, die 25 Jahre oder älter sind. Kreuzhalde und Lotberg heißen die beiden erstklassigen Lagen, die überwiegend aus Kleinterrassen bestehen und oft nur mit zwei oder drei Stockreihen am Südrand des Kaiserstuhls "kleben". "Aromatisch-reife Weine sind das Resultat", so Geschäftsführer Thomas Wihler. Der 2003 Endinger Engelsberg Spätburgunder Rotwein Spätlese halbtrocken (5), Barrique, des Weingutes Leopold Schätzle, Endingen, probiert sich als geschmeidiger Burgunder mit Fülle, Frucht und Schmelz.Die Kaiserstühler Lage Engelsberg ruht auf wärmespeicherndem Vulkangestein. "Unsere Reben dort sind 28 Jahre alt", betont der bekannte Winzer Leopold Schätzle.
Beim 2005 Martin Steinhardt Grand Etage Rot trocken (6) des Weingutes Heitlinger schmeckt und riecht man förmlich die Tiefe des Gesteins. Das Weingut im badischen Kraichgau liegt auf dem Keuperstreifen, der sich vom Schweizer Jura immer breiter werdend bis nach Mitteldeutschland zieht. Keuper besteht aus verschiedenen Sandsteinschichtungen der jüngeren Erdgeschichte, vielfach mit Spalten, in die alte Reben eindringen und 15 bis 20 Meter, ja noch tiefer wurzeln.