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Anwendungsbereich der „Kickback-Rechtsprechung“ wurde durch den BGH eingeschränkt!

Bankunabhängige Anlageberater müssen grundsätzlich nicht über ihre Provisionen aufklären (solange sie nicht 15 % und mehr betragen)

(lifePR) (Berlin, )
Für bankmäßig nicht gebundene, freie Anlageberater besteht – soweit nicht § 31 d WpHG eingreift - keine Verpflichtung gegenüber seinem Kunden, ungefragt über eine für die empfohlene Anlage erwartete Provision aufzuklären, wenn der Kunde selbst keine Provision zahlt und offen ein Agio oder Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung ausgewiesen werden. Dies entschied jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) am 15.04.2010 in einem Grundsatzurteil, Az.: III ZR 196/09 in seiner seit langem erwarteten Klarstellung.

Die jüngere Rechtsprechung des BGH zur Aufklärungspflicht der Banken über verdeckte Rückvergütungen (sog. „Kickbacks“) bei Beratung über Kapitalanlageprodukte, kann nicht auf freie und bankunabhängige Anlageberater übertragen werden, auf Anlagevermittler ohnehin nicht. Der III. Zivilsenat des BGH stellte in seiner Entscheidung vom 15.04.2010 endlich klar, dass sich das Verhältnis zwischen einem Kunden und seinem unabhängigen Anlageberater in entscheidenden Punkten von dem des Kunden zu seiner Bank unterscheide. Grundsätzlich gehe der Bankkunde nicht davon aus, dass die ihn beratende Bank aus den Ausgabeaufschlägen bzw. Gebühren von der Anlagegesellschaft eine Rückvergütung erhalte, da seine Beziehung zu der Bank regelmäßig von einer intensiven – häufig längeren - Geschäftsbeziehung geprägt sei, beispielsweise wegen eines Giro-, Spar- oder Festgeldkontos, wodurch sie Vergütungen wie Depot-, Kontoführungsgebühren oder An- und Verkaufsprovisionen für den Handel von Wertpapiere etc. erhält. Dementsprechend muss der Bankkunde gerade nicht damit rechnen, dass die Bank bei der Anlageberatung eigene, provisionsbedingte Interessen verfolgt. Erhalte sie aber vom Kunden nicht erwartete Rückvergütungen, bestehe eine Interessenkollision, die das Bankinstitut in jedem Fall – unabhängig von seiner Höhe – dem Bankkunden offen legen muss.

Anders ist hingegen die Situation des bankunabhängigen Anlageberaters zu beurteilen. Der III. Zivilsenat des BGH bestätigte mit seinem Urteil vom 15.04.2010 die Auffassung des OLG Celle, dass sich aus einem Anlageberatungsvertrag für einen "allgemeinen" Anlageberater keine grundsätzliche Pflicht ergebe, über seine Provisionen aufzuklären, die Rechtsprechung des BGH zur Aufklärungspflicht der Banken über verdeckte Rückvergütungen sei nicht übertragbar (OLG Celle v. 11.06.2009 Az: 11 U 140/08).

Dem freien Anlageberater kann wegen der fehlenden Angaben zu seinen Provisionen keine Pflichtverletzung des Anlageberatungsvertrages vorgeworfen werden. Da er mit der Beratung sein Geld verdiene, kann der Anleger nicht davon ausgehen, er werde diese Leistung kostenlos erbringen. Es liegt für den Kunden deshalb auf der Hand, dass der Anlageberater von der kapitalsuchenden Anlagegesellschaft Vertriebsprovisionen erhält, sofern der Kunde selbst keine Provision für die Beratungsleistung zahlt. Es könne also vom Anlageberater nicht verlangt werden, dass er seine Kunden ungefragt über die Höhe seiner erwarteten Provisionen für die Vermittlung der in seinem Beratungsprogramm enthaltenen Anlagen unterrichtet. Es bleibt allerdings bei der Rechtsprechung des BGH, wonach sowohl freie Berater als auch Vermittler dann unaufgefordert über ihre Provisionen informieren müssen, soweit sie 15 % oder mehr erreichen. Das liegt nicht an einem möglichen Interessenkonflikt, sondern an der außergewöhnlichen Höhe und dem negativen Einfluss auf die Werthaltigkeit des angebotenen Produkts.

Soweit ein Anlageberater oder Vermittler allerdings von seinen Kunden und dem Emissionshaus ebenfalls Provisionen oder Rückvergütungen erhält, muss der Kunde hierüber stets aufgeklärt werden, da das einen Interessenkonflikt auslöst und der Kunde nicht mit einer Vergütung durch beide Seiten rechnet. So entschied das OLG Stuttgart kürzlich, dass eine Beratungsgesellschaft über Provisionen aufzuklären habe (vgl. OLG Stuttgart Urteil vom 04.03.2010 Az: 13 U 42/09), wenn sie einen Beratungsvertrag mit dem Kunden besitzt, aber gleichwohl von der Fondsgesellschaft ebenfalls Vergütungen erhält. Für den üblichen Anlageberater galt die Entscheidung also ohnehin nicht.

Die 22. Kammer des LG München I hingegen weitete kürzlich die „Kickback-Rechtsprechung“ des BGH allgemein auf Anlageberater aus. Die 22. Kammer geht zwar davon aus, dass jedem Anlageinteressenten nach allgemeiner Lebenserfahrung klar sein dürfte, dass Vertriebskosten und Verkaufsprovisionen gezahlt werden. Jedoch könne der Anleger erst durch die konkrete Bezifferung der Provisionen einen möglichen Interessenkonflikt erkennen (vgl. LG München Urteil vom 25.02.2010, Az: 22 O 1797/09). Diese Argumentation war nicht nur recht ergebnisorientiert, sondern auch nicht sachgerecht, da es bei dieser Konstellation gar keinen Interessenkonflikt gibt. Sie dürfte aufgrund des nun ergangenen Urteils des BGH nicht mehr haltbar sein.

Der BGH stärkt durch das Urteil vom 15.04.2010 die Stellung der unabhängigen Finanzdienstleister und sorgt zukünftig für mehr Rechtssicherheit für die vielen freien, mithin provisionsabhängigen Anlageberater in Deutschland, die aufgrund der jüngeren Rechtsprechungstendenzen bereits mit einer Flut von existenzbedrohenden Schadensersatzprozessen rechnen mussten.

mitgeteilt von
Baumann & Wilschke
Rechtsanwälte und Notare, Berlin
www.baumann-wilschke.de

Die Kanzlei Baumann & Wilschke ist Mitglied im interantionalen Anwaltsnetzwerk Eurojuris Deutschland e.V.

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