Beginnen wir diesen Newsletter also mit diesem Wochenende, so wie es Jan Eik in seinem erstmals 1975 im Verlag Neues gedruckt erschienenen Roman „Das lange Wochenende“ beschreibt: Dieses turbulente Wochenende beginnt an einem Donnerstagnachmittag in Berlin reichlich vorzeitig, und Gerd weiß noch nicht, was ihm bevorsteht, als er mit seiner letzten Eroberung, der rothaarigen Petra, auf dem Sozius zur Datsche hinausfährt - oder er ahnt nur das Angenehme davon, denn sein Rotfuchs interessiert ihn im Augenblick hundertmal mehr als sein verschwundener Onkel. Und so geht dieses Wochenende los oder besser das Buch über das lange Wochenende: „Ich rekelte mich träge auf der Decke und betrachtete sie von der Seite. Sie gefiel mir; der blaue Bikini saß wirklich überall straff und schnitt nirgends in ihr weißes Fleisch. Dennoch war sie nicht etwa dürr. Sah einwandfrei aus, das Mädchen, besonders wenn der Schatten dieser Freundin nicht auf sie fiel, die ihr sonst nicht von der Fahne wich. Ich hatte die beiden ungefähr drei Wochen zuvor zum ersten Mal hier am See gesehen und aus den Klauen zudringlicher Halbstarker befreien müssen, die allerlei über rote Haare rumzublödeln wussten. Dabei gibt es gegen rote Haare nichts einzuwenden. Und ein Rot war es eigentlich auch gar nicht, mehr so ein heller Ton, wie feine Kupferlitze ohne Isolierung. Sie hieß Petra, und an jenem späten Mittag trabte sie also zum ersten Mal allein hier an und nahm auf meiner Decke Platz. Wir hatten gebadet, und während ich nun dabei war, meine in drei Wochen gereiften Pläne bezüglich ihrer Realisierung zu durchdenken, schüttelte sie plötzlich ihre Kupfermähne wild um sich und sagte: „Man müsste etwas richtig Verrücktes anstellen!“ Dagegen war so wenig einzuwenden wie gegen rote Haare und gegen das ganze Mädchen. Mit dieser Kupfermaid etwas Verrücktes zu veranstalten - das entsprach durchaus meinen Absichten und meinem Geschmack auch. Zur Sicherheit fragte ich: „Was nennst du denn wirklich verrückt?“ „Irgendetwas Überraschendes. Woran kein Mensch denkt“, erklärte sie voll tiefer Logik. Sie studierte übrigens Mathematik.
Na schön, der ganze Nachmittag lag noch vor uns, und der Abend, und - na eben Zeit genug, um herauszubekommen, wovon sie sich überraschen ließ, und woran kein Mensch denkt. Vorerst erhob ich mich zu einer kleinen Vorstellung. Sie saß zu meinen Füßen und blickte erwartungsvoll zu mir auf. Ich ließ mich in den Liegestütz fallen. Hier, auf dem abgefressenen Gras des Seeufers, wirkte das trotz meiner Größe nicht besonders, aber ich konnte es auch auf Straßenpflaster und Kneipendielen. Als ich noch jung war und zu Hause wohnte, hatte ich es so lange geübt, bis den Leuten unter uns die Stuckrosette in die Erbsen fiel. Petra lächelte. „Schön, das hatte ich nicht erwartet. Ich hielt dich für zu träge.“ „Du wirst mich noch in meiner voll entfalteten Aktivität kennenlernen", sagte ich und machte einige Liegestütze. Sie gelangen leidlich. Außerdem war das eine günstige Perspektive, um ihre glatten milchigen Schenkel bis hin zum untersten Rand ihres Bikini zu betrachten, und ich tat es ausgiebig. Das war weit eher angenehm als wirklich verrückt - mal sehen, wie sie reagierte.“
Ein Erlebnis der etwas anderen Art, ein Ferienerlebnis, hat Gerhard Dallmann in seiner erstmals 1985 in der Evangelischen Verlagsanstalt GmbH Berlin erschienenen Erzählung „Brücke, Boot und Bienenhaus“ aufgeschrieben: Diesmal erzählt Gerhard Dallmann ein neues Abenteuer von Kindern seiner norddeutschen Heimat in der Gegend des Oderhaffs. Nach Schiffbruch der kleinen Jolle „Alraune“ wird Eckart, der fixe Inselbengel, an Land verschlagen, schließt wohl oder übel Freundschaft mit Katharina, einem echten Mädchenquirl, und versetzt gemeinsam mit seiner wirbeligen Gefährtin die Erwachsenenwelt durch allerlei gefahrvolle Unternehmungen in Aufregung. Am Ende wird sogar ein Kirchenraub aufgedeckt. Die Diebe lassen sich von den beiden erlebnishungrigen Ferienkindern foppen. Schuld daran, dass dieser Sommer so ganz anders verläuft als geplant (nämlich viel, viel schöner und viel, viel spannender!), ist die heimtückische Eisenbahnbrücke von Karnin, die Eckarts Boot nicht mag. Ja, sonst hätte der Junge aber auch nicht Onkel Willis Bienenhaus kennengelernt und Peppi, den Hund, nicht und Otto von Bamberg nicht und natürlich auch nicht seine Freundin Fratz (das ist Katharina).
Und so fängt alles an: „Aus einem blumenumrankten Haus an dem Weg, der die Haffdörfer miteinander verbindet, traten zwei Jungen auf die Straße. Abenteuerlust funkelte in ihren Gesichtern, und der kleinere von ihnen klatschte ein übers andre Mal in die Hände - er zählte noch nicht ganz elf Jahre, ein Kerlchen mit listigen Augen und blonden, struppsigen Haaren, die kein Kamm hätte zähmen können. Trotz des Hitze verheißenden Sommermorgens hatte er sich in einen irrsinnig dicken Wollpullover gestopft. Wozu nur? Die Füße steckten in Tennisschuhen, echt neu. Auf denen hätte er wohl zu gern gehüpft oder Salto mortale geschossen, um die Freude über das bevorstehende Erlebnis loszuwerden, wäre da nicht der Seesack gewesen, ein riesengroßer Seesack, der ihn daran hinderte. Tapfer hatte er ihn zu schleppen, diesen proppenvoll gepressten Sack, voll von allerlei Krimskrams wie Zahnbürste, Seifenpott, Wäsche, Zusatzwäsche, Reservezusatzwäsche, Ersatzreservezusatzwäsche ...
Und dieser gewaltige Apparat bammelte dem Kleinen an viel zu langem Riemen von der viel zu schmalen Schulter herab auf den Rücken und bauzte beim Gehen mal in die Kniekehlen, mal in den Podex oder schleifte auf der Erde. Sein Bruder, wohl um einen Kopf größer, sah dagegen manierlicher aus. Ein blauer Kammstiel schaute aus der Gesäßtasche und verriet ein klein Stücklein Kultur und Anstandswillen. Auch er trug knallweiße Tennisschuhe an den Füßen. Seinen Kopf aber krönte eine blaue Tuchmütze mit Schirm, eine echte Kapitänsmütze. Diese, behauptete er, stünde ihm als Kapitän der ALRAUNE einfach zu. Auch er balgte sich mit einem fürchterlichen Seesackungeheuer herum. Nur zwang er ihn besser, waren doch seine Beinmuskeln schon fast männlich wulstig und nicht so streichholzstöckig wie die seines Brüderleins. Was aber schleppte er mit sich? Leicht verrieten das die durchdrückenden Kanten und Ecken der Konserven, der Flaschen, des Eingemachten ... Mama hatte ausdrücklich gesagt: das muss sein, mein Kind, das muss sein, das braucht jeder, der eine Seereise tut. Zudem hatte Vater schon Tage vorher all das auf einer langen Liste vornotiert, was die beiden Jungen mitnehmen sollten. Und weil Vater darauf bestanden hatte, da hatte eben gestern Abend beim Packen alles in die Seesäcke hineingemusst, alles: der Kleinkram bei dem Kleinen, der Großkram bei dem Großen. Nun, da sie auf der Straße waren, klopfte er dem Stips auf die Schulter und jubelte mit erlöstem Herzen: „Fidibus, Mensch, jetzt hält uns keiner mehr. Keiner! Jetzt stehn wir auf eignen Füßen!“ Und Fidibus stöhnte das befreiteste Ja seines ganzen Lebens.“
Es folgt ein großer Sprung. Ein heißes und leider noch immer aktuelles Thema hat Ulrich Hinse in seinem erstmals 2006 im Godewind-Verlag Wismar erschienenen Buch „Die 13. Plage oder Wessen Brot ich esse“ aufgegriffen. Damit setzt der Autor seinen Staatsschutz-Roman „Blutiger Raps“ aus dem Jahre 2003 fort.
Die 13. Plage der Menschheit - das ist der internationale Terrorismus der Gegenwart. Um seine große Liebe Jenny aus einem Bordell zu befreien, schließt Boomer einen Pakt mit dem Teufel. Unvermittelt finden sich die beiden in einem Ausbildungslager der Al-Qaida wieder, wo Boomer zum Sprengstoffspezialisten wird. Um zurück nach Europa zu kommen, schließen sie sich einer Terrorgruppe an und bereiten sich mit ihr auf einen Anschlag in Nordeuropa vor. Als Jenny erkennt, dass ihre Heimat Mecklenburg-Vorpommern ins Fadenkreuz gerät, sucht sie Hilfe bei Kriminalhauptkommissar Raschke, einem Erzfeind aus vergangenen Tagen. Doch kann sie das Schicksal aufhalten? Wer sich nach der Lektüre von „Blutiger Raps“ fragt, ob Jenny und Boomer die Flucht aus dem russischen Gefangenenlager überlebt haben, kann in diesem Buch das weitere, schwere Schicksal der beiden Jugendlichen verfolgen. Und hier ein kleiner Einstieg in die „13. Plage“, die der Autor übrigens mit einer kleinen Vorbemerkung versehen hat: „Personen und Handlungen dieses Romans sind frei erfunden. Gewisse Ähnlichkeiten mit lebenden Personen und tatsächlichen Ereignissen wären rein zufälliger Natur, ausgenommen davon sind in der Weltöffentlichkeit bekannte Personen und Ereignisse der nahen Zeitgeschichte.“
Und jetzt aber wirklich der versprochene Einstieg in die „13. Plage“: „Nach einer längeren Seereise durch Nordsee, Biskaya, Mittelmeer, den Suezkanal und das Rote Meer hatte die Fregatte Mecklenburg-Vorpommern im Stützpunkt Djibouti, am Horn von Afrika, ihren Dienst im Rahmen der internationalen Terrorbekämpfung aufgenommen. Dort sollte das deutsche Kriegsschiff, zusammen mit Schiffen anderer Nationen, den Seeverkehr am Bab el Mandeb, der nur 20 Kilometer breiten Einfahrt in das Rote Meer, überwachen. So pendelte sie zwischen arabischer Halbinsel und afrikanischem Festland hin und her, einmal direkt unterhalb der jemenitischen Küste, dann wieder vor der somalischen, zeitweilig auch bis Eritrea. Das Klima, die hohe Luftfeuchtigkeit sowie die gnadenlose Hitze in der Nähe des Äquators waren fast unerträglich. Der tägliche Dienst dagegen eher langweilig. Gelegentlich wurde eine Dhau, eines der einheimischen hölzernen Segelschiffe, die unvorsichtigerweise aus den Hoheitsgewässern herausgefahren war, auf Waffen kontrolliert. Gefunden hatten sie bisher nichts. Mit stoischer Ruhe ließen die Besatzungen die Prozedur über sich ergehen. Die deutschen Marinesoldaten machten sich keine großen Hoffnungen, auf diese Art und Weise Terroristen fangen zu können. Interessanter wären Schiffe gewesen, die innerhalb somalischer oder jemenitischer Hoheitsgewässer fuhren. Aber die waren tabu. Deshalb verlief der Dienst tagaus tagein eintönig ohne interessante Abwechslung. Um nicht aus der Übung zu kommen, wurde zwischendurch mit den Maschinenwaffen auf Ziele aus Holz und Segeltuch geschossen, die, ins Wasser gesetzt, von der Motorbarkasse an der Fregatte vorbeigeschleppt wurden. Natürlich an der berühmten langen Leine, denn man konnte ja nie wissen, wie gut oder schlecht die Kanoniere zielten.
Das deutsche Kriegsschiff hatte gerade die südjemenitischen Gewässer nahe der Insel Perim verlassen und mit südlichem Kurs das Inselchen Sawabi auf dem Weg nach Djibouti passiert, um dort seinen Dienst zu beenden. Die gesamte Besatzung freute sich auf die entspannenden Stunden im Hafen. Auch wenn die hohe Luftfeuchtigkeit bei der großen Hitze nicht unbedingt zum Stadtbummel einlud. Aber im Stützpunkt gab es reichlich klimatisierte Abwechslung. Im Seegebiet vor Aden hatten sie immer ein ungutes Gefühl. Allzu präsent war, wie Terroristen dort die US-Fregatte Cole und den französischen Tanker Limbourg angegriffen hatten.
Wieder und immer wieder hatten sie sich Filmberichte über die Angriffe ansehen müssen. Wieder und immer wieder hatten sie auf ihren Stationen geübt, wie bei einem derartigen Angriff zu reagieren ist. Deswegen waren auch alle sofort hellwach, als das durch Mark und Bein gehende Tröten des Alarmhorns die Seeleute auf ihre Stationen rief. Gleichzeitig erhöhte die Fregatte deutlich ihre Geschwindigkeit, wobei sie sich stark nach Backbord legte. Kaum wieder aufgerichtet, feuerte das Buggeschütz. Direkt vor einer stark motorisierten Yacht mit einem kleinen Geschütz auf dem Achterdeck, die sichtlich bemüht war, vor der Fregatte in sichere jemenitische Hoheitsgewässer zu entkommen, erhob sich eine hohe Wassersäule, der das Boot nicht mehr ausweichen konnte. Mit voller Fahrt fuhr sie mitten hinein. Für die Besatzung der Yacht musste das ein Gefühl gewesen sein, als fahre sie gegen eine Wand. Zwei Matrosen, die gerade in einer Art Wahnsinnsaktion die über dem Heck montierte Maschinenwaffe gegen die Fregatte richten wollten, wurden von dem auf das Oberdeck klatschenden Wasserschwall über Bord gerissen. Sie verschwanden in den Wellen.“
Fast zum Schluss dieser aktuellen Deals der Woche noch zwei Bücher von Hannes Hüttner:
Zunächst „Grüne Tropfen für den Täter. Eine utopische, aber streng wissenschaftliche Kriminalerzählung“, die erstmals 1983 beim Verlag Das Neue Berlin gedruckt wurde. Von grüner Farbe ist das fantastische Elixier, das im „Institut für Langlebigkeit“ mit wissenschaftlicher Akribie entwickelt wurde und das lange Lebenszeit und ewige Jugend verheißt. Zumindest aber hat die grüne Flüssigkeit einen kosmetischen Effekt. Inspektorin Beate Schliwa fährt mit einer diffizilen Aufgabe in das berühmte Institut, dem ein Wohnheim für Hundertjährige angeschlossen ist. Sie soll herausfinden, welche der gerontologischen Fachrichtungen am erfolgversprechendsten ist. Ihre Untersuchungen werden jedoch durch ein aufrüttelndes Erlebnis unterbrochen, das überhaupt nichts mit einem Jungbrunnen zu tun hat. Der Biologe Professor Aggermann ist über Nacht um Jahrzehnte gealtert und steht unter Schockeinwirkung. Handelt es sich um einen Unfall, einen Selbstversuch oder einen Anschlag? Noch gibt es wenig Anhaltspunkte bei diesem Fall und anderen mysteriösen Ereignissen, aber irgendwie sind alle Vorfälle mit den grünen Tropfen verknüpft.
Und so liest sich der noch eher unspektakuläre des Beginn des Buches, in dem Inspektorin Beate Schliwa zunächst einmal ein Päckchen zu tragen hat – genauer gesagt, einen Handkoffer mit einem ungewöhnlichen Inhalt:
„Frauen als die unterdrückte Bevölkerungsmehrheit dieses Planeten neigen zu Übertreibungen. Ein Mann hätte gar nicht als Vorfall bezeichnet, was Beate Schliwa so beeindruckte: „Seltsames Geschehen bei Ankunft im Institut: Scharen von Hunden vor dem Tor, die das Haus geradezu belagerten. Vorfall ist zu klären. Unterkunft ordentlich.“
Ich sehe sie vor mir, diese Beate: ein zierliches Mädchen in verantwortlicher Position. Sensibel und allein. Wahrscheinlich kam sie an einem Herbstabend in Deggendorf, der Bahnstation, an, und der Städte-Express wird wieder nicht seine geplante Stundengeschwindigkeit von dreihundertfünfzig Kilometern erreicht haben. Jedenfalls klagten Reisende häufig, dass ihnen der letzte Bus nach Xantos weggefahren sei. Ein später Abend also, der Ostwind hat den Himmel blank gewischt und sich danach zur Ruhe gelegt, der Sonne hinterher. Das zarte Rosa verblasst zu fahlem Silber. Die Bäume stehen schweigend und erwarten ergeben die Nacht. Beate Schliwa schleppt ihren Handkoffer die Straße entlang, die Tragetasche mit dem Prüf- und Kontrollcomputer QNO 1, kurz Kuno genannt, über der Schulter. Ja, es sind nur vier Kilometer bis zum Institut, aber was man ihr nicht sagte, war, dass die Straße bergauf führt.
Es ist die Stunde, da die Natur dem Menschen fremd wird und ihre Lieblichkeit in Härte umschlägt. Beate Schliwa fällt ein, dass sie noch kein Mobil sah, seit sie losgelaufen ist, und es wächst in ihr die Überzeugung, dass sie eine ganz und gar verkehrte Richtung eingeschlagen hat. Sie stellt das Gepäck ab. Sie orientiert sich, großer Wagen, Polarstern, die Richtung stimmt, der Zweifel bleibt. Sie hasst es zu reisen, doch sie mag noch weniger zu Hause bleiben, einsam in ihrer Zweizimmerwohnung, in der sie mit den Gegenständen spricht, mit der Seife, dem Handtuch, dem Spiegel. „Jetzt werden wir dich auf das Brot streichen“, sagt sie zur Marmelade, „und dann wirst du der Bea schmecken, mhm!“ Die Marmelade antwortet nicht. Sie lässt sich verschlucken und gibt es auf, Marmelade zu bleiben; so glaubt Bea manchmal, von der Einsamkeit verschlungen zu werden.
Nein, es ist besser, zu reisen. Sie ist als Inspektorin eines respektablen Ministeriums von dreißig Tagen zwanzig unterwegs, lernt Menschen kennen und hat Kuno an ihrer Seite. Ich denke fast, dass man sagen kann: Der Computer steht ihr nahe. Sie schaltet ihn nach ihrem Sternenhimmelblick ein und bittet: „Sing was!““
Um Frauen geht es auch in dem erstmals 2001 beim Verlag Neues Leben GmbH (man beachte den kleinen, aber wichtigen Unterschied im Verlagsnamen in der Zeit nach der Wende) in Berlin gedruckt erschienenen Roman „Herr Fischer und die Frauen“, der von einer unerwarteten Karriere erzählt: Thomas Fischer, Tierarzt, kommt aus den Tropen zurück, von einem harten und entbehrungsreichen Leben. Er ist ein Mann, der die Welt verbessern wollte und dies auch immer noch will. In Deutschland erhofft er sich einen seinen Fähigkeiten angemessenen Arbeitsplatz. Die Welt kennt ihn. Deutschland kennt ihn nicht. Enttäuscht von mühevoller Jobsuche nimmt er schließlich eine langweilige Arbeit in einem biochemischen Labor an. Nun hat er Zeit, seinen Erfindungen nachzugehen, sie zu vervollkommnen, genetisch zu experimentieren. Er könnte die Menschheit verändern, er müsste es außerhalb aller ethischen Grenzen realisieren. „Herr Fischer und seine Frauen“ ist ein spannender Roman über ein aktuelles Thema, der fast märchenhaft beginnt:
„Da wör mal eens en Fischer un sine Frau, de wanden tosamen in 'n Pissputt, dicht an der See, un de Fischer güng alle Dage hen un angeld: un he angeld und angeld. So wie dieses alte pommersche Märchen könnten wir unsere Geschichte beginnen. Denn angeln mochte auch Thomas Fischer für sein Leben gern, besonders, wenn er etwas zu bedenken hatte; dünn sett he und angeld und angeld. Und zudem stammt er auch noch aus Mecklenbörg; das ist ja dicht neben Pommern. Wir jedoch beginnen mit seiner Mutter. Brigitte Fischer glaubte, den Schmerz nicht mehr auszuhalten. Die Wehen zerrissen sie. „Pressen, pressen, pressen!“, rief die Hebamme, aber das Ungeborene wollte nicht auf diese Welt. Das Kind der Liebe auszutragen war erst ihr großes Glück, dann ihre Rache gewesen. Jetzt aber, da ihr fester junger Körper sich nicht öffnen wollte, konnte sie die weißen Wände des Kreißsaals kaum ertragen. In den spärlichen Pausen dachte sie: Wozu lag sie hier? Wozu diese vernichtenden Schmerzen? Wäre es nicht besser gewesen, die Ursache dafür dem Nichts zurückzugeben, aus dem es gekommen war? Dann zerpflügte aufs Neue eine ungekannte Gewalt ihren Leib, sie schrie vor Weh und Zorn und spürte inmitten ihres Schmerzes plötzlich, wie es leer wurde in ihr. Erschöpft schloss sie die Augen. Fast wäre sie eingeschlafen. Ein dünnes Krähen weckte sie. Ach ja.
„Ein Mädchen?“, fragte sie. „Nein, ein Junge!“, jubelte die Hebamme, als ob sie eine besonders gute Nachricht zu verkünden hätte. Gott sei Dank, ein Junge. Ein Junge hat es immer leichter im Leben.“
Schließlich noch eine freundliche Einladung zum – Mitspielen! Denn genau das verspricht der erstmals 1972 im Humboldt-Taschenbuchverlag München veröffentlichte Titel „Spielen Sie mit!“ von Rita Danyliuk. Das Buch enthält fast 400 Spiele für lange Autofahrten, Ball-, Fang-, Wurf-, Schreib-, Geschicklichkeits-, Tanz-, Party-, Pfänder-, Lege-, Sing-, Mal-, Tummel-, Denk-, Lern-, Rate-, Brett-, Karten-, Würfel- und Streichholzspiele, Patiencen, Quiz, Pantomime, Wettläufe und Wettkämpfe. Sie bieten genügend Anregungen für interessante Freizeitaktivitäten mit der Familie und mit Freunden. Manch einer erinnert sich an fast vergessene Spiele aus seiner Kindheit und Jugend, bekommt aber auch viele neue Anregungen. Das Buch ist eine wahre Fundgrube für Großeltern, Eltern, Erzieher, Kinder und für alle, die sich mal von Smartphone, Tablet und Gameboy trennen können.
Hier noch drei Bei-Spiele für Spiele im Auto, die übrigens alle ausschließlich mit Sicht nach vorne durchgeführt werden und den Fahrer natürlich nicht behindern dürfen.
Autojagd
Jeder Mitspieler wählt ein Automodell, auf das er von nun an „Jagd macht“. Alle im Spiel vorkommenden Modelle werden festgelegt und im Vorbeifahren gezählt. Da bestimmte Autos in Deutschland mehr als andere anzutreffen sind, werden für jede Bauart verschieden hohe Punktwerke eingesetzt: Eine weniger oft vertretene Bauart bekommt also einen höheren Punktwert. Sieger ist, wer am schnellsten 13 Punkte vorweisen kann.
Die „Pferde“jagd (= PS-Jagd)
Das Spiel ist etwas schwieriger, denn die Teilnehmer müssen ausreichend über die PS-Zahl (PS = Pferdestärke) der einzelnen Autotypen informiert sein. Es wird wieder ein Schema angefertigt und jedes Auto mit der gesuchten PS-Zahl bekommt einen Punkt.
Glücksjagd
Anschließend wird auf alles Mögliche Jagd gemacht, z. B. auf Pferde, Kühe, Schlösser, Seen, Traktoren, Flugzeuge usw. Eine Liste wird angefertigt. Für jeden „abgeschossenen“ Gegenstand erhält der Jäger einen Punkt. Sieger ist, wer nach einer festgesetzten Zeit die meisten Punkte aufweist.
Abgeändert wird das Spiel wie folgt: Die einzelnen Gegenstände bekommen eine verschieden hohe Punktzahl. Ein Schloss z. B. zählt 5 Punkte, eine Tankstelle zählt einen Punkt usw., wobei Dinge, die möglicherweise oft gesehen werden, eine niedrigere Zahl erhalten. Wer die betreffenden Gegenstände zuerst sieht, bekommt jeweils den dafür benannten Punktwert gutgeschrieben. Gewinner ist, wer am schnellsten 30 Punkte auf der Liste hat.
Viel Spaß beim Spielen! Schließlich wissen wir mit Friedrich Schiller, dass der Mensch nur da wirklich Mensch ist, wo er spielt. Ganz exakt zitiert schreib der Verfasser der „Ode an die Freude“: „Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“