Frauenarzt nahm lediglich Ultraschalluntersuchung vor
Im aktuellen Fall war eine 66-jährige Frau bereits seit langen Jahren Patientin des verklagten Frauenarztes, von dem sie auch die jährliche Brustkrebsvorsorgeuntersuchung durchführen ließ. Im Rahmen dieser Untersuchungen riet der Arzt seiner Patientin lediglich in den Jahren 2001 sowie 2010 zur Durchführung einer Mammographie. Bei den restlichen Untersuchungen wurden lediglich Sonographien, also Ultraschalluntersuchungen, durchgeführt. Während des Screenings im Jahr 2010 erwuchs aus der Mammographie ein Verdacht auf Brustkrebs, der sich später bestätigte. Daraufhin musste sich die Patientin einer operativen Behandlung sowie einer Bestrahlung und einer Chemotherapie unterziehen.
Sie war der Auffassung, dass der Brustkrebs schon früher hätte entdeckt werden können, wenn ihr Frauenarzt regelmäßig eine Mammographie vorgenommen hätte. Dadurch sei ihr ein Schaden entstanden. Denn die Behandlung hätte dann schonender durchgeführt werden können.
Gericht gibt der Patientin Recht
Dieser Auffassung schlossen sich die Richter des Oberlandesgerichts Hamm an. Sie urteilten, dass lediglich die Mammographie geeignet sei, um Brustkrebs mit Sicherheit auszuschließen. Eine Sonographie reiche dafür nicht aus. Deshalb sei dem Arzt ein Behandlungsfehler vorzuwerfen, der ihn zu Schadensersatz und Schmerzensgeld verpflichte.
Die Konsultation eines Sachverständigen hatte nämlich ergeben, dass der Brustkrebs der Patientin sicherlich hätte erkannt werden können, wenn der Frauenarzt ihr schon bei der Behandlung im Jahre 2008 zu einer Mammographie geraten hätte.
Rechtliche Möglichkeiten der Arzthaftung ausschöpfen
Der Fall zeigt deutlich, dass Ärzte lange nicht mehr den Status der "Halbgötter in Weiß" innehaben, der ihnen in der Vergangenheit bisweilen zugesprochen wurde. Umfangreiche Anforderungen an die durchgeführten Behandlungen sowie detaillierte Aufklärungspflichten und deren Protokollierung ermöglichen es mittlerweile, das Recht auf Schadensersatz und Schmerzensgeld auch wirksam einzufordern - notfalls gerichtlich. Die Patientin hatte zudem den entscheidenden Vorteil der umgekehrten Beweislast: Das Gericht hat nämlich festgestellt, dass der Arzt einen schwerwiegenden Fehler begangen hatte. Deshalb war er verpflichtet, sich zu entlasten. Angesichts der Ausführungen des Sachverständigen konnte er jedoch nicht beweisen, dass der Krebs auch bei einer ordnungsgemäßen Mammographie unentdeckt geblieben wäre.
Betroffene sollten daher nicht davor zurückschrecken, ihre Rechte den Ärzten gegenüber einzufordern.
Holger Syldath,
Rechtsanwalt,
http://www.gks-rechtsanwaelte.de