Nachdem die Instanzgerichte dieser Auffassung folgten, bezweifelt das Bundesverwaltungsgericht dies in einem Beschluss vom 23.9.2010 (Az. 3 C 36/09), dessen Begründung nun vorliegt. Die Angelegenheit liegt nun dem Europäischen Gerichtshof zur Vorab-Entscheidung vor.
Von einem Gesundheitsbezug einer Aussage kann man nur dann ausgehen, wenn längerfristige und nachhaltige Auswirkungen auf den körperlichen Zustand behauptet werden. Bloß kurzfristige Folgen - wie hier die besondere Verträglichkeit eines Weins - können dagegen nicht als gesundheitsbezogene Angabe angesehen werden. Zudem setzt die Verordnung voraus, dass bei einem Lebensmittel eine positive Auswirkung auf die Gesundheit angesprochen werde. Wenn jedoch - wie hier in Bezug auf die Säure - nur darauf hingewiesen werde, dass bestimmte negative Folgen, die mit dem Konsum eines Lebensmittels einher gehen können, ausbleiben, so sei das keine gesundheitsbezogene Angabe.
Schließlich ist bei der Auslegung der Begriffe der Health-Claims-Verordnung der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nach Art. 52 Abs. 1 S. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zu wahren. Ein verständiger Verbraucher werde durch die Angabe "bekömmlich" nicht zu höherem Alkoholkonsum verleitet.
Nun muss der Europäische Gerichtshof über die Vorlagefragen des Bundesverwaltungsgerichts entscheiden. Die Vorlagefragen haben grundsätzliche Bedeutung für das Lebensmittelrecht: Der EuGH wird Kernfragen zum Anwendungsbereich der Health Claims Verordnung beantworten, insbesondere in Bezug auf die Reichweite des Begriffs der "gesundheitsbezogenen Angabe".
"Wir freuen uns darüber, dass das Bundesverwaltungsgericht den Begriff der "gesundheitsbezogenen Angabe" nicht uferlos ausdehnen will", so die Winzergenossenschaft.
"Es ist zu hoffen", so Dr. Eichele, federführender Anwalt und Spezialist im Weinrecht, "dass der Europäische Gerichtshof die Vorgaben der Health-Claims-Verordnung präzisiert. Nur so können althergebrachte Angaben, die wirklich kein Verbraucher als Hinweis auf gesundheitsfördernde Eigenschaften eines Getränks versteht, auch in Zukunft zulässig bleiben", erklärten Dr. Ulrich Mühl (beide rohwedder ı partner Rechtsanwälte, Mainz) weiter. Beide Anwälte vertreten die Klägerin in diesem Verfahren.