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Weltuntergang, was nun?
Was würde ich tun, wenn ich gerade eine Katastrophe überlebt hätte? Die junge Frau, die nach dem Ausfall von Strom und jeglicher Kommunikation in einem jurassischen Weiler völlig auf sich allein gestellt ist, erlebt diesen Weltuntergang zuerst hilflos abwartend. Allmählich jedoch erwacht ihr Überlebenswille, sie beginnt nach Lösungen zu suchen. Im Tagebuch notiert sie, oft mit einer Prise Selbstironie, ihre Fortschritte und Rückschläge. Und entdeckt dabei Erstaunliches!
Leben im Ausnahmezustand
Berichte über Katastrophen und globale Bedrohungen erzeugen oftmals Rückzugsgedanken – so auch bei der Protagonistin, die in Julie Guinands neuem Kurzroman von einer Katastrophe eingeholt wird: Verzweifelt und allein wartet die junge Frau in ihrem abgelegenen Haus im Schweizer Jura auf die Rückkehr der Stromversorgung. Der Stromausfall entpuppt sich als eigentlicher Weltuntergang. Im Tagebuch notiert sie, wie sich die »neue Normalität« anfühlt, so ganz ohne Licht, Warmwasser, Kommunikationsmittel und Essensnachschub. Doch allmählich erwacht ihr Überlebenswille: Sie lernt die vorhandenen Ressourcen zu nutzen, sie erstellt Listen, um das Chaos zu ordnen.
Den Kampf annehmen
Neben der Einsamkeit kämpft die Ich-Erzählerin mit unsichtbaren äußeren Feinden: Während einer kurzen Abwesenheit bricht jemand bei ihr ein, die Vorräte werden geplündert, den Hühnern die Kehle durchgeschnitten; die Einbrecher verfolgen sie bis in ihre Träume, wo sie zur »Bösen Hexe« verschmelzen. Zudem kämpft sie mit inneren Dämonen aus ihrer nahen und fernen Vergangenheit. Doch sie wahrt eine erfrischende Distanz zu ihrer Misere, immer wieder blitzt feine Selbstironie auf, etwa bezüglich technischer Unbedarftheit: »PS: Früher hätte ich nicht sagen können, ob Toiletten Strom brauchen. Ich bin erleichtert, dass dem nicht so ist!«
Einen Ausweg finden
Die vordergründig simplen Tagebucheinträge öffnen schrittweise den Blick auf eine vielschichtige Katastrophe und zugleich auf die Entwicklung der Protagonistin. Aktuelle Themen wie Strommangel und Internetausfall führen beim Lesen fast unweigerlich auch zur Frage, wie man denn selbst reagieren würde in einer solchen Situation. Der Ausweg, den Guinands Tagebuchschreiberin schließlich findet, wird überraschen – mehr sei hier aber nicht verraten …
Zu Julie Guinand
Die 1989 in La Chaux-de-Fonds geborenen Autorin Julie Guinand ist Gründungsmitglied des Schreibkollektivs AJAR. Den Kurzroman Survivante veröffentlichte sie als ihr drittes Buch im Dezember 2019 bei den éditions d'autre part in Genf, noch vor der Covid-Pandemie. Er wurde 2021 mit dem Literaturpreis der Kantone Bern und Jura sowie dem Prix Auguste Bachelin ausgezeichnet. Der Tagebuchroman liegt nun, übersetzt von Aurelia Zanetti auf Deutsch vor, in einer schön gestalteten Ausgabe des Zürcher Verlages edition gai saber.
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