In einem anstelle eines Vorworts unter dem Titel „Zukunftsblicke. Hundert Zeilen zur SF“ dem Buch vorangestellten Essay hat sich Klaus Möckel dazu geäußert:
„Ich will gestehen, dass mich an der Phantastik vor allem das geistige Abenteuer reizt. Die philosophische Idee, die Variante eines Gedankens, den ich so noch nicht im Kopf hatte. Ich wünsche ihn mir nicht fleischlos, sondern mit Leben ausgestattet, das heißt, Literatur geworden. Schön, wenn er mit Humor gewürzt ist, mit freundlich pikantem oder solchem, der im Rachen kratzt, doch ist er mir auch ernst willkommen. Erschütternd und warnend, taub gewordene Gewohnheit zerstörend.
Ich mag ihn voll herber wie weicher Poesie. Zweitrangig ist, ob er auf einem fernen Planeten oder auf der Erde, in einer künftigen, vergangenen oder parallelen Welt Gestalt annimmt. Er soll den Verstand bewegen helfen, in eine Richtung, die dem Menschen gut tut.
Dabei fühle ich mich dem Italiener Calvino verbunden, der in seinem Ritter, den es nicht gab, eine Rüstung ohne Körper in den Kampf schickt, damit das Prinzip seelenloser Ordnungsfanatik und Machtausübung bloßstellend, oder im Geteilten Visconte die gute bzw. böse Hälfte eines auseinandergehackten Adligen auf die Umwelt loslässt, so die Extreme verwerfend und auf die Zusammengehörigkeit entgegengesetzter Eigenschaften pochend. Gewiss, das ist Fiktion und keine Science Fiction, es hat nichts mit Raumfahrern und Zeitmaschinen zu tun.
Dennoch ist es – die technischen Belange beiseite gelassen – vom gleichen Stamm. Der Name Calvino steht für viele; ich nenne willkürlich einige Große der Literatur: Kafka, Aymé, Bulgakow, Mary Shelley. Wie sie kann der fabulierbegabte Schriftsteller, die Effekte des im Realen nicht Möglichen nutzend, mit Kunst unterhalten, Unterhaltung zur Kunst erheben. Und weshalb nicht – wie es die SF, diese spezielle Variante des Phantastischen erlaubt – das geistige Abenteuer in den Weltraum oder ins dritte Jahrtausend verlegen? Der Vorzug des Genres besteht ja in seiner Ungebundenheit. Man kann in die Galaxien fliegen, soweit der Gedanke reicht, und doch auf der Erde bleiben.
Man kann sich ins Labor eines Chemikers beamen und, ohne den Raum zu verlassen, in fernste Fernen schweifen. Dabei stehen dem SF-Autor Technik und Naturwissen zur Seite. Was ihm allerdings Mühen auferlegt, die sich der bloße Fantasy-Schreiber nicht macht.“ Lassen doch auch Sie Ihre Gedanken fliegen.
Die nächsten beiden Sonderangebote dieses Newsletters sind zwei Streitschriften von Sören Pekrul, dem ältesten Sohn von Verlegerin Gisela Pekrul. In dem Essay „Leben wir in einer Demokratie?“ von 2022 diskutiert er die Frage, was Demokratie, die ein hohes Gut ist, eigentlich bedeutet. Leben wir tatsächlich in einer Demokratie? Welchen Einfluss hat der Einzelne auf die Politik? Gibt es Dinge, die mich stören? Stört es die Mehrheit etwa nicht? Warum ändert sich nichts? Warum tun wir nichts?
Aus dem vergangenen Jahr stammt die Streitschrift „Nimmt die KI uns die Arbeitsplätze weg?“, in der sich Sören Pekrul einem ebenso brisanten Thema annimmt – der Künstlichen Intelligenz, im Deutschen als KI abgekürzt: Seit ein von einer künstlichen Intelligenz (KI) erstelltes Bild einen Wettbewerb gewonnen hat, seit ChatGPT Aufsätze schreibt oder ganze Apps programmiert, machen sich viele Menschen Gedanken. Gedanken voller Hoffnungen und Chancen, manchmal mit Dollarzeichen in den Augen, aber auch Gedanken voller Ängste und Risiken. Was bedeutet künstliche Intelligenz für uns Lohnabhängige?
Und vielleicht wäre es angebracht, auch einmal diese beiden Themen miteinander zu verbinden und über die Rolle der KI in der Demokratie nachzudenken, über ihren Gebrauch und ihren Missbrauch zum Beispiel in Wahlkämpfen?
Die beiden Streitschriften von Sören Pekrul sind in dieser Woche ebenso wie die folgende Erzählung von Friedrich Wolf zum Sonder-Sonderpreis von Null Euro, also kostenlos, zu haben. Preiswerter geht es nicht.
1944 entstand „Das Öhmchen“. Darin geht es um die bewegende Geschichte eines außergewöhnlichen Mannes, bekannt als „Doktor Strohdach“, der mit seiner unerschütterlichen Tierliebe und seinem unkonventionellen Lebensstil die Herzen seiner Mitmenschen gewinnt. In der idyllischen Landschaft der Schwäbischen Alb baut er eine kleine, aber besondere Praxis auf, die für viele Menschen eine Zuflucht ist. Doch die friedliche und scheinbar unpolitische Welt von Dr. Meyer-Strohdach wird durch die Grausamkeiten der Nationalsozialisten erschüttert.
Und damit sind wir wieder beim aktuellen Beitrag der Rubrik Fridays for Future angelangt. Jede Woche wird an dieser Stelle jeweils ein Buch vorgestellt, das im weitesten Sinne mit den Themen Klima, Umwelt und Frieden zu tun hat – also mit den ganz großen Themen der Erde und dieser Zeit. Heute geht es um ein weibliches Menschenschicksal im Zweiten Weltkrieg, um eine fast übermenschliche Rettungsaktion und um die alle Zeiten und alle Kriege übergreifende Sehnsucht nach Frieden.
In seiner 1940/1941 entstandenen historischen Erzählung „Marusja, die tatarische Feldscherin“ schildert Friedrich Wolf das bewegende Schicksal einer jungen Frau, die mit unerschütterlichem Mut und unbändiger Hingabe den Verwundeten der Roten Armee im Zweiten Weltkrieg beisteht. Marusja, liebevoll „Schwesterchen“ genannt, hat ihre Eltern und Schwester in den Wirren des Bürgerkriegs verloren und ist in einem Kinderheim aufgewachsen. Sie entwickelte ein außergewöhnliches Organisationstalent und eine tiefe menschliche Verbundenheit, die ihr half, über sechzig Schwerverwundete aus einem brennenden Lazarettzug zu retten.
Diese historische Erzählung von Friedrich Wolf schildert die heroischen Taten einer tatarischen Krankenschwester an der Front und beleuchtet die unerschrockene Kraft und das Mitgefühl, das Menschen selbst in den dunkelsten Zeiten hervorbringen können. „Marusja, die tatarische Feldscherin“ ist eine Geschichte über Tapferkeit, Zusammenhalt und die unermüdliche Hoffnung auf Frieden.
Dieses E-Book von Friedrich Wolf ist in dieser Woche kostenlos zu haben.
In der Leseprobe aus Klaus Möckels faszinierendem Buch "Immer zu Diensten" wird der Leser in ein außergewöhnliches Experiment entführt, bei dem die Hauptfigur Menschen aus der Vergangenheit heranholt. Mit wissenschaftlichem Eifer und einer Prise Abenteuerlust gelingt es ihm, längst verstorbene Ahnen wieder zum Leben zu erwecken – doch nicht immer verläuft alles wie geplant. Als Thomas, ein Freund des Erzählers, seine eigenen Vorfahren kennenlernen möchte, kommt es zu unerwarteten und skurrilen Begegnungen. Lesen Sie weiter und entdecken Sie, was passiert, als Hugo, der Bankier, in einer Weise erscheint, die keiner erwartet hätte...
Dennoch war es ein großer Erfolg, als ich den ersten Menschen aus der Vergangenheit heranholte, einen Urahn meiner lieben Freundin Sybill. Er sprach nicht, hatte nur einen Arm und eine schreckliche Rotznase, doch was machte das schon. Auch dass er sich nach fünf Minuten unter grässlichem Gestank auflöste, störte mich nicht. Der erste Mensch aus einer vergangenen Epoche, dazu fast echt! Es war ein gelungenes Experiment, das ich später unter immer besseren Voraussetzungen wiederholte.
Als Thomas (oder Tom, wie wir ihn nannten) von meinen Versuchen erfuhr, hatte ich schon einige von Sybills Vorfahren und etliche meiner eigenen Verwandten aus der Vergangenheit geholt. Wir tranken mit den Ahnen Kaffee und unterhielten uns über die Unterschiede unserer Epochen. Wir zogen auch einen bekannten Historiker hinzu, gingen aber sehr vorsichtig vor, denn noch war die Sache Staatsgeheimnis, und man kann sich denken, was passiert wäre, wenn sie sich im großen Maße herumgesprochen hätte. Übrigens verliefen all diese Besuche aus dem Vorgestern ruhig und unproblematisch. Die Ahnen – ich muss betonen, dass nur Blutsverwandte des jeweiligen Mediums gerufen werden konnten – verhielten sich passiv. Vermutlich mussten sie sich erst bei uns zurechtfinden. Dennoch wünschte ich sie mir etwas lebhafter. Als es um Toms Verwandte ging, setzte ich deshalb eine Spur Schwefelsäure zu. Was sie auch tatsächlich aktivierte.
Tom war übrigens ein schlechtes Medium, er gab sich mehr seinen Wünschen als dem wissenschaftlichen Zweck hin und zwang mich so, ihn mehrfach zu ermahnen. Es lag viel Eitelkeit in seinem Begehren, ich spürte es und musste mich ziemlich überwinden. Aber er war ja mein Freund, berief sich auch diesmal darauf. „Eine kleine Runde nur“, sagte er, „für ein, zwei Stunden, du, ich, Betty und diese drei. Stell dir vor, der eine ist von Adel, er lebte Mitte des vorigen Jahrhunderts und hieß Dietmar von Burgtreu. Gewiss war er eine bedeutende Persönlichkeit. Dann ist eine Lady dabei, Lady Schwarzenbruck, etwa drei Generationen jünger. Sie sieht nicht übel aus, ich hab’ ein Bild von ihr aufgetrieben. Und der dritte muss ein einflussreicher Geschäftsmann gewesen sein, ich fand ihn mit dem Titel ‚Bankier’ in einem Brief erwähnt. ‚Hugo Schwarzenbruck, der Bankier’. Der Brief stammt von neunzehnhundertneun.“
In dieser Art redete und schwärmte Thomas, er zeigte mir auch den Brief und das Bild, so dass ich am Ende selbst gespannt war, seine Ahnen kennenzulernen. Mit ihnen ein Glas Wein zu trinken, zu plaudern. Natürlich ging das nicht von heute auf morgen, es brauchte seine Zeit. Wie stets bereitete ich das Nötige in aller Verschwiegenheit vor, mischte und filterte das Bindemittel auf die übliche Weise, die mehrere Wochen in Anspruch nahm. Dann nistete ich mich für zwei Tage bei den Schwarzenbrucks ein, um die Atmosphäre auf mich wirken zu lassen und das Terrain vorzubereiten: Mein Freund wollte die Vorfahren in seinem Haus empfangen.
Schließlich war es soweit, dass ich Tom in Trance versetzen konnte. Außer uns beiden nahm lediglich seine Frau Betty am Experiment teil. Wir brauchten zwei Stunden, um die anderthalb Jahrhunderte zu überwinden, die uns von den Ahnen trennten. Vor allem von dem Adligen Dietmar von Burgtreu, der ja der Älteste war. Und hier nun sehe ich mich genötigt, nochmals auf das erwähnte Bindemittel einzugehen. Es bestand zum Teil aus einer Flüssigkeit, die das Medium, in diesem Fall also Thomas, zu sich nehmen musste, zum Teil aus einem Festigungspulver, mit dem ich die Ahnen bestäubte, sobald sie auftauchten. Meine Forschungen waren mittlerweile so weit gediehen, dass die Konsistenz der Gerufenen nach dieser Prozedur für Monate reichte. Um sie dann wieder zum Verschwinden zu bringen, bedurfte es eines Entzugspulvers, das bereitstand. Tom wirft mir jetzt vor, beim Bestäuben zu viel des Guten getan zu haben. Doch nur so konnte ich seinen Ahnen zur echten Neugeburt verhelfen.
Als ersten durften wir „Hugo, den Bankier“ begrüßen. Das war nicht unerwartet, er hatte ja den kürzesten Weg zurückzulegen. Er lümmelte in einem Sessel neben dem Kamin, den sich Thomas hatte einbauen lassen, und juckte sich, als ob er Flöhe hätte. Noch mehr als von seinem legeren Verhalten waren wir allerdings von seiner Erscheinung überrascht. Wir hatten einen Bürger erwartet, dem man den Wohlstand ansah, etwas beleibt vielleicht, mit Melone und schwarzem Gehrock, die goldne Taschenuhr an der Kette, einen Kneifer auf der Nase oder ein Monokel im Auge. Doch nichts von alledem prägte den Mann, der da vor uns saß. Groß und knochig, trug er eine Schiebermütze auf dem kahlgeschorenen Kopf und Kleider, die aus dem Lumpensack zu stammen schienen. Eine fleckige Joppe, ein geflicktes Hemd, Hosen, die zu kurz und an den Beinen ausgefranst waren, löchrige Schuhe. Verblüfft und ein wenig ungläubig schaute er sich um. Man sah dennoch, dass ihm dieser modern eingerichtete Raum mit seinem Anstrich antiker Eleganz imponierte.
„Sie … Sie sind Hugo Schwarzenbruck, der Bankier?“, fragte Tom, selber noch halb in Trance, verdattert.
„Hugo, der Bankier, ganz richtig, den Rest kannst du dir sparen.“ Der Mann straffte sich etwas, er hatte offenbar noch nicht all seine Sinne beisammen. „Wo bin ich?“
In seinem Essay „Leben wir in einer Demokratie?“ wirft Sören Pekrul einen kritischen Blick auf die Strukturen und Mechanismen der sogenannten repräsentativen Demokratie. Er hinterfragt, inwiefern die Bevölkerung tatsächlich Einfluss auf politische Entscheidungen und Machtverhältnisse hat. Im folgenden Auszug beleuchtet Pekrul die Grenzen des Wählerwillens und die Entkopplung des Volkes von der tatsächlichen Machtausübung. Dabei stellt er grundlegende Fragen über die Natur unserer politischen Systeme und fordert dazu auf, die gängigen Annahmen über Demokratie zu überdenken.
Es ist ein genauerer Blick auf die Macht- und Herrschaftsverhältnisse notwendig.
In Deutschland wie in den meisten westlichen kapitalistischen Ländern wird eine sogenannte repräsentative Demokratie umgesetzt. Dabei wird die Macht nicht (direkt) vom Volk ausgeübt. Es wählt lediglich Parteien und teilweise auch direkt Personen, die dann im Parlament die Macht wahrnehmen. Bei der Wahl einer Partei hat der Wähler keinen oder nur indirekten Einfluss auf die Person, die sie im Parlament vertreten soll.
In Deutschland gilt die sogenannte „Fünf-Prozent-Hürde“, d. h. nur eine Partei, die bei einer Wahl mindestens fünf Prozent der Stimmen auf sich vereinen kann, kommt ins Parlament. Damit wird allen Wählern, die eine Partei gewählt haben, die weniger als fünf Prozent erreichen konnte, ihr Anteil an der Macht genommen. Sie haben keinen Machtanteil von einem 60-Millionstel, sondern einen Anteil von exakt Null. Ersatzweise wählen viele Bürger eine Partei, von der sie sich weniger vertreten fühlen, die aber nach ihrer Einschätzung eine Chance hat, die Fünf-Prozent-Hürde zu schaffen. Somit haben echte gesellschaftliche Alternativen von vornherein keine Chance. Auch können die jeweiligen Wähler ihren wirklichen politischen Willen nicht zum Ausdruck bringen. Ihr politischer Wille fehlt bei der parlamentarischen Diskussion und Mehrheitsbildung.
Nach der Wahl hat die Bevölkerung keinen Einfluss auf die Machtausübung. Sie ist von der Herrschaft entkoppelt, ausgeschlossen. Das gewählte Mitglied des Parlaments ist laut Grundgesetz und den Landesverfassungen nicht seinen Wählern, sondern lediglich seinem Gewissen verpflichtet. Es kann somit tun und lassen, was es will. Einmal gewählt, hat der Bürger seine Macht vollständig an seinen Repräsentanten abgegeben, der vollkommen unabhängig vom Wählerwillen, Wahlprogramm und von vorher abgegebenen Wahlversprechen agieren kann. Er vereinigt die Machtanteile seiner Wähler auf sich, muss sie aber nicht vertreten, muss nicht in ihrem Interesse handeln.
Eine direkte Demokratie in Form von Volksabstimmungen gibt es in Deutschland auf Bundesebene nicht. In den Bundesländern, in denen es diese gibt, sind recht hohe Hürden dafür gesetzt. Volksabstimmungen können nur im Rahmen des geltenden Rechts umgesetzt werden. D. h. Gesetze, die nicht dem Willen der Mehrheit des Volkes entsprechen, können in ihrer Auswirkung noch nicht einmal in einem konkreten Einzelfall korrigiert werden. Eine Volksabstimmung hat somit keinen Einfluss auf einmal erlassene Gesetze.
Das Grundgesetz, die verfassungsrechtliche Basis aller Gesetze, wurde nie dem Volk zur Abstimmung, z. B. in Form eines Volksentscheides übergeben. Änderungen werden allein durch das Parlament, nicht jedoch durch das Volk durchgeführt. Das Volk hat letztlich in den staatlichen und rechtlichen Grundfragen kein Entscheidungsrecht.
Der Bundespräsident, also das Staatsoberhaupt, wird nicht vom Volk gewählt, sondern von der Bundesversammlung. Selbst die Bundesversammlung wird nicht vom Volk direkt gewählt.
Verfassungsrichter, die über die Vereinbarkeit von Gesetzen mit dem Grundgesetz entscheiden und die letzte Instanz bei Fragen zu Freiheit, Demokratie und Rechtstaatlichkeit sind, werden nicht vom Volk gewählt.
Bezüglich der Gewaltenteilung lässt sich zusammenfassend sagen, auf die gesetzgebende Gewalt, also die Parlamente, hat das Volk nur bedingten Einfluss auf deren Zusammensetzung. Auf dessen Beschlüsse, also die erlassenen Gesetze, hat das Volk keinen Einfluss. Auf die richterliche Gewalt, konkret wer als Richter fungiert, hat das Volk keinen Einfluss. Ebenfalls keinen Einfluss hat das Volk auf die vollziehende Gewalt, die Zusammensetzung der Regierung, das Regierungsoberhaupt, das Staatsoberhaupt, die Verwaltung.
Wenn das Volk nicht herrscht, die Macht nicht ausübt, nur einen geringen Einfluss auf die Macht hat, wer herrscht dann? Wer hat die Macht inne? Sind es die Politiker? Für wen herrschen sie?
Es lohnt ein Blick hinter die Kulissen der Machtausübung.
In seinem Essay "Nimmt die KI uns die Arbeitsplätze weg?" beleuchtet Sören Pekrul die weitreichenden Auswirkungen der Künstlichen Intelligenz (KI) auf unsere Gesellschaft. Er zeigt auf, wie die KI nicht nur die Arbeitswelt verändert, sondern auch tiefgreifende ethische und soziale Fragen aufwirft. Von der Verzerrung durch voreingenommene Daten bis hin zu den potenziellen Risiken für die menschliche Psyche – Pekrul untersucht die komplexen Herausforderungen, die durch den Einsatz von KI entstehen. In der folgenden Leseprobe erfahren Sie mehr über die potenziellen Gefahren, die mit der fortschreitenden Entwicklung dieser Technologie verbunden sind.
Übertragen auf KI lässt sich konstatieren, dass diese auf Basis der realen Daten des Internets lernt, die die vorherrschende Meinung und damit die Meinung der herrschenden Klasse widerspiegeln. Folglich entspricht auch der Output, sei es als Grafik oder als Text, dieser herrschenden Meinung: KI erscheint sexistisch (https://www.vol.at/hype-um-app-scharfe-kritik-an-sexistischen-ki-bildern/7794634, https://www.tagesschau.de/wissen/technologie/kuenstliche-intelligenz-ki-sexismus-101.html), rassistisch (https://www.dw.com/..., https://www.rnd.de/wissen/wie- kuenstliche-intelligenz-rassismus-befoerdert-TZFL7KPOYRHFRBAA66OVOFS6QI.html), antikommunistisch, leugnet die Existenz von Klassen und ist durchdrungen von bürgerlicher Propaganda (https://de.wikipedia.org/wiki/Propagandamodell). Die Nutzer der KI sind dieser Propaganda unterschwellig ausgesetzt, während fortschrittliche Ideen in der Masse an Informationen kaum eine Chance haben. Der Betreiber einer KI wiederum kann technisch auch direkt in deren Antworten eingreifen und damit Zensur (https://www.sueddeutsche.de/leben/debatte-um-iphone-sprachprogramm-mein-bauch-gehoert-siri-1.1223565), Propaganda und Manipulation selbst befördern.
Zudem erfolgt der Einsatz von KI bei ChatGPT und vielen anderen KI-basierten Systemen nicht lokal, sondern über Cloud-Dienste. Dadurch gelangen sensible und zum Teil personenbezogene Daten zu den Betreibern (https://www.heise.de/newsticker/meldung/Verraeterische-Sprachassistentin-Auch-bei-Siri-hoeren-Menschen-zu-4480652.html) und werden nicht selten zu Trainingszwecken gespeichert. Einmal vorhandene Daten können aber auch von den Betreibern missbraucht oder von Cyberangreifern erbeutet werden. Daraus resultiert ein hohes Datenschutzrisiko. (https://www.heise.de/news/OpenAI-US-Verbraucherschutzbehoerde-soll-ermitteln-Italien-sperrt-ChatGPT-8328351.html)
Ein weiteres Risiko ergibt sich aus der bereits erwähnten Tatsache, dass KI nicht fehlerfrei ist. Es gibt kein klares „Ja“ oder „Nein“, sondern nur eine Wahrscheinlichkeit, die nie bei 100 Prozent liegt. Daraus folgt zwangsläufig, dass KI Fehler macht, was von den Herstellern so in Kauf genommen wird. An dieser Stelle ist entscheidend, welche Konsequenzen die Fehler letztendlich haben: Wenn man einen Strafzettel erhält, weil die KI das Kennzeichen falsch erkannt hat, ist das ärgerlich. Wenn man aber die Wohnung, den Job oder den Kredit nicht bekommt, weil die KI eine Fehleinschätzung vorgenommen hat, kann das zu einem richtig großen Problem werden. Und tödlich enden kann es, wenn die KI beim autonomen Fahren Fehler macht – und das tut sie bereits. (https://www.ingenieur.de/technik/fachbereiche/verkehr/unfaelle-mit-autonomen-autos/, https://www.dw.com/de/autonomes-fahren-teslas-unfall-und-die-gro%C3%9Fen-h%C3%BCrden-der-branche/a-57314799)
Das vielfach geteilte Horrorszenario besteht in der Vorstellung, dass künstliche Intelligenz eines Tages dem Menschen überlegen ist, ihn für überflüssig hält und bis zur Ausrottung bekämpft oder zumindest versklavt. Bereits heute kann es mitunter so wirken, als würde sich KI verselbständigen. In einem Experiment ließen Facebook-Forscher zwei KIs namens Bob und Alice miteinander kommunizieren. Anfangs sprachen die beiden KIs in einem für Menschen verständlichen Englisch, dann aber entwickelten sie die Sprache weiter. Sie verwendeten weiterhin englische Wörter, stellten diese aber in einen neuen Kontext. Dabei wurden Wörter und Satzteile mehrfach verwendet; die Experten gehen davon aus, dass die KIs durch die Wiederholungen Mengenangaben machen wollten. (https//wmfuWe.de/news98894.htm.l)
Zu hinterfragen ist außerdem, was Chatbots oder Sprachassistenten mit der menschlichen Psyche machen. Sie können beispielsweise zu emotionaler Vereinsamung führen wenn die Maschine zum Freund wird. Menschen unterhalten sich mit ihr wie mit einer Person, verbringen mehr Zeit mit ihr als mit realen Kontakten und gehen in einigen Fällen sogar eine Liebesbeziehung ein. (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/wie-ich-versucht-habe-mich-in-einen-chatbot-zu-verlieben-4140919.html) Parallel dazu gibt es sogar Bestrebungen, Chatbots zur Kostensenkung im Gesundheitswesen einzusetzen. Sie sollen anstelle eines Psychotherapeuten mit psychisch kranken Menschen sprechen. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen aber, dass sie den Therapeuten eben gerade nicht ersetzen können. (https://www.researchgate.net/publication/347388083_Empathic_Chatbot_Emotional_Intelligence for_Mental_Health_Well-being) Ein weiteres Problem besteht darin, dass KI zur Generierung von Fälschungen missbraucht wird. Man spricht hier von Deepfake. Dabei handelt es sich um eine Technologie, die es ermöglicht, Gesichter auf Fotos und Videos digital auszutauschen, was oft als “Face Swap” bezeichnet wird. Deepfakes können eingesetzt werden, um gezielt Desinformation zu verbreiten, Personen zu diskreditieren oder sogar politische Entscheidungen zu beeinflussen.
Die dargestellten Aspekte stellen sicher nur eine Auswahl all jener Risiken dar, die mit KI einhergehen. Wie bereits erwähnt, fordern einige prominente Vertreter von Technologieunternehmen, also Personen, die sich mit der Materie auskennen, in einem offenen Brief einen sofortigen Stopp der Entwicklung von künstlicher Intelligenz mit Fähigkeiten, die über GPT-4 hinausgehen:
In Friedrich Wolfs Erzählung "Das Öhmchen" entfaltet sich die dynamische Beziehung zwischen dem Erzähler und seinem Verwandten, dem ambitionierten und zugleich eigensinnigen Öhmchen. Der Konflikt zwischen dem Wunsch nach einem bodenständigen Leben auf dem Land und der Sehnsucht nach der Großstadt wird dabei zum Kern der Auseinandersetzung. In der folgenden Leseprobe wird deutlich, wie unterschiedliche Lebensvorstellungen und politische Ansichten das Verhältnis der beiden zunehmend belasten und das Öhmchen letztlich mit seinen Träumen und Schulden allein dasteht.
Ich war aber, sosehr mir die Raue Alb, Hechingen und das ganze schwäbische Land mit seiner kräftigen, ehrlichen bäuerlichen Bevölkerung gefiel, gegen eine zu schnelle Verankerung in dem kleinen, halb preußischen, halb schwäbischen Städtchen; und meine Frau sekundierte mir wacker hierbei.
So schlug ich auch an jenem Oktobertag den ersten Großangriff des Öhmchens ab, indem ich ihm erklärte, sein Projekt sei eines Wilhelms des Eroberers würdig; aber ich möchte mich nicht für mein Leben mit soviel Land, Haus und Hof und vor allem nicht mit Schulden und Anleihen belasten. Das Öhmchen packte schweigend seine Skizzen mit den farbigen Linien ein. Und seit dieser Stunde fiel der zweite Schatten über unser gegenseitiges Verhältnis.
Er nannte mich danach oft einen „kleinen Kirchturmspolitiker“ ohne jeglichen Weitblick und Wagemut; aber die eigentliche Hemmung sah er in meiner Frau, die „großstadtsüchtig“ sei und nach Stuttgart wolle, ohne dass sie daran denke, welch wunderbarer Boden gerade Hechingen für das gesunde Wachstum und die naturgemäße Erziehung der beiden Buben darstelle! Öhmchen, der fast sechzigjährige Junggeselle, machte es mir zum Vorwurf, dass ich mich „ganz im Banne“ meiner Frau befinde; und als ich ihm lachend dies bestätigte, da wandte er sich enttäuscht und entrüstet von mir.
Dennoch kaufte er die beiden Grundstücke unter Einsatz seiner letzten Ersparnisse und Aufnahmen vieler Schuldverschreibungen und Hypotheken; er hatte sich in den Plan verrannt. Bald jedoch erkannte er selbst, dass er eines Tages von den Schuldenlasten erdrückt würde, wenn er den „Jungborn“ nicht schnell aufbauen und rentabel machen konnte. Er suchte alle Welt dafür zu interessieren. Aber die Leute fragten mit Recht: „Wie steht denn Ihr Neffe zu dem Plan? Er ist doch Arzt! Hat er sich daran beteiligt?“
Mir aber war es einmal gar nicht nach „Lebensabend“ zumute, und zweitens wollte ich letzten Endes doch nach Stuttgart. Mir war es gar nicht so ausgemacht, dass es im „Ländle“ in den nächsten Jahren so ruhig bleiben würde. Ich erklärte das auch ganz offen dem Öhmchen – der ein überzeugter Hindenburg-Wähler war – während ich Ernst Thälmann meine Stimme gab.
In Friedrich Wolfs Erzählung "Marusja, die tatarische Feldscherin" wird das beeindruckende Porträt einer außergewöhnlichen Frau gezeichnet, die durch ihren Mut und ihr Organisationstalent in den Wirren des Zweiten Weltkriegs unzählige Leben rettet. Marusja, geprägt von einer harten Kindheit in verschiedenen Kinderheimen, entwickelt eine unerschütterliche Entschlossenheit und tiefe Menschlichkeit, die sie zu einer heldenhaften Figur im Angesicht der Schlacht um Moskau macht. In der folgenden Leseprobe erfahren wir mehr über die inneren und äußeren Kämpfe dieser beeindruckenden tatarischen Feldscherin und ihre unermüdliche Hingabe an die Verwundeten der Roten Armee.
Marusjas Vorliebe für ihren späteren Beruf als Heilgehilfin äußerte sich vorerst noch in einer sehr primitiven Form. „Es machte mir eine besondere Freude, in sauberer weißer Schürze, in einem weißen Kittel herumzuwirtschaften“, erklärt sie uns lächelnd. Aber was sie vor allem lernte, als Vollwaise, in mehreren Kinderheimen, das war: ein gutes tätiges und freundliches Verhältnis zu Menschen zu gewinnen, sich in jeder Situation zurechtzufinden und eine Gruppe von Menschen zu einer gewissen Arbeit zusammenzufassen.
Dieses ihr besonders eigene Organisationstalent, von frühster Jugend geweckt und geübt in all den Kinderheimen, war entscheidend für ihre große erfolgreiche Leistung während des 6. und 7. Oktober 1941. In jenen Tagen, im Brennpunkt der gigantischen Schlacht um Moskau, rettete die kleine tatarische Feldscherin über sechzig Schwerverwundete aus einem brennenden Lazarettzug. Sie brachte unter dem Bombenregen der deutschen Stukas die Verwundeten während des Tages am Bahndamm in Sicherheit. Sie setzte in der Dämmerung die Leichtverwundeten in Marsch, nachdem sie in dem Wirrwarr der in nächster Nähe tobenden Schlacht die Abmarschmöglichkeit erkundet hatte. Sie trieb in stockfinsterer Nacht, im Wirbel der Truppenbewegungen, zwei Lastautos auf, brachte diese zu dem noch brennenden Zug, half selbst ihre sechzig Schwerverwundeten auf die Automobile umbetten und brachte dann alle bis auf den Letzten zu dem rückwärtigen Sanitätsbataillon nach Gshatsk. „Wenn etwas wirklich durchgeführt werden musste, so wurde es auch durchgeführt“, erklärt sie, „auch manche Sachen in den Kinderheimen an der Wolga waren nicht einfach, aber wir haben gelernt, uns in jeder Situation zurechtzufinden.“
Und noch ein zweites. Die Kämpfer der Roten Armee sind ihre Kinder, ihre Brüder. Alle nennen sie „Schwesterchen“. Ich glaube, das bezieht sich nicht so sehr auf ihren Beruf als Krankenschwester als vielmehr auf ihr Verhältnis, das sie zu den Menschen hat. Als sie spät am 8. Oktober die von ihr geretteten sechzig Schwerverwundeten dem Lazarettzug in Gshatsk zum Weitertransport übergab, da musste sie plötzlich weinen. „Es war mir so, als müsste ich meine Kinder hergeben.“ Sonst hat sie immer die Verwundeten getröstet. Jetzt mussten die Verwundeten sie trösten.
Das ist Marusja, die tatarische Feldscherin der Roten Armee. Sie ist wie ein gedrungener kraftgeladener Panzer, der jedes Hindernis überrennt. Sie ist zugleich ein gutes, gefühlvolles Mädel, dem die Tränen kommen, wenn sie ihre Verwundeten verlassen muss.
Gleich zu Beginn dieses Newsletters war vom kürzlichen 90. Geburtstag von Klaus Möckel und von seiner Selbstgratulation mit seinen gesammelten SF-Kurzgeschichten in dem Band „Immer zu Diensten“ die Rede. Und auch wenn dieser Festtag inzwischen schon ein paar Tage her ist, so kann man Möckel doch noch immer auf eine besondere Art und Weise gratulieren – indem man eines oder mehrere seiner vielen Bücher sehr unterschiedlicher Genres liest, zunächst vielleicht seine aktuelle SF-Sammlung „Immer zu Diensten“.
Und das Schöne an dieser Lektüre ist: Leserinnen und Leser können sich damit selbst ein Vergnügen bereiten – ein Lesevergnügen. Wer möchte nicht selbst Abenteuer erleben, zumindest geistige Abenteuer – in fernsten Fernen oder in nächster Nähe? Ein Lob der Phantastik.
Bleiben Sie ansonsten weiter vor allem schön gesund und munter und der Welt der Bücher gewogen. Die neuen Sonderangebote für den nächsten September-Newsletter warten schon auf ihren Abtransport zu den Abonnentinnen und Abonnenten.
In diesem Bücherpaket steckt auch eine Kriminalerzählung von Klaus Möckel, die erstmals 1972 als Heft 136 der „Blaulicht“-Reihe im Verlag das Neue Berlin erschienen war – „Gesucht: Person mit Schirm“: An einem düsteren Oktoberabend, den kalten Regen im Gesicht, bricht der achtundsechzigjährige Georg Fiedler zu einer seiner üblichen Wanderungen auf. Doch was als gewöhnlicher Spaziergang beginnt, endet in einem Albtraum, als er Zeuge eines tödlichen Vorfalls wird. Eine junge Frau stürzt von einem Felsplateau in die Tiefe, und Fiedler steht fassungslos vor der Leiche: „Da, auf dem sandigen Grund, ein dunkler Fleck, eine menschliche Gestalt, die sonderbar verzerrt am Boden lag. Es war eine Frau, und selbst wenn Fiedler früher nicht Krankenpfleger gewesen wäre, hätte er gesehen, dass es in diesem Fall keine Hilfe mehr gab. Das vom Sturz zerschlagene Gesicht, der nach hinten gebogene Kopf, die weit aufgerissenen, starren Augen ließen vermuten, dass sie sofort tot gewesen war.“
Wer war die geheimnisvolle Gestalt, die sie in den Tod gestoßen hat? Oberleutnant Bothe und sein Team nehmen die Ermittlungen auf und tauchen tief ein in ein Netz aus Lügen, Verrat und dunklen Geheimnissen. Als die Wahrheit ans Licht kommt, wird klar: Nicht jeder, der unschuldig scheint, ist es auch. Werden sie den Täter rechtzeitig fassen, bevor er erneut zuschlägt?