Was jedoch, wenn seit Jahren oder gar Jahrzehnten kein Kontakt zwischen dem Elternteil, welches Unterhaltsansprüche geltend macht, und dem Kind besteht? Der Bundesgerichtshof hat in einer aktuellen Entscheidung in einem Einzelfall klargestellt, dass auch ein mehrjähriger Kontaktabbruch nicht zur "Verwirkung" des Anspruches auf Elternunterhalt führen muss (Beschluss vom 12.02.2014, Az.: XII ZB 607/12).
Sohn sollte Heimkosten für seinen Vater zahlen
Im entschiedenen Fall war der Sachverhalt wie beschrieben: Nachdem sich die Eltern eines Sohnes im Jahre 1971 getrennt hatten und dieser Sohn im Jahre 1972 sein Abitur absolviert hatte brach der Kontakt zwischen ihm und seinem Vater vollständig ab.
Die vollständige Entfremdung der beiden schlug sich auch insofern nieder, als dass der Vater seinen Sohn bei der Errichtung seines Testaments enterbte und damit auf den "strengsten Pflichtteil" beschränkte. Erbin des Vaters sollte vielmehr seine Bekannte werden.
Nachdem der Vater 2008 in ein Heim ziehen musste, in dem er 2012 verstarb, wurde der Sohn von der Stadt Bremen im Rahmen des gesetzlich geregelten Elternunterhaltes auf die Zahlung von Heimkosten in Höhe von über 9.000 € gerichtlich in Anspruch genommen.
Begehren des Sohnes in diesem Falle erfolglos
Vor Gericht wehrte sich der Sohn gegen die Ansprüche. Er argumentierte, dass sein Vater den Anspruch auf Elternunterhalt durch den langjährigen Kontaktabbruch verwirkt habe und er daher nicht zahlen müsse. Dass die Frage, ob diese Verwirkung eingetreten war, hoch umstritten ist, zeigt der Weg durch die Instanzen: Während das Amtsgericht der Stadt noch Recht gab, entschied das Oberlandesgericht zugunsten des Sohnes. Gegen diese Entscheidung legte die Stadt Bremen Rechtsbeschwerde beim BGH in Karlsruhe ein, der den Fall dann letztgültig zu ihren Gunsten entschied.
Ansprüche immer im Einzelfall überprüfen lassen!
Die Richter argumentierten in diesem Fall, dass der alleinige Kontaktabbruch zwischen dem Sohn und seinem Vater nicht ausreiche, um den Anspruch auf Elterngeld entsprechend der gesetzlichen Regelungen verwirken zu lassen. Vielmehr hätte der Vater sich noch weiterer Verfehlungen seinem Sohn gegenüber schuldig machen müssen, damit der Anspruch entfiele. Da er sich aber insbesondere bis zum 18. Lebensjahr des Sohnes - laut Gericht eine besonders wichtige Lebensphase - vollumfänglich um dessen Unterhalt gekümmert habe, sei eine solche Verfehlung hier nicht anzunehmen.
Der Fall verdeutlicht, dass die Geltendmachung von Elternunterhalt stets von den Umständen jedes konkreten Einzelsachverhalts abhängt. Dies zeigt sich daran, dass selbst der Bundesgerichtshof in ähnlich gelagerten Fällen schon anders entschieden hat. Betroffene sollten daher zur Klärung eines Rechtsstreites einen Fachanwalt für Familienrecht konsultieren um mit diesem gemeinsam für den konkreten Fall Gründe herauszuarbeiten, die für bzw. gegen eine Verwirkung des Anspruches auf Elternunterhalt sprechen.
Andreas Jäger
Rechtsanwalt und Mediator,
Fachanwalt für Familienrecht,
Fachanwalt für Erbrecht
http://www.gks-rechtsanwaelte.de