1. Intransparente Kommunaldarlehen
Das Vertrauen der kommunalen Kunden ist mit der Geschäftspolitik der Dexia insbesondere ab dem Jahr 2007 allerdings nicht mehr vereinbar. Ab diesem Zeitpunkt wurden sog. „Kommunaldarlehen“ bundesweit an Gemeinden vergeben. Besagte „Kommunaldarlehen“ waren nicht einfach eine Darlehensgewährung gegen Zahlung eines festen oder variablen Zinssatzes. Vielmehr hatten die Leistungspflichten der Gemeinden sowohl feste als auch variable Bestandteile. Die dabei ebenfalls als Zinszahlung bezeichneten variablen Zahlungen der Gemeinden waren häufig in Abhängigkeit eines Wechselkurses, etwa des Euro zum Schweizer Franken (EUR / CHF) oder in Abhängigkeit des Verhältnisses kurz- und langristiger Zinssätze, zueinander (Zinsspread) gestaltet. Im Ergebnis waren diese als Zinsen deklarierten Zahlungen der Gemeinden kein Zins. In der Struktur der Darlehen waren vielmehr hochriskante Optionsstrukturen versteckt, die zu Zahlungspflichten der Gemeinden führten und die fälschlicherweise als Zins etikettiert wurden. Angesichts der aktuellen Marktentwicklungen sind die betroffenen Gemeinden mit hohen zusätzlichen Belastungen aus diesen „Kommunaldarlehen“ belastet. Es drohen ihnen hohe weitere Zinszahlungen, die oftmals die Darlehensvaluta deutlich übersteigen. Im Ergebnis handelt es sich bei den „Kommunaldarlehen“ um einen von der Dexia bewusst und zielgerichtet verschleierten Einsatz von Derivaten in der kommunalen Haushaltswirtschaft.
2. Derivat-Problematik
In den vergangenen Jahren machte der Einsatz von Derivaten, konkret Swaps, im Zuge des Kommunalen Schuldenmanagements bereits Schlagzeilen. So sieht sich gegenwärtig die Erste Abwicklungsanstalt (EAA) als Rechtsnachfolger der ehemaligen WestLB in Nordrhein-Westfalen einer Klagewelle von Gemeinden ausgesetzt. Die WestLB hatte, insbesondere ab dem Jahr 2004, zahlreiche als Swaps bezeichnete Derivate an Gemeinden zur sog. „Zinsoptimierung“ vertrieben. Tatsächlich hatten diese Derivate mit den kommunalen Schulden nichts zu tun. Es handelte sich bei diesen Derivaten um falsch etikettierte Optionsgeschäfte. Die daraus resultierende Klagewelle in Nordrhein-Westfalen gipfelte vorläufig am 07.10.2013 in einem Urteil des OLG Düsseldorf (I-9 U 101/12). Das OLG Düsseldorf verurteilte die EAA zur Rückabwicklung der Derivate wegen einer Fehlberatung. Konkret stützte sich das OLG Düsseldorf wiederum auf das wegweisende „Swap-Urteil“ des BGH vom 22.03.2011 (XI ZR 33/10). Danach ist bei derartigen Geschäften unter anderem offenzulegen und zu beziffern, dass und in welcher Höhe die Geschäfte anfänglich mit einen negativen Marktwert starteten, also zum Nachteil der durch die Bank beratenen Kunden gestaltet waren. Denn eine Bank, die einerseits ein Derivat-Geschäft bewusst zulasten seiner Kunden gestaltet und es anschließend diesem Kunden im Rahmen einer Beratung als geeignet empfiehlt, befindet sich in einem schwerwiegenden Interessenkonflikt zu dem zu beratenden Kunden. Dieser Interessenkonflikt muss entweder vermieden oder zumindest offengelegt werden. Nur dann kann der Kunde eine eigenverantwortliche Anlageentscheidung treffen.
3. Verschleierung der Derivatestruktur
Der Unterschied zwischen dem Vorgehen der ehemaligen WestLB und der Dexia Kommunalbank Deutschland ist dabei, dass die WestLB die Derivate offen als solche ausgewiesen hat. Die Dexia Kommunalbank Deutschland hatte diese hingegen in den Darlehen selbst versteckt. „Eingebettetes Derivat“ (embedded derivative) wird dies genannt. Dass bei einer solchen zusätzlichen Verschleierung des Geschäftscharakters die Aufklärungs- und Beratungsanforderungen, die eine Bank ihrem Kunden gegenüber hat, nicht geringer sind als bei offen erkennbaren Derivaten, liegt auf der Hand.
4. Klageverfahren
Bisher laufen aufgrund der Falschberatung durch die Dexia bereits drei Klagen vor dem Landgericht Berlin. Weitere Verfahren werden folgen, so dass auch die Dexia mit einer Klagewelle gegen sich zu rechnen hat. Zwar beruft sich die Dexia auf eine zutreffende Beratung vor Abschluss der Darlehen. Zur Zeit verfestigt sich jedoch die Rechtsprechung zur Offenlegungspflicht des durch die Strukturierung des Darlehens entstehenden schwerwiegenden Interessenkonflikts auf Seiten der Bank auch in den unteren Instanzen. Insofern dürfte diese Verteidigungsstrategie der Dexia nicht von Erfolg gekrönt sein.
Weiterführende Informationen sind erhältlich bei:
Dr. Jochen Weck
Rössner Rechtsanwälte
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Die auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierte Kanzlei Rössner Rechtsanwälte, München, die das „Swap-Urteil“ des BGH vom 22.03.2011 (XI ZR 33/10) erstritten hat, hat bereits für mehrere betroffene Gemeinden wegen der embedded derivatives der Dexia Kommunalbank Deutschland vor dem Landgericht Berlin Klage erhoben. Sie sieht gute Chancen für die betroffenen Kommunen, sich erfolgreich gegen die Zinsforderungen der Dexia Kommunalbank Deutschland zu wehren.