1. Das aktuelle Urteil des EuGH
Mit Urteil vom 11.05.2012 (Az. C-338/11) hat der EuGH entschieden, dass die französischen Regelungen zur Quellensteuer europarechtswidrig seien. Das französische Recht sah vor, dass von in Frankreich ansässigen Investmentfonds unter bestimmten Voraussetzungen keine Quellensteuer auf Kapitalerträge erhoben wurde, von ausländischen Investmentfonds hingegen schon. Die Straßburger Richter entschieden nun, dass der Sitz der Kapitalanlagegesellschaft (KAG) kein hinreichender Differenzierungsgrund für eine steuerliche Ungleichbehandlung sei und es sich somit um eine mit der Kapitalverkehrsfreiheit unvereinbare Diskriminierung ausländischer Investmentfonds und damit mittelbar deren Anleger handele.
Das pikante daran: Obwohl die Vertreter der Republik Frankreich beantragt hatten, die vor dem Hintergrund der Auswirkungen im Haushalt auf die Zukunft zu begrenzen, lehnte der EuGH dies ab. Hintergrund dieses Antrags war, dass für die Zukunft eine Gleichbehandlung auch durch eine Besteuerung der französischen Investmentfonds herzustellen ist. Für die Vergangenheit scheidet dies mangels gesetzlicher Grundlage aus.
2. Wen die Steuererstattung betrifft
Letzteres führt dazu, dass in den vergangenen Jahren von ausländischen Investmentfonds französische Quellensteuer zu Unrecht erhoben worden war.
Effektiv Geld zurück gibt es also dann, wenn ein Anleger Geld in einem nicht in Frankreich ansässigen Investmentfonds Geld angelegt hat, welcher seinerseits in französische Wertpapiere, namentlich Aktien investiert war. In diesem Fällen war französische Quellensteuer ohne ausreichende rechtliche Grundlage einbehalten worden, die nunmehr erstattet werden muss.
3. Wer sich darum kümmern muss
Während eines laufenden Investments in einen offenen (Investment-) Fonds muss sich grundsätzlich der Vermögensverwalter, also die KAG darum kümmern, die erforderlichen Anträge und Einsprüche bei der französischen Finanzverwaltung zu stellen. Entsprechende Empfehlungen und Muster des Branchenverbands existierten spätestens seit dem Jahr 2006.
Komplizierter wird es schon, wenn der entsprechende Investmentfonds bereits aufgelöst wurde. In diesem Fall muss die für die Auseinandersetzung des Sondervermögens verantwortliche Depotbank eingebunden werden.
Sofern die KAG oder die Depotbank die nach französischem Steuerverfahrensrecht maßgeblichen Fristen versäumt haben, muss schließlich der geschädigte Anleger selbst aktiv werden. Es ist dann an ihm, Schadensersatzansprüche gegen die KAG und / oder die Depotbank wegen dieses Versäumnisses geltend zu machen.
4. Fazit
Bei einem Kleinanleger in einem Mischfonds wird es hierbei oftmals nur um geringe Beträge gehen, deren Verfolgung jedenfalls auf individueller Ebene des Anlegers kaum lohnt. Anders sieht dies allerdings für institutionelle Investoren und Spezialsondervermögen aus. Bei einem Steuersatz von 25 % erreicht die zu Unrecht einbehaltene Quellensteuer rasch einen sechsstelligen Betrag. Hier lohnt es sich für den Anleger genau zu prüfen, ob seine KAG bzw. Depotbank alles Erforderliche getan haben, um die Quellensteuererstattung zu erhalten.