Ebenfalls mit zwei Büchern – allerdings in einem E-Book zusammengefasst – ist Jurij Koch mit „Golo und Logo und Das Sanddorf“ vertreten, wobei es zumindest in „Golo und Logo“ auch einen großen Fall aufzuklären gilt.
Um den Mord an einem jungen Mädchen geht es in dem Kriminalroman „Der graue Mann“ von Jan Flieger. Scheinbar hat niemand auch nur irgendeine Ahnung, wie es zu diesem Verbrechen gekommen ist und wer der Mörder sein könnte.
Und damit sind wir wieder beim aktuellen Beitrag der Rubrik Fridays for Future angelangt. Jede Woche wird an dieser Stelle jeweils ein Buch vorgestellt, das im weitesten Sinne mit den Themen Klima, Umwelt und Frieden zu tun hat – also mit den ganz großen Themen der Erde und dieser Zeit. Und da hat die Literatur schon immer ein gewichtiges Wort mitzureden und heute erst recht. In dieser Woche stellen wir ein Buch vor, dass sich nicht nur mit dem Thema Frieden beschäftigt, sondern auch mit dem Thema der kolonialen Vergangenheit Deutschlands, die gerade im Moment wieder öfter diskutiert wird – einschließlich der heutigen Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland für Verbrechen in der deutschen kolonialen Vergangenheit. Da kann ein solches Buch, dessen Erscheinen inzwischen schon einige Jahrzehnte zurückliegt helfen, die Erinnerung an die damaligen Geschehnisse auffrischen. Und zugleich hilft es zu erklären, was die koloniale Vergangenheit Afrika mit heutigen Unruhen auf diesem Kontinent zu hat und warum es so schwer ist, die aktuellen Konfliktherde zu bekämpfen.
Erstmals 1978 erschien im Verlag Neues Leben Berlin als Band 145 der Reihe „Spannend erzählt“ der Roman „Späher der Witbooi-Krieger“ von Dietmar Beetz, der übrigens heute, am 6. Dezember, 80 Jahre alt geworden ist: Als Pieter Koopgaard seine Herde heim nach Rehoboth treibt, ist die Straße menschenleer. Der Hund wittert unruhig. Sollte ein Leopard in der Nähe sein? Im Westen steht eine dunkle Wolkenmauer. Vielleicht hat sie die Leute vertrieben. Dann erfährt Pieter, dass Deutsche im Dorf sind, dass sie den Boten Hendrik Witboois gefangen haben. Pieter fühlt sich schuldig. Er hat dem Boten gesagt: „Die Schnurrbärte? Die sind weit weg.“ Pieter muss versuchen, den Nama zu befreien. Und wenn es nicht gelingt, wird er an seine Stelle treten. Als Späher der Witbooi-Krieger nimmt er am Kampf der Deutschen gegen die Witbooi in Deutsch-Südwestafrika Ende des 19. Jahrhunderts teil, als Bastard von den Deutschen verachtet, als Verräter von den meisten Witbooi bekämpft. Hier der Anfang des dritten Kapitels dieses spannenden Buches:
„Sie kam erst, als der Mond schon aufgegangen war, und an der Art, wie sie den Hügel herauflief, erkannte Pieter, dass sich etwas Ungewöhnliches ereignet hatte. Hastig sprang er auf, aber er beherrschte sich und blieb beim Feuer, das endlich brannte, stehn und wartete gespannt.
„Gott sei Dank!“, rief sie. „Da bist du ja. Hab ich mir Sorgen gemacht!“
„Du?“, fragte Pieter. „Ich war pünktlich daheim.“
„Ist ja schon gut. Ich musste aushelfen beim Herrn Missionar. Diese Aufregung, das Durcheinander!“
„Was ist eigentlich los im Dorf?“
Und dann erfuhr Pieter, was geschehen war, und plötzlich begriff er alles, und sogleich wurde ihm die eigene Schuld bewusst. Er setzte sich auf den kopfgroßen Stein neben der Feuerstelle, und eine Weile starrte er, ohne etwas wahrzunehmen, in die schwelende Glut.
„Fehlt dir was?“, fragte die Mutter. „Du bist so eigenartig.“
„Und ich“, rief Pieter, während er wieder aufsprang, „ich hab ihn auch noch beruhigt, habe ihm gesagt, diese Teufel wären weit weg in ihrem Windhoek! Ins Unglück habe ich ihn geschickt, in den sicheren Tod. Ich ...“
„Bist du verrückt? Wenn dich jemand hört ...“
Und genauso gedämpft erkundigte sie sich, woher er den Witbooi überhaupt kenne.
Stockend, mit wenigen Worten erzählte Pieter von der Begegnung auf der Weide. Und verstummte dann und starrte erneut vor sich hin.
Nach einer Weile berührte ihn die Mutter an der Schulter und sagte eindringlich, beschwörend: „Ist doch Unsinn, Piet. Das redest du dir bloß ein. Woher wolltest du denn wissen, dass sie ausgerechnet heute kommen? Niemand konnte das auch nur ahnen, nicht einmal der Herr Missionar. Glaub mir, Pieter, dich trifft keine Schuld.“
Er zuckte zusammen und schob ihre Hand sanft beiseite.
„Und wo ist er jetzt?“, fragte er unvermittelt. „Noch in der Mission?“
„Wer? Der ..., dieser Bote? Piet, was hast du vor?“
„Nichts, Mutter. Ich bin gleich wieder da.“
Und Pieter rannte den flachen Hügel hinab, lief, als fliehe er, den Pfad entlang, zurück zum Dorfweg. Eine Weile hörte er noch die Mutter, die ihn beim Namen rief, die flehend versuchte, ihn zum Umkehren zu bewegen. Dann war es wieder still ringsum; nur aus der Ferne drang nach wie vor das Kläffen der Hunde.
Sogar diese Köter haben mehr Mumm als die stolzen Rehobother, ging es Pieter durch den Sinn, und plötzlich ergriff ihn ein Gefühl der Überlegenheit, ein berauschender Hochmut. Er, Pieter Koopgaard, der Verachtete, Verhöhnte, er allein verkroch sich nicht daheim, er ging im hellen Mondschein vorbei an den Behausungen all der Feiglinge und Verräter.
Wütend und verächtlich schüttelte er den Kopf über ein Dorf mit tausend Burschen und Männern, die unfähig waren oder nicht gewillt, einer Handvoll Hergelaufener Trotz zu bieten. Hatten einen Boten, den Gesandten eines befreundeten Stammes, diesen Teufeln ausgeliefert, und morgen, wenn nichts geschehen würde, schon morgen früh ...
Pieter stockte in Gedanken und beschleunigte erneut den Schritt.
Sein Schuldgefühl trieb ihn zur Eile. Seitdem er wusste, was dem Witbooi drohte, war ihm klar, dass er etwas unternehmen musste. Wie er ihn befrein, ob er ihm überhaupt helfen könnte, darüber zerbrach er sich im Moment noch nicht den Kopf.
Nur etwas tun, es wenigstens versuchen, nicht einfach sich verkriechen wie alle andern!
So erreichte er den Dorfweg, und plötzlich sah er zu seiner Überraschung vor sich im Licht des Mondes eine stämmige, breitschultrige Gestalt - unverkennbar der Onkel.
Hinter ihm her schlich der Hund, der tagsüber mit Pieter auf der Weide gewesen war; doch Willem Koopgaard schien weder das Tier noch sonst etwas zu bemerken. Zögernd, beinah unsicher tappte er dahin.
Wie ein Betrunkener, dachte Pieter. Er überlegte noch, ob er den Onkel einholen, ihn ansprechen oder sich vor ihm verbergen sollte, da wurde er von dem Hund entdeckt und mit freudigem Gebell begrüßt.
Der Onkel war bei dem Gekläff zusammengezuckt und herumgefahren. Wie er so dastand, geduckt und verwirrt, wirkte er weniger herrisch als sonst, eher ratlos.
„Was sucht denn ihr hier?“, fuhr er den Neffen an, ihn und den Hund in einem, und auch sein Blick traf beide.
„Er und ich“, erwiderte Pieter gepresst, „wir und noch ein paar Köter, wir verkriechen uns eben nicht, wenn in diesem Nest ein Unschuldiger von einem Dutzend Hergelaufener ...“
Weiter kam er nicht. Der Onkel hatte überraschend schnell die Hand gehoben, doch bevor er zuschlagen konnte, sprang der Hund ihn an, und er ließ erst ab, als Pieter eingriff.
„Elender Kläffer“, sagte Willem, während er sich den Staub vom Ärmel klopfte. Er wirkte jetzt gealtert, müde, und Pieter nahm deutlich einen schwachen Dunst von Alkohol wahr.“ Und damit zu den ausführlicheren Vorstellungen der anderen Sonderangebote dieses Newsletters:
Erstmals 2001 veröffentlichte Hans-Ulrich Lüdemann in der DIE-Reihe (Delikte, Indizien, Ermittlungen) des Verlags Das Neue Berlin seinen Krimi „Ein mörderischer Dreh“ – zugleich Band 2 der Reihe „Detektei Rote Socke“, über die in einem Vorspann aufgeklärt wird: Gestatten Sie: Mein Name ist Mildred Sox, Diplom-Kriminalistin. Ich bin also diejenige, die aufgrund besonderer Lebensumstände aus dem Polizeidienst gefeuert wurde und demzufolge geradezu eine Privatdetektei gründen musste. Ich war sichtlich irritiert, als die Frau meines Ex-Geliebten KHK Edwin Roeder um Beistand für ihren Schwiegersohn bat. Kay Denkert besitzt eine Anlage-Firma. Unbekannte haben den Mittdreißiger überfallen, zwei Tage später wird er Opfer eines Mordanschlages. Rechtsmediziner können zwar den komplizierten Tatvorgang klären, Hinweise zum Täter haben auch sie nicht. Ich ermittelte also gegen einen Gläubiger, befragte alle drei Geschäftspartner des Denkert. Ich werde mehrmals bedroht, weil ich nichtsdestoweniger diesen kniffligen Fall weiter verfolge. Eine heiße Spur führt in die USA und ich muss klären, was die angebliche Lebensmittelvergiftung eines aidskranken ehemaligen Sheriffs in Lyme mit Denkerts Firma zu tun hat. Schließlich gelingt es mir, bereits geplante Morde zu verhindern bzw. dass ein millionenschwerer Coup auffliegt. Bleibt aber dennoch die Frage: wer hat Kay Denkert ermordet? Des Rätsels überraschende Lösung findet sich buchstäblich erst auf den letzten Seiten ...
Hier erfahren wir erstmals, wie dieser besondere Fall überhaupt ins Rollen kommt – zu Beginn des 1. Kapitels. Wiederum erzählt Mildred Sox:
„Nein, ich bin kein femininer Philip Marlowe-Verschnitt in deutschen Landen. Auch wenn mein BUREAU OF INVESTIGATION ähnlich spartanisch aussehen mochte wie das des Privat-Detektivs á la Raymond Chandler, dessen Vorliebe für einen BOURBON weltbekannt sein dürfte. Zugegeben - es gab Situationen nach 1990, da stand vor mir eine offene Flasche GOLDKRONE. Nicht, dass mich mein fünfzigster Geburtstag an diesem 16. September 1997 zum Alkohol verleiten würde – aber immer oder zumindest oft war Bruno Halske nicht da, wenn ich ihn brauchte. Ausgerechnet heute mutterseelenallein auf meiner breiten Liege aufgewacht zu sein, das war schon schlimm genug; ich musste ja noch fortwährend in die Küche, um in den Hinterhof respektive Seitenflügel zu äugen, ob Bruno wieder zu Hause war und nur vergessen hatte, sich bei seiner Milli zurückzumelden. Aber alle Fenster seiner Wohnung blieben dicht. Das musste zwar nicht viel besagen, denn Bruno war empfindlich gegen Zugluft. Es brauchte immer etwas Zeit, bis seine Nase ihm riet, wieder Frischluft in sein vermuchtes Hinterhof-Chaos zu lassen ...
Es klingelte. Wie ein verliebter Backfisch stürzte ich aus meinem Büro, jagte über den Korridor und riss die Wohnungstür auf, bereit, mich Bruno an den Hals zu werfen. Gerade noch rechtzeitig bremste ich ab und dachte: Mildred Sox, du bist mitunter doch eine blöde Gans!
„Frau Sox.“
Das klang nicht wie eine Frage, es war eher eine Feststellung. Hätte ich einen Fünfer im Lotto gehabt, ich wäre nicht weniger überrascht gewesen. Karin Roeder mit ihrer getönten Brille löste alles Mögliche in mir aus – Glücksgefühle waren nicht dabei. Da hieß es immer, man solle alte Geschichten ruhen lassen – und das Verhältnis zwischen ihrem Mann und mir lag fast ein Vierteljahrhundert zurück: Die hoffnungsvolle Genossin Absolventin der Humboldt-Uni, Sektion Kriminalistik, und ihr Genosse Vorgesetzter Edwin Roeder, der ein landesweit geachteter Schäferhund-Züchter war und wohl auch noch ist ...
Die Frau vor meiner Wohnungstür war es, die damals unsere Parteigruppe alarmierte und ich verlor Wochen später nicht nur den Geliebten, sondern auch unser gemeinsames Kind in der schmuddligen Hinterhof-Praxis eines Gynäkologen. Zugegeben, die Roeder hatte als Ehefrau und Mutter gekämpft – aber Edwin war wie ein Schlappschwanz zu Kreuze gekrochen. Als ich dann noch mitbekam, dass er kriminell gewordene Kinder der Parteioberen vor Strafverfolgung schützte, um sich nach seiner Degradierung wieder einzukratzen, da wollte ich privat nichts mehr mit ihm zu tun haben.
„Ich bitte Sie um Ihre Hilfe, Frau Sox.“
Der Satz klang weniger fest. Ich tat, als würde ich wegen Karin Roeders Brille die abschätzigen Blicke nicht bemerken, mit denen sie mein Büro taxierte. Bitte, meine Teuerste, dachte ich, wenn das nicht deine Kragenweite ist, dann solltest du schleunigst wieder verschwinden. Für meinen Fünfzigsten konnte ich mir Angenehmeres vorstellen als ein Gespräch mit der Frau eines Ex-Geliebten. Dass unter der Asche noch etwas Glut liegen würde - nach Roeder kamen schöne Jahre mit Rudolf Schnittomeit, dem ich aus Gründen meiner Selbstachtung Anfang der Neunziger das heilige Versprechen abnahm, sich nie wieder bei mir blicken zu lassen. Bruno Halske war der dritte Mann im bisherigen Leben, dem ich erlaubte, allüberall meine Sommersprossen zu zählen und meine grünen Augen zu preisen und meine naturroten Haare zu bewundern. Aber wie gesagt – Bruno war nicht da, um mich vor diesem Besuch zu schützen ...
„Was führt Sie zu mir?“
Ich wusste nicht warum, aber es fiel mir schwer, sie beim Namen zu nennen. Da Edwin sieben Jahre älter war als ich, schätzte ich die Frau auf sein Alter. Ich versuchte, mir ihr Gesicht ohne Mafia-Brille vorzustellen. Und wie recht hatte meine Kosmetikerin, wenn sie meinte, dass man früh genug etwas tun müsse, um altersbedingte Veränderungen zu kaschieren. Andernfalls sähe man eines Tages so alt aus, wie man nie werden würde.
„Wir werden bedroht“, sagte die Roeder, nachdem sie sich vorsichtig in meinen altersschwachen Besuchersessel niedergelassen hatte. „Die Familie meiner Tochter Mandy wird bedroht.“
„Und da kommen Sie ausgerechnet zu mir?“
Sie hatte zu Hause einen Kriminalhauptkommissar am Tisch zu sitzen und kam ausgerechnet in meine Privatdetektei? Karin Roeder drehte am Ehering, als sei der im Augenblick ihr letzter Halt. „Edwin darf davon nichts wissen, Frau Sox. Dass ich hier bei Ihnen bin wegen der Sache mit Kay Denkert. Das ist mein Schwiegersohn, müssen Sie wissen.“
Mich störte, wie vertraulich-familiär der Name Edwin über ihre etwas zu schmalen und blassen Lippen gekommen war. Aber letztendlich war ich als Chefin einer detektei mildred sox auf Publikumsverkehr angewiesen. Hier ermittelt die Detektei Rote Socke, hatten irgendwelche Schmierfinken an die erst im Jahr zuvor renovierte Fassade unseres Mietshauses gesprüht. Mittlerweile konnte ich damit locker umgehen. Ausgerechnet Bruno hatte den Anstoß für red sox geliefert, als er vor unserer gemeinsamen Zeit auf dem Lichtwerbekasten der Detektei die Silbe mild in meinem Namen mit Klo-Papier abgedeckt hatte. Für ein Geständnis hatte sich dieses Schlitzohr damals den besten Augenblick ausgesucht: Bruno lag schwerverletzt im Krankenhaus. Er hatte mir im FALL GUDOW (JANUSGESICHTER, Detektei Rote Socke 1. Band) das Leben gerettet, indem er – bildlich gesprochen - die für mich bestimmte Kugel einfing ...
„Was ist denn mit Ihrem Schwiegersohn?“´
„Das letzte Kabinettstück“ – auch den zweiten, in diesem Newsletter vorgestellten Kriminalroman hatte Hans-Ulrich Lüdemann in der DIE-Reihe (Delikte, Indizien, Ermittlungen) des Verlags Das Neue Berlin veröffentlicht – allerdings erstmals bereits 1977: Luxusstück und Kabinettstück nennt man wertvolle Briefmarken. Wie konnten die Sachsendreier spurlos aus einer Ausstellung verschwinden? Werden sie je wieder auftauchen? Ein Kriminalisten-Team arbeitet fieberhaft an der Aufdeckung dieser Straftat, schließlich sind die Briefmarken ein wichtiges DDR-Exponat einer Philatelie-Ausstellung in Prag. So gesehen, hat der Fall auch eine politische Dimension. Hier ein Blick in die kriminalistische Aufklärungsarbeit vom Beginn des 3. Kapitels:
„Böhni blickte mit unbewegtem Gesicht auf den vor ihm sitzenden Timpe. Aber dessen Redeschwall schien endlich erschöpft. Böhni räusperte sich. „Ich finde es gut, dass Sie gleich so vom Leder gezogen haben, Herr Timpe. Klare Fronten, das geht in Ordnung. Aber manchmal, bitte verstehen Sie mich nicht falsch, kann es auch Bluff sein. Sie reden gleich von Ihren drei Vorstrafen und davon, dass natürlich Sie deshalb von Anfang an verdächtigt würden. Ich will Ihnen nur mal sagen, wie ich über Ihre Auslassungen auch denken könnte.“
„Und wie denken Sie?“
„Ich denke an die Sachsendreier. Katalogwert sechzigtausend Mark. Verschwunden seit knapp einer Stunde, in diesem Haus. Nach Feierabend blieb nur ein kleiner Personenkreis hier. Das Schlüsselbrett hinter Ihnen an der Wand weist es aus. Der Pförtner bestätigte es ebenfalls. Wie gesagt, an den Fingern abzählbar. Nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit ist darunter derjenige ...“ Böhni hielt inne. Abwartend musterte er Timpe. Von den unsteten Augen abgesehen, ist er ein ganz passabler Bursche, fand Böhni. Beinahe ein Frauentyp, einer von der schlanken, zähen Sorte. Stets ein unverbindliches Lächeln. Weiß über Gott und die Welt zu reden. Mehr Schein als Sein. Wenn so einer erst mal auf die schiefe Bahn geraten ist, der Strafvollzug wird ihn kaum ändern. Kommen dort zu viele vom gleichen Kaliber zusammen. Tscha, gehen mit den besten Absichten aus'm Bau — awers dat is so as wie mit de Motten un dat Licht.
„Ich kann nur wiederholen, was ich bereits ausgesagt habe: Nachdem ich die vier Herren bedient habe ...“
„Wieso vier?“, unterbrach Böhni. „Bisher war nur immer von den beiden Scherings und Doktor Bernhardy die Rede!“
„Dann haben Sie Herrn Langneder vergessen. Er ist doch der Chef vom ganzen Unternehmen. Er ist als Erster gegangen. Lange vor Herrn Schering.“
„Und Fräulein Langneder?“
„Fräulein Langneder? Oben im Café war sie nicht!“
Böhni erhob sich und ging zur Tür. Er winkte den stramm dastehenden Denkel zu sich heran und erteilte ihm den Auftrag, auf die Schnelle Langneder herbeizuholen. Vielleicht konnte die Tochter einen Hinweis geben, wo Langneder zu finden war. Denkels Hackenschlagen hörte Böhni nicht mehr. Grimmig stapfte er in die Pförtnerloge zurück. Er dachte an Harald Schering. Der könnte solche Unklarheiten in seinem Werk brauchen. Hauptmann Böhni wandte sich Timpe zu: „Ziemlich verantwortungsvoller Posten, den Sie haben. Kleines Ausstellungscafe ...“
„Das ist nun mal in unserem Staat so. Jeder Gestrauchelte kriegt eine Chance, Genosse Hauptmann.“
Böhni knurrte innerlich. Wenn so einer ihn mit Genosse titulierte, fühlte er sich stets auf den Arm genommen. Was bei anderen Vertrauensbeweis war, hier klang es nach einem plumpen Anbiedern. „Sie hatten also die vier Herren bedient.“
Timpe nickte. „Jeder von uns sah, dass Langneder Peter Schering eine Tasche übergab, bevor er wegging. Keiner nahm davon besonders Notiz, Genosse Hauptmann. Wie gesagt, ich räumte dann ab und machte meine Abrechnung fertig. Dann bin ich ins Lager gefahren, um nach der Ware zu sehen. Am Donnerstagmittag ist nämlich Lieferung, müssen Sie wissen. Und die faulen Säcke“, Timpe stockte, „na ja, die Kollegen stellen alles einfach auf die Rampe statt ins Lager. Wie leicht kann da was verschwinden, Genosse Hauptmann!“
Böhni nickte ergeben. Wenn man Timpes salbungsvollen Ton hörte, war man versucht, ihm Blankovollmachten zu übertragen. Der Wolf im Schafpelz, fiel Böhni ein. Und mit dem Schafpelz die Wolfsjagd. Und mit der Wolfsjagd die Afghanen, die heute Abend im Fernsehen ... Böhni wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. War er urlaubsreif? Warum vermochte er sich nicht auf den Fall zu konzentrieren? Oder fing es damit an? Mit fünfzig, so ging die Rede, war einer als Kriminalist verheizt. Da taugte einer nicht mehr für Unternehmen, bei denen alles abverlangt wurde: körperliche und geistige Frische. Böhni straffte sich. Von wegen! „Reden Sie nur weiter, Herr Timpe!“
„Ich kam dazu, als die Herren gerade Schering aus dem Fahrstuhl trugen. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen. Genosse Hauptmann.“
„Sind Sie vor den Scherings mit dem Fahrstuhl gefahren?“
„Ja.“
„Und wo befindet sich dieses Lager, von dem Sie sprachen?“
„Im zweiten Stock.“
„Im zweiten Stock also“, wiederholte Böhni ohne besondere Betonung, obwohl das Stockwerk bei ihm Gedankengänge auslöste: Im zweiten Stock war der Aufzug stehen geblieben, Harald Schering stieg aus, um zur Toilette nach Wasser zu laufen, hinter ihm kam Dr. Bernhardy. Als sie zurückkehrten, war der Fahrstuhl weg ... „Haben Sie jemanden im zweiten Stockwerk gesehen? Oder haben Sie etwas gehört, Herr Timpe?“
Der Kellner schüttelte den Kopf. „Ich bin, weil kein Fahrstuhl da war, vom Lager aus die Treppe hinuntergegangen.“
„Ihr Weg hat Sie nicht zufällig an einem offen stehenden Fahrstuhl vorbeigeführt, in dem Herr Schering lag?“
Timpe schloss beleidigt die Augen. „Wer einmal aus dem Blechnapf frisst“, seufzte er sichtlich betroffen.
„Die Katze lässt das Mausen nicht“, erwiderte Böhni kalt.
„Ich habe nichts gesehen, nichts gehört, Genosse Hauptmann!“ Zum ersten Mal kippte Timpes Stimme etwas ab. Seine Gereiztheit war nun offensichtlich.
„Wir werden Ihre Bücher prüfen müssen, Herr Timpe. Vielleicht irgendwelche Unregelmäßigkeiten bei den Abrechnungen? Brauchten Sie deswegen Geld? Sagen Sie es besser jetzt. Noch ist Zeit.“
„Wenn Sie mir die Inventur abnehmen wollen, bitte!“
Böhni nickte. Es war klar, dass er von Timpe nichts Wesentliches erfahren würde. Er hoffte, dass die Spurensicherung ihm mehr in die Hand geben würde als vage Vermutungen. Böhni wehrte sich dagegen, Timpe zu verdächtigen. Aber wenn er seine Erfahrungen zu Rate zog? Es stand oft einleuchtend positiv in Statistiken und Artikeln, von wegen Erziehung Gestrauchelter, aber wer die Probleme abzuarbeiten hatte, der wusste es besser.
„Kann ich jetzt gehen?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, stand Timpe auf, nahm seinen kleinen Blumenstrauß und bewegte sich zur Tür.“
Das folgende E-Book „Golo und Logo und Das Sanddorf“ enthält gleich zwei Texte von Jurij Koch – erstmals 1991 erschien „Das Sanddorf“ im Domowina-Verlag und erstmals 1993 „Golo und Logo“ im Alibaba Verlag Frankfurt/Main: Golo und Logo, zwei Jungen aus der Lausitz - ausgestattet mit detektivischer Erfahrung - suchen erst nach einer verlorenen Zahnprothese, dann aber nach den Leuten, die ihren Müll in die Landschaft werfen. Dabei erleben sie manche Überraschungen und Abenteuer. Selten war ein Krimi so spannend und witzig zugleich. Geschrieben für Menschen ab 8, ist diese Erzählung ein altersloses Vergnügen.
Großlieske und Kleinlieske, zwei Dörfer in der Lausitz, müssen der Braunkohle weichen. Alle Menschen aus den Dörfern ziehen nach Neulieske, das nur aus vier Neubaublöcken besteht. In der Mitte befindet sich ein großer Hof, in dem die Kinder ein Sanddorf errichten als Erinnerung an ihre verlorene Heimat. Doch immer mehr Erwachsene kümmern sich um das Spiel der Kinder. Hier der Anfang der Ermittlungen von Golo und Logo, die sich als ziemlich schwierig herausstellen sollen:
„1. Kapitel
Kriminalist Golo angelt. Hockt am Ufer, und das Gras reicht ihm bis an die Ohren. Die Pose schwimmt. Sonst tut sich nichts. Eine Libelle setzt sich auf die Pose, eine Adonis oder Mosaikjungfer. Und ist schon wieder weg. Hat die Pose in Bewegung gebracht.
Der Fluss, an dem Golo angelt, ist ein Graben. Er fließt um einen Hügel herum. Der heißt Winiza. Hügel, Täler und Fluren haben in dieser Gegend slawische Namen. Das liegt daran, dass hier schon immer Slawen gesiedelt haben, vor tausend Jahren die Lusizer, heute ihre Nachfahren, die Sorben.
Kriminalist Golo denkt nach. In letzter Zeit ist es langweilig im Dorf. Weil es keine Fälle zu klären gibt, keinen Diebstahl, keinen Verdacht auf Brandstiftung oder noch größere Schweinereien. Einfach nichts.
Deshalb weiß Golo nicht, womit er sich nach der Schule die Zeit vertreiben soll, wenn er die Schularbeiten erledigt hat und zwei, drei Aufträge für Vater und Mutter. Damit ist er nicht ausgelastet. Golo nicht.
Eigentlich heißt er Golowa. Benito Golowa, falls der richtige Name interessiert. Der kommt von Glowa, also Kopf. Einige sagen auch von Kolowa, also Hose, aber genau weiß das keiner. Golo ist es egal, wovon sein Name abgeleitet ist. Er hat beides, Kopf und Hose.
Die Hose wird er sich gleich bespritzen, wenn er den Fisch aus dem Wasser zieht. Die Pose hat sich bewegt, verschwindet sogar unter Wasser. Golo erhebt sich aus dem Gras und greift nach der Rute. Er hat einen Fisch an der Angel, einen Barsch. Man sieht es gleich. Der Barsch zappelt und bespritzt Golos Hose. Was nicht weiter schlimm ist. Schlimmer ist, dass der Fisch untermäßig ist. Noch schlimmer, dass gerade in diesem Augenblick Logo naht.
Logo ist Golos Freund. Ein dünner großer Junge. Übermäßig, könnte man sagen. Also das Gegenteil von Golos Fisch. Kommt daher, als wäre er soeben vom Himmel gestürzt, die blonden Haare aufgerichtet vom Gegenwind. Nicht selten taucht Logo unerwartet auf. Meistens freut sich Golo darüber, aber manchmal ärgert es ihn auch.
Golo weiß, was Logo sagen wird. Deshalb beeilt er sich mit dem Barsch. Der Haken sitzt fest. Er will dem Fisch nicht wehtun. Was hab ich gesagt? denkt Golo, als er hört, was Logo sagt:
„Ist der erste Fisch ein Barsch, ist der Angeltag im Arsch.“
„Genau.“
Golo wirft den Fisch zurück in den Graben. Unter dem Wasser blitzt er noch einmal auf. Dann ist wieder alles wie vorher. Sogar die Libelle kommt zurück und sucht nach der Pose.
„Was machen wir?“, fragt Logo.
„Ich weiß nicht“, antwortet Golo.
Das ist zunächst die ganze Unterhaltung.
Die beiden würden gern etwas unternehmen. Man kann es ihnen ansehen, wie sie so am Ufer des Grabens herumstehen. Ein richtig heißer Fall. Das wäre was! Wie damals, als allen im Dorf vor Aufregung die Ohren glühten.
Ungefähr dreihundert Meter entfernt führt die Straße ins Dorf, auf der Autos und andere Fahrzeuge rein- und rausfahren. Die Autos sind von hier aus nur zu hören, weil zwischen dem Graben an der Winiza und der Dorfstraße ein Maisfeld liegt. Wenn die Fahrzeuge groß genug sind, sieht man von ihnen ein Stück vom Fahrerhaus oder von der Ladung gleichsam schwebend über dem Maisfeld vorbeiziehen.
„Guck mal!“, sagt Logo.
Golo dreht seelenruhig die Schnur ein. Eigentlich interessieren ihn die fliegenden Dinge über dem Maisfeld nicht, aber ein letztes Mal kann er ja hinschauen. Über dem Maisfeld bewegt sich ein Schaukelstuhl. Schaukelt und fährt ostwärts, verschwindet hinter den Mauern und taucht noch einmal für Sekunden in einer Lücke zwischen den Häusern auf. Dann ist er weg.
„Wie das ausgesehen hat“, sagt Logo.
„Wenn auf dem Stuhl noch jemand gesessen hätte“, spinnt Golo und hat die Schnur endlich eingedreht.
„Eine Oma zum Beispiel.“
„Mit der Zeitung in der Hand.“
Den beiden fällt noch eine Menge dazu ein. Zum Beispiel hätte die Oma während der Fahrt stricken und das Wollknäuel verlieren können. Ein Überschlag wäre denkbar, weil das Auto in ein Schlagloch gefahren ist. Golo und Logo wissen noch nicht, dass der Schaukelstuhl, der eben über das Maisfeld geflogen ist, der Anfang einer großen Geschichte werden soll. Eines Falles nämlich, an dem sie sich die Zähne ausbeißen werden.
Zunächst trotten sie nach Hause und haben den Schaukelstuhl längst vergessen. Eigentlich müsste Logo rechts abbiegen. Aber er macht einen Umweg. So kommen sie am Feierabendheim vorbei, dem ehemaligen Schloss des Grafen von Wackerbart, der aber als Wackelbart in die Geschichte eingegangen ist, falls er dort überhaupt etwas zu suchen hat.“
Erstmals 1998 erschien im Mitteldeutschen Verlag Halle – Leipzig der Kriminalroman „Der graue Mann“ von Jan Flieger: Es geschah in der Stille eines Sonnabends. Mittagsschwere liegt noch auf den Grundstücken; Angler sitzen in ihren Booten, weit draußen auf dem See; von ferne her tönt hin und wieder Motorengeräusch; Spaziergänger sind unterwegs rund um den See. Aber keiner sieht etwas oder hört einen Schrei. Am Sonntagmorgen erst wird die fünfzehnjährige Susanne Schirmer gefunden: tot und halbnackt. Hauptmann Kellermann und sein Team beginnen zu ermitteln. Sie arbeiten fieberhaft. Erste Fingerzeige enthält ein Tagebuch der Ermordeten. Aber wer verbirgt sich hinter den Buchstaben E., M., K. und H.? Und warum hat Vater Schirmer bei der ersten Vernehmung das Tagebuch nicht erwähnt? War der Täter ein dem Opfer völlig Unbekannter? Geschah der Mord im Affekt, ein Verbrechen ohne Motiv? Jan Flieger zieht den Leser in den Bann der Frage: Wer ist der Täter? und lässt ihn die Ermittlungsarbeit einer Morduntersuchungskommission miterleben. So wie in dem folgenden Textausschnitt:
„Das Bild einer Toten
Kellermann hörte seine Schritte auf dem Trottoir.
Sein Mund war trocken, und seine Zunge fühlte sich wie zähes Leder an.
Den Wind im Rücken, ging er weiter auf dem Bürgersteig.
Kellermann hatte Appetit auf einen Korn.
Wie ein graues Zelt sah er den Himmel über sich.
Langsam, wie man ein Puzzle zusammenfügt, entstand das Bild des Mädchens. Es gab allerdings Widersprüchliches in den Aussagen über sie. Was hatte der Vater gesagt? Sie sei zurückhaltend, bescheiden und gehe noch nicht mit Jungen, ein „anständiges“ Mädchen. Ihr Klassenlehrer schätzte sie gleichfalls als zurückhaltend ein, sie sei ruhig, warte immer auf Anstöße, suche nicht selbst das Gespräch, warte ab.
Und was sagte die Freundin?
Die Jungen gucken ihr nach. Klar. Aber sie spielt nur mit ihnen. Ehrlich. Reizen, ja. Ihr Vater denkt, sie ist eine Heilige. Ein altmodischer Knacker. Was sie an dem hat? Der denkt tatsächlich, sie hat keine Freunde. Bei dem sind Jugendliche alle schlecht, durch die Bank weg. Na und mit ihrer Mutter. Da hör'n Sie bloß auf. Der Freund will immer ins Bad, wenn Susanne sich wäscht. Geiler Bock. Hat doch die Mutter, der Clown.
Freunde?
Ja, hatte sie immer. Zuletzt einen mit 'ner roten Jawa.
Den Namen?
Weiß ich nicht. Wegen dem hat sie dem letzten endlich den Laufpass gegeben.
Wer das ist?
Panzer oder so heißt er. Auch so'n verklemmter. Wird noch rot, wenn man ihn nur anglotzt. Mit dem konnte sie alles machen. Kein Mann. Ehrlich!
Adresse?
Weiß ich nicht. Ein beknackter Kerl. Muss doch merken, wenn er abgegessen hat. Is' eben scharf auf sie. Ich kann ihn beschreiben.
Wie sie so war? Nabelte sich manchmal ab. Aber sonst dufte.
Ob sie auf ältere Männer steht? Nein, sie macht höchstens mal einen scharf. Nur so, zum Spaß. Da war mal einer, der wollte sie abholen von der Schule. Aber sie ist nicht eingestiegen. Den hat sie vielleicht abfahren lassen. So'n alter Knacker wie ihr Vater.
Was sie an ihrem Vater hat, weiß ich nicht. Wie die sich angestrengt hat, dass sie zu ihm konnte. Also ich weiß ja nicht. Aber gehalten hat der immer zu ihr, wenn es Streit mit seiner Freundin wegen Susanne gab. Ehrlich. Er hat Susanne ganz anders gesehen, als sie wirklich war.
Das mit dem Bungalow an dem See habe ich erst gar nicht gewusst. Wir hatten einen kleinen Streit. Wie's mal so is'. Aber als dann das passiert ist. Furchtbar. Ich war richtig geschockt. So was mit der Susanne. Nee ...
Sie könn' ja mal in ihr Tagebuch gucken.
Kellermann horchte auf.
„Ein Tagebuch?“, fragte er hastig.
„Na klar. Das hatte sie mitgenommen, als sie zu ihrem Vater zog. Aber lesen durfte er es nicht. Das war immer im Schulranzen. Also, wenn der Spießer das gefunden hätte.“
Diese letzte Information der Freundin war eine Entdeckung. Schirmer musste doch das Tagebuch gefunden, es ihnen aber nicht ausgehändigt haben?
Warum verbarg er es?
Er musste es haben. Bei der Durchsuchung des Zimmers war es nicht gefunden worden.
Ergab das, was sie nun wussten über Susanne, schon ein Bild des Mädchens? Ein Bild, das ihnen weiterhalf?
Das Tagebuch konnte der Schlüssel sein für das Mädchen Susanne, und die Hoffnung bestand sogar, dass sie den Täter erwähnte.
Er musste zu Schirmer.
Sie saßen im Besprechungszimmer des VEB Motex.
„Was wollen Sie mit dem Tagebuch?“, knurrte Schirmer aggressiv.
„Na, hören Sie, Herr Schirmer. Wir fragen Sie nach allem, was uns weiterhelfen kann, und Sie verschweigen uns etwas sehr Wichtiges.“
„Sie haben mich nicht danach gefragt.“
„Aber Sie haben es gefunden?“
„Jungmädchenquatsch!“, stieß Schirmer zwischen den Zähnen hervor.
„Das Urteil können Sie uns überlassen, Herr Schirmer. Ich brauche es. Jetzt.“
„Was wollen Sie mit dem Tagebuch machen?“
„Lesen, Herr Schirmer. Wir lesen es vielleicht anders als Sie. Uns hilft ein Staubkorn in unserem Beruf.“
Schirmer blickte finster. „Ein Tagebuch ist eine persönliche Erinnerung. Es ist etwas ganz Privates, Intimes. Der Gedanke, dass es von Hand zu Hand geht, wäre mir unerträglich.“
„Aber es könnte auch ein Beweismittel sein, Herr Schirmer. Es könnte der Aufklärung dieses Verbrechens dienen.“
Schirmer stieß den Stuhl zurück. »Bitte!«, sagte er nun. „Aber ich kann nicht sagen, dass mir die Sache gefällt.“
Kellermann zuckte die Schultern, als wollte er sagen: Denken Sie, mir gefällt es?
„Wie lange wollen Sie ermitteln?“, knurrte Schirmer. „Der Tag hat vierundzwanzig Stunden“, antwortete Kellermann. „Und die arbeiten wir manchmal durch.“ Im Auto sprach Schirmer kein Wort.“
Auch im weiteren Verlauf der spannenden Handlung können die Leserinnen und Leser den Kriminalisten bei ihren schwierigen Ermittlungen gewissermaßen über die Schulter sehen. Werden sie den Täter finden? Es scheint allerdings komplizierter als gedacht.
Aber auch in den anderen Krimi-Angeboten des heutigen Newsletters geht es spannend zu, sehr spannend sogar. Schließlich geht es um einen zweiten Mord und um den Verlust einer philatelistischen Kostbarkeit.
Viel Spaß bei den Ermittlungen und beim Lesen, weiter eine schöne Adventszeit und bis demnächst.