Die Idee, den 52 Meter hohen und 105 Jahre alten stillgelegten Industrieschornstein des Schlachthofs als Unterkonstruktion für eine Windenergieanlage zu nutzen, stammt von Ralf Manke, der als gestaltender Ingenieur zusammen mit Matthias Otterstedt, dem Baubeauftragten des Kulturzentrums, die zweijährige Planungs- und Bauphase leitete. Nach Auswertung der Windmessergebnisse, entwickelten die beiden gemeinsam mit Statiker Eckard Wittler die Konstruktion und suchten ein passendes Windanlagemodell. Jetzt produziert der Schlachthof CO₂-freien Strom für den eigenen Bedarf. "Damit wird ein Wahrzeichen fossiler Verbrennung zum Leuchtturm des ökologischen Energiewandels", so Otterstedt bei der Inbetriebnahme. "Wir werden die konkreten Daten und Erfahrungen dieser Pilotanlage nutzen, um damit weitere Stadtwind-Projekte anschieben zu können", ergänzt Manke.
Die Bedeutung von Bremens erster urbaner Windkraftturbine betont Dr. Joachim Lohse, Senator für Umwelt, Bau und Verkehr, bei der feierlichen Einweihung "Während die Nutzung der Sonnenenergie in Städten üblich ist, steht die Windkraft in urbanen Räumen noch ganz am Anfang. Mit dieser Pilotanlage auf dem Findorffer Wahrzeichen wollen wir für die Akzeptanz von sauberer Energie aus Wind werben und gleichzeitig zeigen, dass Klimaschutz direkt vor unserer Haustür möglich ist." Grund genug für die vom Umweltressort initiierte Bremer Umweltpartnerschaft, das Projekt mit Mitteln aus dem netzwerkeigenen Klimafonds zu unterstützen. Firmen und Institutionen zahlen in diesen Gelder für ihre unvermeidbaren CO₂-Emissionen ein und helfen so wiederum kulturellen oder sozialen Einrichtungen, damit diese in Klimaschutz- und Energiesparmaßnahmen investieren können. Eine Jury entscheidet auf Basis der von der 'partnerschaft umwelt unternehmen' und Klimaschutzagentur energiekonsens beauftragten Gutachten, welche Projekte gefördert werden.
Die Windkraftanlage auf dem Schornstein ist bereits die zweite Anlage auf dem Gelände des Schlachthofs zur Gewinnung von Strom aus regenerativen Energien. Schon 2003 installierte der Energieversorger swb eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Kulturzentrums. Diese, wie auch das aktuelle Projekt, konnten mit Hilfe des zum Ökostrom-Produkt swb Strom proNatur gehörenden Fonds realisiert werden. Der proNatur-Beirat - bestehend aus Vertretern von BUND, NABU, Bremer Energie-Institut, Bremer Umweltberatung und swb - sprach sich für die Förderung aus. "Der Innovationscharakter des Projekts ist regelrecht einzigartig, denn so viele Vertikalwindräder gibt es in unserer Region noch nicht. Dass die Anlage als Pilotprojekt relativ weit weg von der Wirtschaftlichkeit ist, ist hier eher zweitrangig", sagt Dr. Torsten Köhne, Vorstandsvorsitzender der swb AG. "Wir sind gespannt, ob die Windkraftanlage die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen kann." Mit beiden Anlagen zusammen kann das Kulturzentrum Schlachthof demnächst jährlich rund 8.000 Kilowattstunden nachhaltig erzeugten Strom nutzen, was etwa der Jahresstrommenge von zwei Vierpersonenhaushalten entspricht.