"Wir haben in vielen Fällen geplante Instandhaltungsmaßnahmen nach dem Sturm neu bewertet und entsprechend der Schadensanalyse neu priorisiert. Verkabelungen standen dabei im Vordergrund", erklärte Technik-Vorstand Erich Böhm anlässlich eines Rückblickes auf das nahezu beispiellose Naturereignis. Insgesamt belief sich die Summe aller Reparaturarbeiten und Folgemaßnahmen nach "Kyrill" auf 3,3 Millionen Euro.
61.000 Haushalte zeitweise ohne Strom Der Orkansturm mit Windgeschwindigkeiten bis zu 140 km/h hatte in der Nacht vom 18. zum 19. Januar 2007 eine Schneise der Verwüstung durch Thüringen gezogen und u.a. erhebliche Stromausfälle in allen Teilen des Freistaates verursacht. In der "Spitzenzeit" - am 19.1.07, 2.30 Uhr - waren rund 61.000 Haushalte in 450 Thüringer Orten ohne Strom. Zu diesem Zeitpunkt waren die Schäden durch umgestürzte Bäume und zerbrochene Masten bereits so groß, dass eine schnelle Wiederversorgung durch Umschaltungen nicht mehr möglich war. Außerdem waren viele Schadensstellen durch umgestürzte Bäume blockiert bzw. Zufahrtswege unpassierbar. Einzelne kleinere Orte in Südthüringen waren dadurch mehr als 40 Stunden lang von der Stromversorgung abgeschnitten.
Während die "energetische Hauptschlagader" Thüringens - das 110.000-Volt-Hochspannungsnetz der E.ON Thüringer Energie - trotz einiger kleiner Störungen nahezu unversehrt dem Sturm widerstand und die großflächige Stromversorgung vor allem für die Stadtwerke gewährleistete, war die Schadensbilanz im Niederspannungsnetz und vor allem im Mittelspannungsnetz des Energiedienstleisters verheerend: Rund 1000 Störungen mussten beseitigt, über 750 gebrochene Holz- und Betonmasten ausgetauscht und Hunderte Isolatoren und weitere Teile gewechselt sowie Tau-sende Meter Leitungen repariert oder neu gezogen werden. Insgesamt waren rund 680 Mitarbeiter von E.ON Thüringer Energie sowie von 25 Fremdfirmen mit Spezialtechnik vom Hubsteiger bis zum Helikopter oft bis zur Erschöpfung im Einsatz, um alle Schäden zu beheben. Unterstützt wurden die Arbeiten vom Technischen Hilfswerk und von Forstfirmen, die mit schwerer Räumtechnik umgestürzte Bäume beseitigten.
Sonderschichten bei Ersatzteil-Zulieferern "Unsere Mitarbeiter und Helfer haben in dieser schwierigen Situation wirklich Großartiges geleistet", erinnert sich Technik-Vorstand Erich Böhm, der vor einem Jahr die zentrale Einsatzplanung leitete, die von Erfurt aus alle Arbeiten koordinierte. Da insbesondere die Vorräte an Leitungsmasten im Erfurter Zentrallager schnell zur Neige gingen, waren frühzeitig zusätzliche Maste geordert und von Sachsen bzw. Baden-Württemberg aus direkt an die Schadensschwerpunkte dirigiert worden. Eine Stahlbaufirma begann auf Veranlassung von E.ON Thüringer Energie bereits am 19. Januar mit der Zusatzproduktion sogenannter Traversen zur Aufhängung der Leiterseile und fertigte das ganze Wochenende über in Zusatzschichten die dringend benötigten Ersatzteile. Außerdem wurden aus Stadtwerken und benachbarten Bundesländern zusätzliche Notstromaggregate beschafft, um in den besonders schwer betroffenen Regionen Ost- und Südthüringens die Stromversorgung zunächst provisorisch wieder aufzubauen. Gleichzeitig wurden mit Unterstützung der zuständigen Thüringer Ministerien kurzfristig die für die Transporte für bestimmte Gebiete notwendigen Ausnahmegenehmigungen für LKW- und Gefahrguttransporte beschafft.
"Alles in allem hat die Zusammenarbeit aller Beteiligten auf Grund der hohen Motivation und Einsatzbereitschaft aller Mitarbeiter hervorragend funktioniert", zieht Böhm ein positives Resümee aus dem außergewöhnlichen Einsatz. Obwohl wegen der rechtzeitigen Sturmwarnung des Wetterdienstes vorsorglich alle Schichten doppelt besetzt und freie Kapazitäten in Bereitschaft versetzt worden waren, hätten die Auswirkungen des Sturmtiefs alle Befürchtungen übertroffen. Doch trotz höchster körperlicher Anstrengung und widrigster Witterungsbedingungen habe es keine nennenswerten Arbeitsunfälle gegeben.
Außergewöhnliche Konzentrationsarbeit leisteten auch die Dispatcher in der Erfurter Netzleitstelle von E.ON Thüringer Energie: Während der mehrtägigen Reparaturphase nahmen sie 4000 sogenannte Schalthandlungen zur Steuerung des Stromnetzes vor - ohne einen einzigen Fahler. Unter Normalbedingungen wären in dieser Zeit nur 100 Schalthandlungen notwendig gewesen.