„Der echte Kleinekorte betrieb dereinst in meiner Heimatstadt Brandenburg einen Branntweinausschank. Auch der Name Kafforke ist nicht ganz erfunden. Kafurke hieß ein Gehilfe in dem für damalige Verhältnisse geradezu vornehmen Salon Wallik. Der lag genau gegenüber dem Eulenspiegel Verlag in der Berliner Kronenstraße. Und dort ließen sich sogar hohe Staatsfunktionäre die Haare schneiden, zum Beispiel der Präsident der Akademie für Landwirtschaftswissenschaften Prof. Dr. Stubbe.“ Im Übrigen beginnen alle Kleinekorte-Geschichten mit „Nehmse Platz, Herr Jeheimrat! Was gibsn Neues aufm Bau? Wieder Nachtschicht gehabt?“
„Die Würde der Ratten. Leben im deutsch-deutschen Alltag“ von Hans-Ulrich Lüdemann, 2013 erstmals als Eigenproduktion von EDITION digital erschienen, kommt wie ein Krimi daher, thematisiert aber spannende deutsch-deutsche Geschichte aus dem Jahre 1988 – also kurz vor der Wende. Zu den Mitspielern gehören ein in den Westen geflohener Chirurg, der Witwer einer wegen unterlassener Hilfeleistung verstorbenen Blinddarm-Patientin eben jenes Mediziners und auch die Stasi, die schon vor Jahren einen Maulwurf im Westberliner Flüchtlingsaufnahmelager Marienfelde installiert hatte.
Als Eigenproduktion von EDITION digital legte St. Harmann 2014 seinen Erotikthriller „Sie liebt ihn zu Tode, 1. Teil. Abitur mit Bestnoten - Sprungb(r)ett in die Prostitution“ vor: Zu Beginn ist eine junge Frau nicht nur nicht willens, nach der Pfeife ihres herrischen Vaters zu tanzen. Der Vater hat eine scheinheilige fromme Welt um seine Familie aufgebaut und richtet alles darauf aus, dass auch seine Töchter nach seinem Willen funktionieren. Er selbst dagegen erlaubt sich alle Freiheiten und setzt mit seinen Weibergeschichten ohne Skrupel die Familie aufs Spiel. Doch dann beginnt die älteste Tochter zu rebellieren …
Um eine andere, wirklich ganz andere Art von Rebellion geht es in „Schau auf die Erde – Der Flug des Falken. Drittes Buch: Der lange Weg der Erkenntnis. Die rebellische Jugend des Friedrich Engels“ von Walter Baumert, das erstmals 1981 unter dem Titel „Schau auf die Erde“ im DDR-Verlag „Neues Leben Berlin“ und gleichzeitig unter dem Titel „Der Flug des Falken“ im Weltkreis-Verlag Dortmund in der damaligen Bundesrepublik erschienen war. Ein seltener verlegerischer Vorgang zu Zeiten der beiden deutschen Staaten.
In diesem dritten Teil der Biografie des jungen Friedrich Engels geht es um seinen Militärdienst als Einjährig-Freiwilliger ab September 1841 bei der Garde-Artillerie-Brigade in Berlin und um seine Ankunft in England. Im November 1842 war er über Köln – wo er bei einem Redaktionsbesuch der Rheinischen Zeitung erstmals Karl Marx persönlich begegnete – nach Manchester gereist, wo er im Stadtteil Chorlton-on-Medlock wohnte, um seine kaufmännische Ausbildung in der seinem Vater und dessen Partner Ermen gehörenden Baumwollspinnerei Ermen & Engels zu vollenden.
Und damit sind wir wieder beim aktuellen Beitrag der Rubrik Fridays for Future angelangt. Jede Woche wird an dieser Stelle jeweils ein Buch vorgestellt, das im weitesten Sinne mit den Themen Klima, Umwelt und Frieden zu tun hat – also mit den ganz großen Themen der Erde und dieser Zeit. Heute erinnern wir uns an die Zeit des kalten Krieges, der nicht lange nach dem Ende des heißen Krieges begann. Die westlichen Alliierten wandten sich gegen die Sowjetunion. Ein neuer Feldzug gegen den Kommunismus nahm seinen Anfang.
Erstmals 1956 veröffentlichte Wolfgang Schreyer in der Reihe „Das neue Abenteuer“ des Verlags Neues Leben Berlin den spannenden kleinen Roman „Schüsse über der Ostsee“: Der Autor beschreibt einen Spionageflug vom Hauptquartier der US-amerikanischen Luftwaffe in Europa in Wiesbaden, der bei einem Flottenmanöver der sowjetischen Seestreitkräfte im Jahre 1950 deren Stand der Technik erkunden soll. Was Hauptmann Herz wirklich mit seiner Crew tun soll, erfährt er aus einem geheimen Dokument, das er erst öffnen darf, wenn ihm das absolute Funkverbot keine Rückfrage mehr erlaubt.
Wird er weisungsgemäß das lettische Libau überfliegen, den Hafen fotografieren und das Leben der Besatzung aufs Spiel setzen? Dem Oberkommando und den Aktionären der Flugzeugindustrie käme ein Abschuss gerade recht.
In dieser eindringlichen Leseprobe aus Wolfgang Schreyers "Schüsse über der Ostsee" finden wir uns inmitten einer angespannten Situation im Hauptquartier der US-amerikanischen Luftwaffe wieder. Während die Vorbereitungen für eine geheime Mission unter strengster Diskretion voranschreiten, offenbaren die Gespräche der beteiligten Offiziere die komplexe Verschleierung und die politischen Manöver, die hinter den Kulissen ablaufen.
„Was ist das da für ein Geschwätz nebenan?“
„Oberstleutnant Markey hat dort eine Unterredung mit dem Presseoffizier, Oberst.“
„Aha“, sagte Hillman angewidert. „Bitten Sie den Oberstleutnant zu mir, sobald er damit fertig ist.“
Der Ordonnanzoffizier ging; er öffnete die bisher angelehnte Verbindungstür zum Nebenzimmer halb und schlüpfte hinein. Hillman erkannte nun Markeys Stimme. „Wenn die Burschen nachher anrufen“, hörte er ihn sagen, „dann hämmern Sie ihnen folgendes ein: Erstens, unsere Maschine war nach Kopenhagen bestimmt; zweitens, der Flugauftrag lautete dahin, über der Ostsee meteorologische Untersuchungen anzustellen; drittens, sie war unbewaffnet; viertens, sie konnte nach den strengen Vorschriften, die für solche Flüge bestehen, gar nicht bewaffnet sein; fünftens, die Besatzung bestand aus hervorragenden Piloten, die den Luftraum genau kannten und sich keinesfalls verflogen haben können. Haben Sie das, Bill?“
„Yes, Sir. Es war eine ,Superfestung‘, nicht wahr?“
„Sagen wir lieber, eine ‚Privateer’ (privateer = Kaperschiff). Die beiden Typen sehen sich zum Verwechseln ähnlich.“
„Ich verstehe“, sagte der Presseoffizier. „Die ‚Privateer’ ist ein Marineflugzeug; jedermann wird glauben, dass es nur über offener See operiert haben kann.“
„’Fliegende Festung' wäre jedenfalls schlecht, Bill. Es klingt zu gefährlich, hört sich gar nicht nach fehlender Bewaffnung an. Also psychologisch falsch. ,Privateer’ klingt relativ harmlos für den, der nicht Englisch spricht.“
„Wird es ein Fall von internationalem Format, Oberstleutnant?“
„Wait and see (soviel wie: Abwarten und Tee trinken).“
„Die Presse wird gierig auf Einzelheiten sein!“
„Geben Sie ihnen unsere paar Tipps, Bill. Das übrige machen die Burschen ganz allein.“
Oberstleutnant Markeys massige Gestalt erschien im Türrahmen. „Guten Morgen, Oberst“, rief er zur Begrüßung. „Schon so früh auf den Beinen? Unsere Befürchtungen scheinen sich nun leider zu bestätigen; Sie wollten mich sprechen?“
„Wir müssen - sofort - Rettungsmaschinen entsenden“, stieß Hillman abgehackt heraus.
„In Ordnung“, erwiderte Markey, und die Fettpolster seiner Backenknochen verschoben sich zu einem schwachen, verschmitzten Lächeln. „Besinnen Sie sich noch auf das, was wir gestern besprachen? - Zwanzig Suchmaschinen stehen bereit.“
In der humorvollen Erzählung „Herrensalon W. Kleinekorte“ von C.U. Wiesner tauchen wir ein in die Welt des charmanten und witzigen Friseursalons, wo der Protagonist in einer unterhaltsamen Weise die Tücken und Kuriositäten des Alltagslebens reflektiert. Die folgende Leseprobe verspricht eine amüsante und scharfsinnige Betrachtung der sich wandelnden Gesellschaft und ihrer Gewohnheiten, eingebettet in die alltägliche Interaktion zwischen Friseur und Kundschaft.
Nehmse Platz, Herr Jeheimrat! Was gibsn Neues aufm Bau? Wieder Nachtschicht gehabt? Am besten, Sie stehn gleich wieder auf und jehn zwei Schritte nach links. Da hängen die frischen Kittel, bindense sich gleich einen um, und hinterher stellense sich den Stuhl in die gewünschte Weise ein. Kamm und Schere sehnse vor sich liegen, und denn fangense gleich an. Quatsch, ick leide nicht an Rheuma, ick mach bloß auf modern und stuckeriere mein Laden auf Selbstbedienung um. Na, nu lassense man schon, an einen alten Stammkunden soll man sich nicht mit Experimente vergreifen, sonst geht es Ihnen noch so wie neulich mein Sohn, den Schemiedokter. Wenn er seine ollen Eltern in Berlin besucht, denn lasst er sich meistens was Besonderes einfallen. Diesmal wollte er mit uns nachs Ermelerhaus piekfein essen fahren. Nehmse mal den Kopp ’n bißken runter!
Unterwegs fallt ihm ein, desser nicht mehr jenuch Benzin in sein Wartburch drinne hat. Also ran anne Tankstelle inne Prenzlauer. Aber da is nu auch schon Selbstbedienung. Ick versteh ja nu jar nischt davon. Unse Ottchen hat nu mächtig an den Schlauch mit die Zappenpistole rumjezuppelt, bis da endlich wat rauskam, und denn lief es so schnell und über sein juten Anzug, deß ick rasch meine Zijarre ausgemacht habe - da hätte ja dis jrößte Unglück passieren können. Zum Schluss hat er sich noch mit die Hände den Schweiß vons Jesicht jewischt, und der Schlauch muss woll zimmlich dreckig jewesen sind. Jedenfalls hamse ins Ermelerhaus jesagt, Leute mit Berufskleidung dürfense nicht reinlassen. Zuerst wollt ick ’n Mordskrach schlagen, aber Muttern meinte, dis is hier wirklich ’n jutes Restorang, nicht sone Selbstbedienungsfresse, wo der Dreck und Speck von die letzten Jäste noch auf die Spree-à-la-carte-Platte kleben tut, und unsern Bengel war sowieso die Laune versaut.
Anne Seiten nehm ick ’n bißken raus, wa?
Da sind wir ebent nach Hause jefahren, und Muttern hat uns Stullen jemacht und selbsteinjelegten Brathering dazu. In diese Beziehung is Muttern noch janz von die alte Schule, nicht etwa, deß jeder selber an Kühlschrank jehn dürf - Muttern macht jeden sein Abendbrotteller eijenhändig zurechte. Die Selbstbedienung, meintse, verdirbt alle juten Sitten, und im Jrunde hat der Kunde fürs selbe Jeld die janze Arbeit alleine, auch wenn se die Leute dis Gejenteil einreden wollen. Wie Otton und icke ihr grade noch von die Fortschritte von unsern Handel und Wandel überzeugen wollen, kloppts draußen. Steht Fritze Ladenthin da und murmelt völlig verstört, se ham ihm die neue Schrankwand jeliefert. Wat denn, sag ick, du freust dir woll jar nicht? Jeliefert, meint er, aber nicht aufjebaut. Die Männer konnten man jrade noch im Wechrennen dis Trinkjeld auffangen und Fritzen zurufen, mach dir man ne frohe Bastelstunde, Opa! Wackelnse doch nicht so mitten Kopp, nee, ick meine Ihnen, Herr Jeheimrat!
Oder glauben Sie etwa, der Möbelkunde hätte nicht auch sein Recht auf Selbstbedienung? Und bedient waren wir würklich nach drei Stunden, wie wir Fritzens Schrankwand noch immer nicht zusammenjefummelt hatten. Da passte nämlich nur jeder zweite Stecknüppel, und die Schrauben waren entweder zu lang oder zu kurz. Fritze wollte schon die Axt ausm Keller holen, aber ich bin ihm jrade noch in Arm jefallen und hab jesagt, wenn er Feuerholz braucht, soll er man lieber in Wald fahren. Da hat der Förster bestimmt ’n paar hundertjährige deutsche Eichen zur Selbstbedienung stehn lassen. Denn zahlt der Bürger Eintritt, kriegt ’n kleines Hackebeilchen inne Hand jedrückt und dürf nach Herzenslust losdreschen.
Aber bei Ladenthin isses noch gutjegangen. Ick hab an andern Tag Herrn Dabberkau zu ihm hinjeschickt, der is jetzt bei de Post, weil er als Tischler nicht jenuch verdient hat. Bei de Post verdient er zwar auch nicht ville, aber er schont seine Kräfte und kann nach Feierabend die Leute noch Regale bauen oder ihnen die Schrankwände richtigmachen. Die Nüppel musste er alle von Hand nachdrechseln, mit Trinkjeld kostete dis fuffzig Mark - ohne Essen und Trinken, aber dafür hat er intressant erzählt. Die Selbstbedienungspostämter sollen ein sagenhafter Erfolg sein, da sparense nicht bloß die Postanjestellten, da sparense sojar die Postkundschaft ein, weil se damit die meisten Leute dis schöne alte Posterlebnis völlig verekelt ham. Und in die Außenbezürke isses noch ville schöner. Da kriegense kein Päckchen mehr, sondern bloß noch ’n Schlüssel mit ne Nummer. Und denn könnense abends im Dustern mitte Taschenlampe lossocken und Jeheimdetektiv spielen, bis Se endlich rausjekriegt haben, in welche Boxe der jute Osterhase vonne Post die Eier verstochen hat. Ich sage zu Dabberkau, ihr macht euch die Arbeit noch ville zu komplessiert. Am besten, ihr stellt auf den jroßen Parkplatz vorm Ostbahnhof lauter Busse hin, wo nach Leipzig, Rostock oder Pankow fahren, und denn kann jeder seine Briefe oder Pakete gleich selber an die richtige Adresse bringen. Dis ham wir auch schon erwogen, meint er, aber es scheitert an die Auslandssendungen. Wenn einer nach Moskau oder nach Neu-Dehli schreibt, denn hat sein Betrieb zuville Ausfallstunden. Tschuldigense, dis is bloß ’n Kratzer, ick jeh gleich mitten Blutstüller rüber.
Unter uns gesagt, dis is jar kein Argument, da brauchense bloß die Maschinen inne Betriebe unterdessen auf Selbstbedienung laufen lassen, aber so weit isses woll noch nicht mit die Automaten. Wissense, es wird ja immer dienstliche Leistungen geben, wo ebent nicht wie ne Maschine funksjonieren, oder können Sie sich vorstellen, dass eines Tages inne Kaufhalle ein Roboter anne Kasse sitzt und fragt: Hamse nicht zwei Mark siebenunddreißig passend? Und denn noch zehn Minuten ohne heiß zu laufen wartet, bis son olles Muttchen die Fennige aus ihr Portmonneh jekratzt hat. Wenn ick Automaten höre, kommt mir sowieso die Jalle hoch. Fahr ick mitte S-Bahn. Alle Schalter zu. Alle Automaten kaputt. Bis auf einen, und in den muss ick ’n Fuffziger reinstecken statt zwanzig Fennige - oder schwarzfahren, aber dis hab ick mein Leben lang noch nicht jemacht. Aber soll ick nu die Reichsbahn dreißig Fennige schenken? Nee, also was mach ick? Statt drei Stationen fahr ick sechse und wieder zurück bis Zentralviehhof, aber wen seine Zeit kostet die Selbstbedienung? Den Kunden seine.
Und dis grassiert immer mehr um sich. Herr Kafforke kriegt neulich 'n Rappel und will als ältere Jugend auch mal einen flottmachen. Ich sage noch warnend, hütense sich vor die heutige Tanzmusik, Sie brauchen nicht etwa denken, die Musiker hängen die Instrumente samt Klavier irjendwohin, und denn kann jeder, wem der Radau nicht passt, sich selber seinen Walzer oder Tango spielen. Quatsch, sagt er, ick jeh doch in Clärchens Ballhaus, da isses noch richtig mit Jespräche und so. Andern Tags kommt er völlig zerknittert in Laden. Da war nämlich auch schö'n Selbstbedienung, aber bloß für die Weiber, nämlich verkehrter Ball.
Wenn icks mir so richtig überlege, is die Idee doch nicht so verkehrt, mir mit mein Herrensalong an den Zug der Zeit ranzukoppeln. Ick lege alles hin, was zus Haareschneiden jehört. Herr Kafforke setz ich anne Kasse, weil er sowieso ’n bißken langsam is. Die Trinkjelder kommen in eine Extra-Zahlboxe, und ick lass mir Industriefernsehn legen. Denn kann ich in Ruhe inne jute Stube auf Soffa sitzen, ’n Töppken Kaffe trinken und auf mein Manitou beobachten, wie sich der Kunde in Laden lauter Treppen schneidet. Macht zweifuffzig. Und bei Selbstbedienung jenausoville, denn die Post und der Minol machens ja auch nicht billiger!
In der folgenden Leseprobe aus Hans-Ulrich Lüdemanns "Die Würde der Ratten" wird eine intensive Unterhaltung zwischen Haider und dem jungen Norbert entfaltet. Während Haider versucht, die Wahrheit hinter Norberts Erzählungen zu entwirren, offenbart sich ein komplexes Geflecht aus jugendlichem Leichtsinn, Familienkonflikten und den möglichen Schatten einer größeren Intrige. Diese Szene gibt Einblick in die Charaktere und ihre persönlichen Kämpfe, eingebettet in ein spannendes soziales Drama.
In diesem Augenblick beschließt Haider, heute oder morgen die angegebene Unfallstelle aufzusuchen. Der Junge ist ihm einfach zu impulsiv, als dass er sich ein Lügengespinst gewoben hätte.
„Ein bannich Mess is dat!“, flucht Norbert plötzlich ungehemmt. Und er meint nicht das Essen oder irgendein Problem mit den Gipsverbänden; seine Situation überhaupt scheint damit umrissen.
„Werd erst einmal wieder gesund - alles andere danach wird schon nicht den Kopf kosten, mein Junge“, sagt Haider. Ihm gefällt die direkte Art des Sechzehnjährigen.
„Mein Bruder kam als erster angetanzt - o Mann!“ Norbert stöhnt erinnerungsträchtig auf. „Hat der mir vielleicht eine Ansage gemacht! Mein lieber Scholli!“
„Hattest getrunken?“ Haider zieht die Augenbrauen hoch. In dem Fall würde er kaum noch Mitleid haben. Er hat zu viele Opfer betrunkener Autofahrer in seinen Dienstjahren sehen müssen.
„Quatsch!“, fährt Norbert auf. „Weil ich seine Karre gefahren habe! Um anzugeben vor den Kumpels. Für die 250er hab' ich noch keine Pappe. Ich HIRNI! Der Unfall ist das eine - dafür krieg' ich auch noch welche eingeschenkt. Schiet! Deswegen bin ich doch extra durch den Wald ...“
Haider betrachtet nachdenklich den vor ihm liegenden jungen Mann. Das letzte Argument scheint ihm besonders einleuchtend zu sein. Auf der Transitstrecke hätte Norbert eine Verkehrskontrolle befürchten müssen.
„Nehmen wir einmal an, mein Junge, dass es stimmt, was du behauptest. Dann lügen die beiden, die dich an dieser Kurve hier“, Haider tippt mehrmals auf die Landkarte, „neben dem verbeulten DACIA gefunden haben wollen.“
„Logo!“, bestätigt Norbert.
„Du hast Nerven!“, sagt Haider. „Als wäre es die natürlichste Sache der Welt, dass zwei Bürger einen Verletzten vom Unfallort samt Motorrad zur Klinik schaffen, nicht ohne ihm vorher Erste Hilfe zu leisten. Und aus Jux, weil sie einen DACIA mit zerbeulter Tür am Wegesrand stehen sahen, legen sie einmütig falsch Zeugnis ab ohne ersichtlichen Grund?!“
„Die haben eben auch Dreck am Stecken, Herr Hauptmann!“, erklärt Norbert mit der ihm eigenen Logik. „Diesen Typen möchte ich gegenübergestellt werden, Herr Hauptmann. Das kann ich verlangen!“
„Nun halt mal die Luft an. Sei froh, wenn du da wieder heil rauskommst. Das hier ist kein Film, bei dem einer am Ende sich vom Klappstuhl erhebt und in aller Ruhe ein Bierchen trinken geht ...“
In "Sie liebt ihn zu Tode, 1. Teil" von St. Harmann werden Kommissar Rossmann und seine Kollegin Hagen zu einem grausamen Tatort gerufen, der sie tief in die Abgründe menschlicher Verfehlungen führt. Die Entdeckung von vier Leichen in einer Villa wirft sofort zahlreiche Fragen auf. Während sie die Spuren sichten und versuchen, die Puzzleteile zusammenzusetzen, offenbart sich ihnen eine komplexe Geschichte, die weit über einen gewöhnlichen Mord hinausgeht:
Der hässliche Piepton seines Handys holt Kommissar Rossmann aus dem Schlaf.
Aus einer kratzigen Frauenstimme am anderen Ende der Verbindung vernimmt er: „Kommissar Rossmann, ich rufe Sie zu einem Einsatz. In der Rudolf–Hess–Straße fünf wurden vier Leichen entdeckt! Ich steh schon vor Ihrer Haustür.“
Mit einem dicken Frosch im Hals antwortet Kommissar Ewald Rossmann: „Okay, nur ’ne Minute, ich komme gleich runter!“
Verschlafen, torkelnd steigt er aus dem Bett und schlürft auf seinen Latschen in Richtung Bad. Unter der Dusche überlegt er, wo diese Rudolf-Hess-Straße eigentlich liegt. Das ist doch ein Villenviertel? Da wohnen doch nur gut betuchte Leute.
Er steigt in die Hose, als er wieder die Hupe hört. Seine Kollegin, diese Hagen, hat es dieses Mal aber wirklich eilig. Er greift sich noch schnell einen Keks und lässt die Tür laut ins Schloss fallen. Der Kaffee fällt heute aus. Gleich zwei Stufen auf einmal nimmt er die Treppe nach unten.
Es nieselt. Er steigt in den Wagen und murmelt mürrisch: „Morgen!“
„Morgen Kommissar!“, erwidert Kommissarin Hagen und fährt los.
*
Zwanzig Minuten später steigt er mit Kommissarin Hagen die Treppe zu einer Villa hoch. Der Polizist an der Tür erkennt sie beide. Er grüßt mit Handzeichen und lässt sie durch die Absperrung.
Eine Kollegin von der Spurensicherung begrüßt sie schon in der Empfangshalle und sagt: „Kollegen, das ist dieses Mal eine ganz üble Sache!“
Kommissar Rossmann: „Wird schon nicht so schlimm sein!“
Er und seine Kollegin folgen der Frau von der Spurensicherung. Er sieht auf einer Sitzgruppe zwei blutüberströmte nackte Männer liegen. Am Kamin liegt rücklings ein völlig nackter Mann. Schon von hier erkennt Rossmann Einstiche in der Brust des Toten. Rossmann bleibt fassungslos stehen. So etwas hat er schon lange nicht mehr gesehen.
Kommissarin Bettina Hagen hält sich an den Toten nicht weiter auf und folgt der Frau. Neben einer Tür zur Terrasse sitzt die nächste nackte männliche Leiche.
Dann betreten sie ein Bad. Dort versucht ein Notarzt einem offensichtlich bewusstlosen Mann neues Leben einzuhauchen.
Die Kollegin von der Spurensicherung erklärt ihr: „Er wurde schlafend mit einem Eispickel in der Hand von der Haushälterin der Gutenbergs gefunden. Er war bis jetzt nicht wach zu kriegen! Schau, der Mann ist voller Blut!“
Kommissar Rossmann hat die Frauen erreicht und bemerkt: „Na dann ist der Fall hier klar. Die Männer haben sich gestritten und er hat sie alle abgestochen!“
„Ein nackter besoffener Mann haut so gezielt auf die anderen Männer ein? Mindestens ein Stich ging immer ins Herz der Männer. So einen Quatsch glauben Sie? Ich habe im Vorbeigehen auf einem Glas Lippenstift gesehen. Eine oder mehrere Frauen müssen hier gewesen sein!“, widerspricht Bettina Hagen dem Kommissar und zeigt dabei auf ein Glas mit deutlichen Spuren von knallrotem Lippenstift.
„Vielleicht eine Orgie? Wo sind die Huren?“, schnauft Kommissar Rossmann.
Bettina Hagen nickt und sagt: „Gut möglich! Gebrauchte Kondome liegen hier massenhaft herum. Wir müssen warten, was unser Überlebender dazu zu sagen hat!“
„Sie glauben, dass Frauen diese Männer umgebracht haben? Nein! Das ist nicht die Handschrift einer Frau. Die Männer wurden hingerichtet. Vielleicht sind Drogen im Spiel!“, behauptet Rossmann und glaubt einen alten Bekannten wiederzuerkennen. Er bückt sich nach einem der Toten vor seinen Füßen und sagt: „Das ist doch Kramer. Das Drogendezernat kennt ihn bestimmt. Wegen Verdachts der Geldwäsche und Steuerhinterziehung hat man ihn doch schon unter Beobachtung! Ich hatte vermutet, dass er etwas mit dem Doppelmord an zwei Prostituierte vor einem Jahr zu tun hatte!“
„Aber wo sind die Frauen geblieben? Ich habe nicht gesagt, dass Frauen diese Männer getötet haben könnten. Es kann gut sein, dass sie als Zeugen längst beseitigt wurden. Es lohnt sich in jedem Fall, neu gemeldete Frauenleichen mit diesem Fall in Zusammenhang zu bringen.“, wehrt sich Bettina Hagen.
Kommissar Rossmann: „Machen wir Platz für die Spurensicherung. Die haben noch alle Hände voll zu tun. Wir können hier erst einmal nichts weiter ausrichten. Wer hat die Toten überhaupt gefunden?“
„Die Putzfrau. Eine gewisse Ramiza Gülcan, die langjährige Putzfrau der Gutenbergs. Gutenberg ist übrigens der nackte Mann vor dem Kamin!“, behauptet ein Polizist neben ihnen und zeigt danach auf eine Frau mit Kopftuch.
Rossmann: „Was hat sie ausgesagt?“
„Die Frau hat gleich richtig reagiert. Gleich beim ersten Toten ist sie stehen geblieben und hat uns gerufen. Sie ist auch gleich wieder hinausgegangen! Ich bin mir sicher, zu den Vorgängen hier kann sie uns ganz sicher nichts erzählen!“, erklärt der Polizist an der Tür.
„Durch den Fleischwolf werde ich sie dennoch drehen. Vielleicht hat doch eine Frau hier gemordet!“, meint scherzend Kommissar Rossmann und geht hinaus. Er ahnt, dass dieser Fall kaum Anlass zum Lachen geben wird. Wenn Drogen im Spiel sind oder hier die Machtfrage innerhalb einer kriminellen Organisation neu geregelt wurde, wird es kaum Zeugen für dieses Verbrechen geben. Um die Kollegen der Spurensicherung nicht zu behindern, geht er mit Kommissarin Bettina Hagen auf die Terrasse. Hier draußen scheint sich wegen des schlechten Wetters nichts Tragisches abgespielt zu haben.
Kommissarin Hagen fragt ihn vorsichtig: „War das die Mafia? Ist das die neue Handschrift der Russenmafia?“
„Schon möglich, Kollegin. Die Prostituierten müssen wir finden. Die kennen sicher die Antwort auf alle unsere Fragen. Komm, lass uns ins Kommissariat fahren! Hier gibt es für uns nichts mehr zu tun“, schlägt Rossmann vor und geht zurück ins Haus. Er vermeidet den Blick auf die Leichen. Er spürt, dass hier alles anders ist. Das ist kein normaler Fall.
Beim Einsteigen meint Bettina Hagen: „Auf die käuflichen Frauen können wir nicht hoffen. Die Frauen sind längst tot oder zurück in ihre Heimatländer abgeschoben. Aber vielleicht sind wir dieses Mal schneller.“
In Walter Baumerts "Schau auf die Erde – Der Flug des Falken. Drittes Buch" werden wir Zeugen eines ergreifenden und düsteren Szenarios. Die Erzählung führt uns an einen Ort, an dem die Verzweiflung und das Elend der Menschen fast greifbar sind. Die Protagonisten sehen sich mit einer Situation konfrontiert, die sowohl ihre Menschlichkeit als auch ihre Entschlossenheit auf die Probe stellt:
Rechts neben der Landstraße duckte sich eine Elendshütte, notdürftig aus allen möglichen Brettern und Blechen zusammengenagelt. Vor dem Eingang loderte ein mächtiges Feuer. Ein Krankentransportwagen und zwei Feuerwehrwagen hielten in einem schmalen Seitenweg. Leute mit hellen Mänteln und Gesichtsmasken hantierten mit Pumpen und Spritzschläuchen. Die Tür der Hütte stand offen. Lautes Frauengekreisch und Kinderschreien war zu hören.
Friedrich folgte Susanne, die dorthin eilte. Sie entdeckte Waldecks Chaise am Lattenzaun. „Bleib hier draußen!“, befahl sie Friedrich und wollte auf das Haus zugehen. Friedrich hielt sie zurück. „Kann ich nichts tun, Susanne?“, fragte er. Sie überlegte einen Augenblick, dann zeigte sie zum Krankenwagen. „Lass dir dort einen Schutzkittel geben.“
„Von Doktor Waldeck?“, fragte der Kutscher und wies nach hinten. „Suchen Sie sich einen aus.“
Friedrich, jetzt ebenso wie alle die Männer hier von einer nach Karbol stinkenden Schutzhülle umgeben, kehrte zu der Hütte zurück. Zwei Krankenträger trugen einen Mann aus der Behausung. Susanne versuchte, die in Lumpen gehüllte Frau, die sich unter Jammern an der Trage ihres Mannes festklammerte, loszureißen. „Wir sind verloren, wir sind verloren!“, schrie sie immer wieder. Die vier kleinen Kinder standen heulend, nicht begreifend, vor der Tür. „Werden sie ihn eingraben?“, fragte ein Junge.
„Nein“, antwortete Friedrich, „er ist ja nicht tot. Er kommt ins Krankenhaus, in ein schönes weißes Bett. Dort wird er wieder gesund.“
Zwei Männer waren dabei, das Strohlager, das Bettzeug, die Kleider, die der Kranke getragen hatte, im offenen Feuer zu verbrennen. Friedrich ging an die Haustür. Er sah, wie Dr. Waldeck mit den Feuerwehrleuten dabei war, eine chemische Flüssigkeit in das Elendsquartier zu spritzen. Er prallte vor den ätzenden Dämpfen zurück. Waldeck begrüßte ihn mit einem Kopfnicken. Er wandte sich an einen der Männer. „Machen Sie der Familie klar, dass sie hierbleiben müssen. Sie dürfen ihre Hütte nicht verlassen, bis die Quarantänezeit abgelaufen ist.“
Friedrich war entsetzt. „Aber dort können doch diese Menschen nicht wieder hinein!“
„Wo sollen sie sonst hin, junger Mann?“, erwiderte der Arzt. Ein Mann war dabei, mit Ölfarbe und einer Schablone einen Totenkopf auf die Haustür zu malen. „Einen Vorteil hat das“, stellte Waldeck fest. „Niemand kann sie in dieser Zeit auf die Straße setzen oder ins Arbeitshaus sperren.“
„Wer sollte das denn vorhaben?“
Sie gingen auf die Straße. Waldeck zeigte auf das Krankengefährt, in das eben die Trage hineingeschoben wurde. „Dieser da ist ihr einziger Ernährer. Wovon sollen sie jetzt die Miete bezahlen?“
„Miete? Für dieses Loch?“
Der Arzt antwortete nicht. Er zog die Maske vom Gesicht und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Schwager Jacoby hat diese Desinfektions- und Quarantänemaßnahmen in die Medizin eingeführt, äußerst rabiat, aber wirkungsvoll. Seitdem haben wir die Cholera unter Kontrolle. Hätte man früher auf ihn gehört, wären Ihr Hegel und etliche Tausend andere Menschen heute noch am Leben.“
Vom Krankenwagen war plötzlich wieder das Geschrei der Frau zu hören, die einer der Krankenwärter gewaltsam vom Wagen wegreißen musste und dabei zu Boden stieß. Dort lag sie in Weinkrämpfen. Friedrich bückte sich. Waldeck riss ihn zurück. „Hände weg!“
Friedrich griff nach der Brieftasche.
„Lassen Sie Ihr Geld stecken! Um allen den Tausenden zu helfen, die hier vegetieren, würde ein Vermögen nicht ausreichen.“
Der Krankenwagen fuhr davon.
Friedrich starrte auf die Frau, die sich mühsam vom Boden aufraffte, alle Verzweiflung der gepeinigten Kreatur im Gesicht. Er sah die Kinder hinter der Umzäunung, hilflos verloren ...
Nie im Leben wird er das Bild vergessen, nie, nie!
Susannes Hand riss ihn aus seiner Erstarrung. „Wir müssen weiter“, sagte sie. „Das Schlimmste steht uns noch bevor.“ Sie zeigte den Weg entlang über die Landstraße hinweg, wo sich am grauen Nachthimmel eine Kolonne dunkler riesenhafter Quadrate abzeichnete. „In den Familienhäusern.“
Auf dem Weg dorthin erklärte der Arzt: „Ein geschäftstüchtiger Unternehmer, der nicht weit von hier eine Fabrik betreibt, hatte die glorreiche Idee, aus dem Elend der Proletarierfamilien Kapital zu schlagen, und baute hier sieben solcher Kolosse. Für jede Familie nur ein winziges Zimmer, aber in einem Haus aus richtigen Steinen. Doch dieser Mann berechnete nicht, dass der Monatslohn, den er und seine Kaste ihren Arbeitern zahlen, nicht einmal ausreicht, um den Mietzins zu entrichten. So müssen sich drei und vier Familien eine ,Zelle' teilen, gerade so viel Platz für jeden, dass er sich nachts auf dem Stroh ausstrecken kann. Wenn da einer die Krankheit hat, sind zehn oder zwanzig Leute mit infiziert.“
„Und gibt es dort eine Erkrankung?“
„Leider. Vorerst muss ein Zimmer geräumt und ausgeräuchert werden. Aber die Leute haben sich eingeschlossen und verbarrikadiert. Sie wollen lieber elendiglich verrecken als aus ihrer Behausung gehen.“
Je näher sie kamen, um so unheimlicher wurden die hässlichen Steinkolosse, sechs, sieben Stockwerke hoch. Vor dem mittleren Gebäude standen Fahrzeuge. Blendlaternen tasteten in eine tunnelartige Hauseinfahrt.
Sie gingen an den Männern vom Seuchenschutz vorbei und kamen in einen von Schutt, Müll und dumpfem Geruch angefüllten Hinterhof. Nur zwei, drei Fensterlöcher waren erleuchtet. Sonst lag alles in schwarzer Dunkelheit und dumpfer Lethargie.
Plötzlich brüllte eine Stimme aus dem Querbau: „Aufmachen! Aufmachen!“ Dann durchbrachen harte Schläge die Stille. Waldeck beschleunigte seine Schritte. Er ging durch einen Hintereingang eine schmale Stiege hinauf in ein oberes Stockwerk. Sie kamen in einen von Laternen erleuchteten kasernenmäßigen Korridor. Polizisten, Krankenwärter und Feuerwehrleute waren aufgeboten. Einige waren dabei, eine Tür einzurammen. Krachend zersplitterte sie. Die Bewohner der Zimmer wurden gewaltsam aus dem Raum geschleppt. Alles, was sich im Zimmer befand, Kleidungsstücke, Strohsäcke, Wäsche, flog aus dem Fenster zum Verbrennen. Wohl zwanzig jammervolle Gestalten aller Altersstufen zählte Friedrich, Kinder, Frauen und Männer, die sich an ihre armselige Habe klammerten und sich mit letzter Kraft gegen den Abtransport zur Wehr setzten.
Friedrich war außerstande, irgendetwas zu tun. Er wollte helfen, einschreiten gegen die rohe Gewalt, deren Notwendigkeit er einsah. Endlich war der Raum menschenleer. Dr. Waldeck trat mit seinen Sprühleuten in Aktion. Der ätzende Geruch zwang Friedrich, sich ein Stück zurückzuziehen. Er lehnte sich an die Flurwand. Die Erschütterung lähmte alles Denken. Er war außerstande, die Tränen zurückzuhalten.
Susanne, die sich bis jetzt um die Säuglinge und Kleinkinder gekümmert hatte, trat zu ihm. Leise sagte sie: „Ich hatte dich gewarnt.“
Auch wenn für manche Leute oder vielleicht sogar für viele Leute Marx, Engels und auch Lenin, die einst berühmten Klassiker, gegenwärtig aus der Mode gekommen zu sein scheinen, sie sind aktueller denn je. Eine Rückbesinnung auf ihre Art und Weise, die Welt zu betrachten, zu analysieren und zu ihrer Veränderung aufzurufen, bleibt weiter aktuell – heute erst recht. Das betrifft auch die Analyse der Demokratie, die noch immer eine Demokratie unter kapitalistischen Rahmenbedingungen ist. Und da kann es sehr helfen, sich noch einmal genauer anzusehen, wie die Klassiker ihre Erkenntnisse gewonnen und welche Schlussfolgerungen sie gezogen haben.
Dabei darf nicht vergessen werden, dass Marx, Engels und Lenin Menschen aus Fleisch und Blut waren und keine Heiligen, wie man die Menschen später glauben lassen wollte. Ein gutes Beispiel, den Menschen Friedrich Engels und die Beweggründe seines Denkens und Handels kennenzulernen, bietet die Biografie des jungen, rebellischen Fabrikantensohns aus Wuppertal von Walter Baumert, deren dritter Teil in der heutigen Post aus Pinnow im Sonderangebot steht.
Besonders zu empfehlen ist aber auch der kleine Roman „Schüsse über der Ostsee“ von Wolfgang Schreyer – wie immer abenteuerlich-spannend und politisch zugleich geschrieben. Man fühlt sich in die damalige Atmosphäre zurückversetzt.
Kommen Sie gut in den März und bleiben Sie auch im dritten Monat des neuen Jahres vor allem schön gesund und munter und der Welt der Bücher gewogen. Der Nachschub ist schon unterwegs.
Zu den ersten März-Sonderangeboten gehört in der nächsten Woche auch wieder eine sagenhafte Edition – also ein Buch voller Sagen. Unter dem Titel „Zwei Kahnschnecken voller Gold“ haben Erika und Jürgen Borchardt Sagen-Geschichten aus Pinnow, Godern und Raben Steinfeld gesammelt und für den Kulturverein Sagenland Mecklenburg-Vorpommern e. V. herausgegeben. Dazu muss man noch wissen, dass die Gegend um den Pinnower See außergewöhnlich viele geheimnisvolle Geschichten zu bieten hat: 27 Sagen, mit zwölf ganz unterschiedlichen Sagenmotiven. Sie handeln von Göttern und Unterirdischen, versunkenen Burgen, verzauberten Jungfrauen und verborgenen Schätzen, vom Lindwurm und der Wilden Jagd, von der Weißen Frau, der Hexe und dem Teufel, einem geheimnisvollen Hund, einem Geldfeuer sowie verzauberten Mädchen. Natürlich auch vom Petermännchen. Die sagenhaften Geschichten spielen an 16 verschiedenen Orten: beim Petersberg und am Strauchwerder, auf dem Kuckucksberg und der Insel Fischerwerder, am Köllick und Hilligensee, bei der Glückskuhle und am Steinernen Tisch, in der Godernschen Mühle und der Pinnower Kirche, am Steilufer bei Raben Steinfeld und dem Störübergang. Solch eine Vielfalt auf so kleinem Raum ist selten.
Und ganz zum Schluss wollen wir auch noch darauf hinweisen, dass im gesamten Monat März als „Amazon-Deal des Monats“ der Band „Nebelkerzen“ zu haben ist. Darin befasst sich Autor Siegfried Stang detailliert mit den Haysom-Morden und der Suche nach der Wahrheit in diesem aufsehenerregenden Kriminalfall in den USA. Hatte der Diplomatensohn Jens Söring tatsächlich einen Doppelmord ausgeführt, zu dem ihn seine Freundin Elisabeth Haysom, die Tochter der beiden Opfer angestiftet haben sollte, oder war er doch nicht der zweifache Mörder?