Nachdem ein erster Versuch der Praktiker AG zur Änderung der Anleihebedingungen scheiterte, unternimmt das wirtschaftlich angeschlagene Unternehmen nun einen zweiten Anlauf zur Entwertung der Anleihen. Damals kam das erforderliche Abstimmungsquorum nicht zustande. Im aktuellen Verfahren sollen nun nicht mehr nur die Zinszahlungen auf ein Mindestmaß reduziert werden, wie dies noch in der ersten Abstimmung erstrebt wurde. Die Praktiker AG geht noch einen Schritt weiter: Jetzt soll durch die Einsetzung eines gemeinsamen Vertreters die vollständige Entmündigung der Anleihegläubiger erreicht werden.
So soll der gemeinsame Vertreter beispielsweise frei darüber entscheiden können, wann die Anleihe fällig wird, wie hoch die Zinsen dabei ausfallen oder in welcher Währung die Anleihen geführt werden. Darüber hinaus soll es diesem Vertreter möglich sein, einen Verzicht der Anleihegläubiger auf die Kündigung zu erklären. Auch, dass der gemeinsame Vertreter einen vollständigen Zinsverzicht erklärt und die Kapitalrückzahlung auf ein Mindestmaß beschränkt, ist denkbar. Offensichtlich geht auch die Praktiker AG selbst von einer drohenden Insolvenz des Unternehmens aus. Denn der Vertreter soll sogar dazu ermächtigt werden, den Nachrang der Forderungen aus den Anleihen in einem etwaigen Insolvenzverfahren zu erklären. Damit würde im Falle einer Insolvenz die Forderungen der Anleihegläubiger erst nach Befriedigung aller anderen Gläubiger befriedigt. Die Schlechterstellung greift sogar im Falle der Insolvenz der Praktiker AG damit voll durch.
Robert D. Buchmann (Rössner Rechtsanwälte, München) dazu: "Wir raten dringend davon ab, dem Beschlussvorschlag der Praktiker AG zu folgen. Soweit sich die Anleihegläubiger überhaupt an dem Abstimmungsverfahren beteiligen wollen, sollte jedenfalls die Ablehnung des Vorschlags erklärt werden. Darüber hinaus sollten die Anleihegläubiger noch vor Ende des Abstimmungszeitraumes am 27.09.2012 die außerordentliche Kündigung ihrer Anleihen erklären. Sollte die Mehrheit der Gläubiger dem Beschlussvorschlag zustimmen, so entfaltet diese Entscheidung Bindungswirkung für sämtliche Gläubiger. Auch für solche, die sich an dem Abstimmungsverfahren nicht beteiligt haben."
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