Nun hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass Gerichte auch außergerichtliche Schriftstücke im Rahmen der EuZVO zustellen müssen (Urteil vom 11. November 2015, Az. C-223/14). Der Ausgangsfall spielte in Spanien. Die deutsche Gesellschaft MAN Diesel hatte das spanische Unternehmen Tecom Micam als Handelsvertreter beschäftigt. Die Parteien stritten über Ausgleichsansprüche aus dem Vertragsverhältnis. Tecom wollte nun MAN Diesel schriftlich zur Zahlung mahnen, erstellte ein solches Schreiben und beauftragte den Urkundsbeamten eines spanischen Gerichts dieses förmlich nach EuZVO zuzustellen. Der Urkundsbeamte des Gerichts lehnte dies mit der Begründung ab, die EuZVO sei nicht dazu gedacht, „rein private Schriftstücke“ zuzustellen. Dahinter stand die Angst, die Gerichte zu einem Kurierdienst verkommen zu lassen. Nach Beschwerde durch Tecom legte das spanische Gericht den Fall dem EuGH vor.
Tatsächlich bestimmt Art. 16 der EuZVO, dass „außergerichtliche Schriftstücke“ förmlich nach EuZVO zugestellt werden können. Es ging nun also um die Frage, ob der Begriff auch „rein private“ Mahnschreiben umfasst. Der EuGH hat das bejaht und definiert solche außergerichtlichen Schriftstücke nunmehr als „auch private Schriftstücke, sofern sie zur Geltendmachung, zum Beweis oder zur Wahrung eines Rechts oder Anspruches in Zivil- und Handelssachen erforderlich sind“. Eine ganz andere Frage ist dagegen, welchen Vorteil die förmliche Zustellung hat. Ein Unternehmen wie MAN Diesel wird sich dadurch sicher nicht beeindrucken lassen. Den Nachweis über die Zustellung bietet dagegen auch ein privater Kurierdienst, der im Allgemeinen viel schneller und bequemer arbeitet.
Dr. Thomas Rinne ist Mitglied im internationalen Anwaltsverband Eurojuris Deutschland e.V.