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Fliegende Ritterrüstungen, ein Arzt unterwegs und ein Schicksalsbericht – Fünf E-Books von Freitag bis Freitag zum Sonderpreis

(lifePR) (Pinnow, )
Die insgesamt fünf Deals der Woche, die im E-Book-Shop www.edition-digital.de acht Tage lang (Freitag, 31.03. 17 - Freitag, 07.04. 17) zu jeweils stark reduzierten Preisen zu haben sind, stammen von zwei Schriftstellern. Ihre Themen sind sehr unterschiedlich, aber jeweils auf ihre eigene Weise spannend. So macht uns Wolf Spillner in zwei Büchern mit der Welt der Insekten bekannt und wir erfahren, warum die eigentlich so heißen. Dietmar Beetz ist als Arzt schon zu DDR-Zeiten viel herumgekommen in der Welt und muss nach der Wende mit dem schweren Schicksal eines Enkelkindes zurechtkommen. Und darüber schreibt er. Wie immer auf seine ganz eigene Art. Lassen Sie sich mitnehmen – von Spillner und Beetz.

Erstmals 1981 erschien im Kinderbuchverlag Berlin das Buch „Staatenbildende Insekten“ von Wolf Spillner: Diese kleine Insektenkunde erzählt vom Jahresstaat der Wespen und Hummeln, berichtet über die soziale Gemeinschaft eines Bienenvolkes, das in einem Dauerstaat lebt, und hilft auch, das scheinbar heillose Durcheinander eines Ameisenhügels zu verstehen. Die mannigfaltige und in der Natur nicht in allen Einzelheiten beobachtbare Lebensweise der Staaten bildenden Insekten wird eindrucksvoll und leicht verständlich dargestellt. Und gleich zu Beginn erfahren wir etwas sehr Wichtiges über das Leben auf der Erde – und den Beitrag der Insekten dazu: „Ungeheuer viele verschiedene Insektenarten leben in allen Teilen der Erde. Niemand weiß, wie viel es wirklich sind. Etwa eine Million Arten sind bislang bekannt. In jedem Jahr werden neue entdeckt und beschrieben.

Das Leben auf der Erde ist ohne Insekten nicht denkbar. Sie sind eine wichtige oder sogar ausschließliche Nahrung für viele andere, höher entwickelte Tiere. Sehr viele Blütenpflanzen könnten sich ohne Bestäubung durch Insekten nicht vermehren. Auch für uns haben sie große Bedeutung. Manche sind gefährliche Schädlinge und Krankheitsüberträger. Andere Arten dagegen sind wichtige Helfer und Verbündete des Menschen im Kampf gegen Schadinsekten. Die heimischen Waldameisen stehen unter Naturschutz, weil sie eifrig Jagd auf jene Insektenlarven machen, die den Wäldern gefährlich werden können.

Aus dem Leben der Insekten ist vieles noch unerforscht. Am meisten wissen wir wohl über die Honigbiene. Aber auch vom Leben der Termiten, der Wespen und Ameisen haben Wissenschaftler und Laienforscher schon manches Geheimnis ergründen können. Diese Insekten leben in hochentwickelten Gemeinschaften, die wir Staaten nennen. Sie sind mit menschlichen Gesellschaften jedoch nicht zu vergleichen. Alle ausgewachsenen Insekten sind nach einem einheitlichen Muster gebaut. Ihr Körper ist geteilt, er ist gekerbt. Daher stammt der Name für diese Klasse des Tierreichs: Kerbtiere, Kerfe, lateinisch „insecta“. Der Körper wird durch die Kerben in drei Abschnitte geteilt. Das Bruststück trägt Beine und Flügel. Es ist mit kräftigen Muskeln gefüllt, die die Gliedmaßen bewegen. Vor dem Bruststück sitzt die Kopfkapsel mit den Mundwerkzeugen und Sinnesorganen, den Augen und Fühlern.

Der Hinterleib ist der größte Körperteil. Darin befinden sich das langgezogene Herz, die Geschlechtsorgane, der Großteil des Nerven- und Atmungssystems und des Darms. Alle Organe und Muskeln sind von einer starren Körperhülle umkleidet.

Insekten besitzen ein Außenskelett. Es ist gebaut wie eine Ritterrüstung. Beine und Flügel sind über Gelenke mit dem Körper verbunden. An den Innenwänden der einzelnen, starren Teile setzen die Muskeln an und bewegen die Gelenkscharniere. Aber während eine Ritterrüstung, die wir im Museum bestaunen können, aus Metall geformt und geschmiedet wurde, besteht ein Insektenpanzer aus Eiweißstoffen und vor allem aus Chitin. Das ist der Zellulose der Pflanzen ähnlich.

Ebenfalls um Insekten geht es in dem erstmals 1989 im Kinderbuchverlag Berlin erschienenen Buch „Schmetterlinge“ von Wolf Spillner: Schmetterlinge sind für uns meist nur die bunten Tagpfauenaugen, die gelben Zitronenfalter, die hellen Weißlinge oder andere farbschöne Tagfalter im Sonnenschein. Flattert uns jedoch ein kleines, unscheinbar braungraues Tier im Haus oder gar aus dem Kleiderschrank entgegen, dann heißt es meist entsetzt: Das ist eine Motte! Eine Motte aber will schon nicht mehr so recht in unsere Bildvorstellung von Schmetterlingen passen. Noch weniger wollen wir an Falter glauben, wenn sich am Abend oder in der Nacht dick bepelzte und behaarte Fluginsekten vor der Fensterscheibe versammeln oder burrend und schwirrend im hellen Licht um die Straßenlaternen kreisen. Doch viele dieser seltsam anmutenden fliegenden „Geister der Nacht“ gehören auch in die große Ordnung der Schmetterlinge. Wir brauchen nur genau zu beobachten, dann merken wir bald, dass sie gemeinsame Merkmale haben, die sie deutlich von anderen Insekten unterscheiden.

Die zweitgrößte Ordnung des Tierreiches bilden die Schmetterlinge mit schätzungsweise 150 000 Arten. Wie viele es wirklich sind, wissen nicht einmal die Fachleute ganz genau, denn noch werden ständig neue Arten entdeckt. In dieser nahezu unüberschaubaren Fülle gibt es Riesen mit einer Flügelspannweite von 30 Zentimetern, wie die südamerikanische Graue Rieseneule. Sie ähnelt im Flug einer Fledermaus. Winzlinge, zum Beispiel unsere heimischen Zwergmotten, dagegen breiten ihre feinen Flügel nur ein paar Millimeter weit aus.

Wir kennen aber auch flügellose Schmetterlinge, beispielsweise die Weibchen der Sackspinner und des Frostspanners. Andererseits gibt es Wanderfalter mit erstaunlichen Flugleistungen. Der Monarch, ein Tagfalter des amerikanischen Kontinents, fliegt im Herbst wie ein Zugvogel von Kanada bis nach Mexiko. Hervorragende Flieger sind auch die Schmetterlinge aus der Familie der Schwärmer. Schmale Flügel tragen ihre dicken, spindelförmigen Leiber schneller durch die Nacht, als Autos innerhalb von Ortschaften fahren dürfen! Sie erreichen Fluggeschwindigkeiten von mehr als 50 Kilometern in der Stunde. Der Totenkopfschwärmer wandert vom Mittelmeergebiet bis nach England.

Falter leben rund um die Erde bis zu den arktischen und antarktischen Regionen. Die meisten Arten sind in den Tropen und in den Subtropen zu Hause. Dort gibt es die schönsten und größten Schmetterlinge. Aber auch in Mitteleuropa sind mehr als 3 000 verschiedene Falterarten anzutreffen. Manche können mit ihren Verwandten aus den warmen Ländern an Schönheit wetteifern, wie Schillerfalter, Bären und Ordensbänder. Es wäre jedoch falsch, Schmetterlinge allein nach ihrer Schönheit zu beurteilen. Viel interessanter ist ihr Leben. Davon will dieses Buch einiges berichten. Und gleich im ersten Kapitel ist von einer Schwierigkeit die Rede: „Niemand wird bestreiten, dass Schmetterlinge Insekten sind. Aber es ist gar nicht so einfach, bei ihnen die wesentlichsten Merkmale eines Insekts, nämlich den dreigeteilten gekerbten Körper und die drei Beinpaare, klar zu erkennen. Andere Insektenordnungen, wie Hautflügler oder Libellen, zeigen die typische Gliederung der Kerbtiere in Kopfkapsel, Bruststück und Hinterleib viel deutlicher. Bei den Faltern bleibt sie unter einem dichten Pelz von Haaren und feinen Schuppen zunächst verborgen. So gleichen die Schmetterlingsleiber einer mehr oder weniger schlanken Walze oder Spindel, die am vorderen Ende ein Fühlerpaar trägt und zu einem großen Teil durch die Flügel bedeckt wird.

Schmetterlingssammlungen und auch die Abbildungen in vielen Falterbüchern zeigen uns die Tiere immer mit ausgebreiteten Flügeln. So lassen sich ihre schlanken oder plumpen behaarten Leiber sehr gut erkennen. Wir sehen auch deutlich, dass sie zwei Flügelpaare tragen. Aber lebende Schmetterlinge weisen ihre Flügelflächen recht selten so ausgebreitet vor! Meist sind sie über dem Rücken zusammengeklappt, dass wir nur ihre tarnfarbenen Unterseiten sehen, oder sie werden flach über dem Hinterleib zusammengeschoben. Falter haben höchst unterschiedliche Flügelformen. Wir finden bei ihnen schlanke und breite Tragflächen, feingestrahlte Federflügelchen und große Segelflächen, die zudem noch schwanzartige Fortsätze tragen können. Ob diese Flügel nun aber groß oder klein, strahlend farbig oder sehr unscheinbar sind, sie haben ein gemeinsames Merkmal: Sie tragen Schuppen auf den Flügeln! Deshalb wurde die Ordnung der Schmetterlinge nach diesem untrüglichen Kennzeichen benannt. Ihr wissenschaftlicher Name Lepidoptera heißt zu deutsch Schuppenflügler. Der Schmetterlingskörper wird außen, wie bei allen anderen Insekten auch, von einer starren Hülle gestützt, die wie eine Ritterrüstung gebaut ist. Dieser Insektenpanzer kann sich weder dehnen noch wachsen. Alle beweglichen Teile, die Fühler, die Beine und Flügel, sind mit der Außenhaut durch Gelenke und Scharniere verbunden. Sie werden von innen durch Muskeln bewegt.

Unter dem Titel „Arzt im Atlantik“ brachte Dietmar Beetz 1971 im Verlag Neues Leben Berlin einen „Brief von Bord“ heraus: Nordatlantik. Das bedeutet Kälte, Sturm, Nebel. Aber dort oben, zwischen Kanada und Grönland, treffen sich Schiffe aus allen Ländern Europas und aus Nordamerika: Fischfänger, Fischverarbeiter. Auf dem Fang- und Verarbeitungsschiff ROS 321 Anna Seghers aus Rostock fährt ein junger Arzt. Es ist seine erste Seefahrt, sein großes Abenteuer. Der Aufbruch kam ziemlich rasch, überraschend sogar für die Frau, die selbst Ärztin ist und die die Seefahrtsträume ihres Mannes nicht so ernst genommen hat. Jetzt beginnt der Arzt einen langen Brief an sie. Er erzählt vom Leben an Bord, von seiner Arbeit, von Hausbesuchen auf stürmischer See, von einer Fahrt nach Kanada mit einem lebensgefährlich verletzten Patienten, von der Kameradschaft der Seeleute. Er will die Frau überzeugen, dass es für ihn richtig und wichtig war, zur See zu fahren. Und dem Autor gelingt es, den Leser zu überzeugen. Und so liest sich dieses Buch: „Was sich aus so einem scheinheiligen Zustand entwickeln kann, habe ich erst neulich wieder erlebt; aber da lief das Abenteuer, das bewusste, auf das wir nun endlich zu sprechen kommen, bereits MIT VOLLER KRAFT VORAUS. Die Sache fing absolut harmlos an: Ich schlief, wie sich’s für einen, der von Berufs wegen gesunde Lebensweise vorzuexerzieren hat, nach Mitternacht gehört. Nun ist ja schlafen und schlafen nicht dasselbe. Man kann als Student - Dir brauche ich das nicht zu sagen - leidlich fest beispielsweise in der Hygienevorlesung pennen. Ein VÖLLIG ANDERES SCHLAFGEFÜHL stellt sich bei frischberingten Eheleuten ein - wieder was für sich und allgemein bekannt.

Ich schlief, meinem derzeitigen Lebenswandel entsprechend, in einer spartanisch schmalen Koje, einem - wie wir zu sagen pflegen - VOLKSEIGENEN SCHIFFSBETT. Rechts von meinem Kopf klapperten hinter der Wand in der Kombüse Schüsseln und Töpfe; der Herd darunter heizte mittels thermischer Strahlung meine ohnehin hitzigen Träume auf. Ob ich tatsächlich geträumt habe, und wenn: wovon? - Welch eine Frage! Ein Seemann träumt immer und immer nur davon; das müsstest Du doch zur Genüge aus einschlägigen Schlagern wissen. - Immerhin steckt in diesen Produkten unter dem Zuckerguss thematisch für alle Betroffenen EIN EWIG WEH UND ACH, und das wird leider noch eine ganze Weile so bleiben. Weniger lukrativ erscheint vermutlich den textenden Zuckerbäckern die Technik; jedenfalls ist das Bordtelefon meines Wissens bislang von AMIGA her unbekannt, und ich würde auch niemandem raten, dieses Gerät zu besingen, schon gar nicht seinen Gebrauch nachts halb drei.

„Doc, komm mal hoch! Die ‚ILMENAU‘ verlangt deinen weisen Ratschlag.“ Das übliche also: ein MEDICO-Gespräch mit einem unserer Trawler, eine Konsultation auf Kurz- oder Grenzwelle. Dacht ich wenigstens, während ich unter der BACK, dem bücherbeladenen Tisch, meine Pantoffeln suchte. Angerufen hatte Karlheinz, der GdK, was GEHILFE DES KAPITÄNS bedeutet und seefahrtbehördlicherseits für die umständlichere Bezeichnung POLITOFFIZIER dem deutschen Sprachgebrauch beigesteuert wurde. Dass diesmal tatsächlich der Arzt gemeint war und nicht der GETRÄNKSMANN oder der Dritte für eine Skatrunde, war der Anrede - „Doc“ statt einfach „Bernd“ wie sonst - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu entnehmen.

Auf der Brücke schwanden die letzten Zweifel; dafür stellten sich andere Empfindungen ein. Eine Welle aus Hitze und Hochspannung schlug mir entgegen und über mir zusammen - sicher nicht nur, weil der Kommandostand wieder mal überheizt war und auf der Radarscheibe der phosphoreszierende Zeiger kreiste. Kaum hatte ich das Schott aufgestoßen, zog der RUDERGÄNGER den Kopf zwischen die Schultern; so duckt man sich vor nahendem Sturm, und so lassen sich am besten lautlose akustische Entladungen registrieren.

Der Alte - einunddreißig Jahre jung und von Ehrgeiz ständig elektrisiert - fuhr bei meinem Anblick auf seinem JAGDSITZ herum: Blick durch die KLARSICHTSCHEIBE gerichtet, beharrlich ein Punkt am ereignisfreien Horizont fixiert. Neben ihm, an die FISCHLUPE gelehnt, stand Karlheinz. Seine Lippen kräuselten sich noch unterm Nachklang einer Widerrede; auch er war anscheinend erst bei meinem Eintreten verstummt. Wenigstens antwortete er auf meinen Gruß, und er gab noch gratis einen Kopfruck in Richtung des Schiffsherrn hinzu, begleitet von entsprechender Bewegung der Lider links; das war ja nun wirklich mehr, als man von einem höflichen Menschen ohne Weiteres erwarten konnte. „Rudi, komm mal! Der Doc ist da“, sagte der Kapitän. Ohne sich umzudrehn, überließ er mir Hörer und UKW-Bereich.

Das vertraute Knacken in der Muschel, nachdem ich die Taste gedrückt hatte und auf Empfang gegangen war. Dann erfuhr ich die Bescherung: Auf der „Ilmenau“ war in der Fischmehlanlage ein Schauglas geplatzt, und der FISCHMEHLER - sein Name entfiel mir sogleich - hatte ausgerechnet in diesem Moment vor der Unglücksapparatur gestanden.“

Vier Jahre später erschien ebenfalls im Verlag Neues Berlin „Visite in Guiné-Bissau“: Zwei Ärzte erhalten Gelegenheit, ein halbes Jahr in Guinea und Guiné-Bissau zu verbringen. Was bedeutet dieser Aufenthalt für sie? Unterstützung eines um seine Freiheit ringenden Landes; Arbeit unter ungewöhnlichen Bedingungen; Begegnungen mit Menschen, die unbeirrbar ihr Ziel verfolgen; Konfrontation mit einer völlig fremden Umwelt; Strapazen und Gefahren? In diesem Buch verarbeitet Dietmar Beetz Eindrücke seines Afrika-Aufenthaltes. Er erzählt vom Marsch durch die umkämpften Gebiete Guiné-Bissaus, von der medizinischen Arbeit dort, von Bombenangriffen, zerstörten Dörfern, Überfällen und Entführungen durch die Portugiesen, aber auch von Abenden, an denen man zusammensitzt und an denen die alten Märchen wieder lebendig werden.

Lesen wir einmal einen Moment hinein in dieses nicht zuletzt im Rückblick auf eine ganz andere Zeit des afrikanischen Aufbruchs spannende Buch, dem der Autor übrigens eine wunderbare Widmung vorangestellt hat: „Für Karin, die daheim durchgehalten hat“. Und hier ein kleiner Ausschnitt, der kurz nach der Ankunft spielt: „Gestern waren wir noch in Conakry, und nun verlassen wir auch Boké. Wieder geht es in Richtung Grenze, diesmal über Kandiafara hinaus, mitten in die befreiten Gebiete. Genaues wissen wir natürlich nicht; trotzdem ahnen wir, was uns erwartet. Ahnen es und denken daran und schweigen, schweigen beide und schaun gradeaus. Ich habe das Seitenfenster zurückgeschoben und mich in den Fahrwind gelehnt. Heiß weht es mir ins Gesicht, heiß trifft es auf die schweißfeuchte Brust unter der Uniform. In einer Kurve verrutscht der Rucksack neben mir, und ich kippe hinterher. Und sitze dann wieder senkrecht, die Lider zu einem Spalt verkniffen, sitze da und registriere, was wahrzunehmen ist, und bin dabei noch immer wie gelähmt, gleichsam erstarrt. Vor uns überquert eine Frau mit schleppenden Schritten die Fahrbahn; sonst ist niemand auf der Straße zu sehn. Im Schatten vor einer Schwelle liegt ein Hund, die Schnauze auf den Vorderpfoten, ausgestreckt auf der steinigen, rostbraunen Erde. Selbst die Geier hocken zu dieser Stunde reglos auf Mauern und Dächern, die matt in der Sonne glänzen.

Darüber flimmert die Luft, und der Himmel blendet die Augen und weckt Erinnerungen: Abends sitzen hier am Rand der Straße Händler, vor sich ein Talglicht auf dem Tisch. Da kann man geröstete Erdnüsse kaufen, eine Handvoll für ein paar Münzen, kann flanieren, geborgen im Dunkel unter den hohen, ausladenden Bäumen, kann ins Kino gehn, sogar in eine Bar. Dann lachen Burschen, kreischen Mädchen, und Greise schreiten würdevoll einher im weißen, wallenden Bubu. Und niemand verstummt plötzlich und horcht, und niemand rennt los, um rechtzeitig in den nächsten Splittergraben zu springen.

Ein Stoß holt mich zurück in die Wirklichkeit, zurück ins grelle Licht, das an diesem frühen Oktobernachmittag Boké übergießt. Wieder hat der Chauffeur, ohne das Tempo zu mindern, eine Kurve genommen, und wieder hat sich der Rucksack, mein einziges Gepäckstück, in Erinnerung gebracht. Wir fahren jetzt vorbei am Marktplatz, der verlassen daliegt, vorbei an der Moschee und am Minarett, das schlank und weiß die flachen Häuser überragt - immerhin gemauerte Häuser, Wohnungen mit elektrischem Licht, teilweise sogar mit Wasserleitung und Kanalisation. Und dann prescht der Landrover über richtigen Asphalt, über eine schimmernde, makellos glatte Chaussee. Man spürt geradezu, wie der Fahrer zum Rasen verleitet wird, und etwas von seiner Begeisterung, ein Hauch von diesem Rausch überträgt sich auch auf mich.

Klaus ergeht es wohl genauso. Er schaut herüber und nickt mehrmals; doch was er sagt, wird vom Lärm des Motors überdröhnt. „Das sind Straßen, das ist Tempo!“, lese ich ihm von den Lippen ab, und ich weiß, dass sein Stoßseufzer auch den Wegen gilt, die vor uns liegen.“

Das dritte und letzte Buch von Dietmar B. „Anton G. Eine Krankengeschichte“ erschien erstmals 2006 in der Edition D.B. Erfurt: Im Sommer 2004 erkrankte Anton, einer der Enkelsöhne des Autors, und musste operiert werden. Diagnose: Hirntumor. Der Text, der daraufhin entstand, ist eine Krankengeschichte - und mehr als das. „Eigentlich“ - so beurteilte es ein Leser – „hat Beetz einen Roman geschrieben, eine Familienchronik, die straff und poetisch ein Stück Zeitgeschichte spiegelt.“ Und so beginnt diese Krankengeschichte, „Aus scheinbar heiterem Himmel“: DA WAR EIN KIND, ein Knabe an der, wie man einst schrieb, Schwelle zum Jünglingsalter, dem heute sogenannten Teenager; Anton - sein Name.

Anton G. hatte Mutter und Vater, ein Brüderchen, Großeltern und auch sonst eine zahlreiche, weitläufige Verwandt- und Bekanntschaft. Er lebte in A., einem Ort in Thüringen, dem Grünen Herzen Deutschlands, also dort, wo sich, treibt man diese Sichtweise auf die Spitze, das Zentrum Europas - 1 11und mithin der Mittelpunkt unseres Erdballs - befindet. Hier nichts zu den Kriegen und Schwelbränden, Katastrophen und Hungersnöten anderswo, weit weg auf den Kontinenten im Süden, Südosten oder Südwesten. Auch nichts hier zu dem, was thüringenweit und in verwandten Ländern Ängste und Frust fast schon üblicherweise wieder und wieder in Siedepunktnähe trieb und treibt. Hier was zum Wetter. Das war damals, 2004, kurz vor der Grenze vom Früh- zum Hochsommer, vielversprechend, ja verheißungsvoll. Juli, für Alte noch der Heumond oder Heuert, wie er im Wunschkalender steht, für Kids gleich Anton, Thüringer im Schulkindesalter, am 21. des Monats seit 13 Tagen: sommerlich sonnige Ferienzeit. - 13 Monate zuvor, im Juni 2003, lag Anton im Krankenhaus. Unterarmbruch beiderseits. Er war mit Friedo, einem Freund, beim Sportplatz auf einen Kirschbaum geklettert, auf einen morschen Ast getreten, und da ...

Friedo flitzte zum noch unverputzten Haus der Familie G., wo Kurt, das Oberhaupt, sich gerade an der Fassade zu schaffen machte, und als der, alarmiert, Richtung Sportplatz rannte, kam ihm Anton entgegen, wankend, an den erhobenen Armen die Hände wie geknickte Flügel. „Bin von 'nem Kischbaum gefallen. Aus etwa vier Meter Höhe. Können auch viereinhalb Meter gewesen sein.“ So Pingel Anton, der Coolman, damals. - Mittlerweile waren die Brüche verheilt, und an den Unfall hatten sich, als er sich jährte, außer Anton vermutlich nur dessen Mutter und ihre Eltern, die Großeltern mütterlicherseits, erinnert, auch sie bloß beiläufig. Verdrängt jenes Unglück, wenngleich nicht vergessen - eine Art Schwelbrand, der aufschoss im Gedächtnis der Großeltern an jenem 21. Juli 2004. - 13 Tage vorher waren die beiden Alten in A. gewesen, hatten die Zeugnisausgabe und den bevorstehenden Urlaub der Familie G. - zwei Wochen bei Freunden in Mecklenburg - zum Anlass genommen, mal wieder vorbeizuschaun. Gute Zensuren für Anton, obwohl nicht ganz so prächtig wie noch im Vorjahr, am Ende der ersten Gymnasialklasse; Nachlassen speziell in Mathematik, dem Fach, für das er als besonders befähigt gegolten hatte - und dann auch seine Schul-Unlust in letzter Zeit, die angeblich vergessenen Hausaufgaben, die zur Unterschrift nicht vorlegten Mitteilungen, Mahnungen, Tadel ...

„Er kommt in die Pubertät, unser Großer“, diagnostizierte die Oma, um Festigkeit bemüht, und der Opa pflichtete kummervoll bei. Bettina, die Mutter, nickte - in Gedanken offenbar wieder mal mehr bei dem nie gänzlich entwirrbaren, da und dort bereits verfilzten, durch Urlaubsvorbereitungen zusätzlich strapazierten Haushalts-Job-Ehe-Problemkonglomerat. Beim Abgang nach diesem Kurzbesuch begleitete Anton die Großeltern zum Auto. Am Weg, auf einem Haufen Pflastersteine, der Tret-Roller, den er, erstmals mit einer Kugel in der Hand, Wochen zuvor beim Kegeln anlässlich der 1225-Jahr-Feier von A. gewonnen hatte. Er müsse noch eine Feder auswechseln, dann wolle er ihn verkaufen; einen Käufer habe er schon. So Anton - ungefragt - zum Opa, der stirnrunzelnd vor dem chromglänzenden, stellenweise bereits rostfleckigen Roller stehengeblieben war - eine Beiläufigkeit, die erst im nachhinein Gewicht bekommen sollte, und das gleich allem anderen im Vorfeld des 21. Juli 2004. Bei jenem Kurzbesuch 13 Tage zuvor - und knapp eine Woche vor dem Urlaub in Mecklenburg - sahen die Großeltern Anton zum letzten Mal scheinbar gesund.“

Und auch dieses Buch zeigt eindrücklich, dass manches, was passiert, ganz andere Gründe hat, als wir auf den ersten Blick denken. Darauf aufmerksam zu machen, kann eine Wirkung von Literatur sein. Riskieren Sie einen zweiten Blick. Es lohnt sich …

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EDITION digital Pekrul & Sohn GbR

Die vor 22 Jahren von Gisela und Sören Pekrul gegründete EDITION digital hat sich seit 2011 verstärkt dem E-Book verschrieben, verlegt aber inzwischen auch zahlreiche gedruckte Bücher – zumeist gleichzeitig als gedruckte und digitale Ausgabe desselben Titels. Zudem bringt sie Handwerks- und Berufszeichen heraus. Insgesamt umfasst das Verlagsangebot derzeit fast 890 Titel (Stand März 2017) von 120 DDR- und anderen Autoren, wie Wolfgang Held, Klaus Möckel, Wolfgang Schreyer und Erik Neutsch sowie den SF-Autoren Carlos Rasch, Heiner Rank, Alexander Kröger und Karsten Kruschel. Nachzulesen ist das Gesamtprogramm unter www.edition-digital.de. Jährlich erscheinen rund 100 E-Books und 15 gedruckte Bücher neu.

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