Kurz danach fällte das Arbeitsgericht Düsseldorf eine Entscheidung mit anderer Ausprägung: Eine Mitarbeiterin erhielt als Gegenleistung für ihre Arbeit einen Lohn von 8,10 € pro Stunde. Da die Arbeitgeberin aber einen Leistungsbonus festgelegt hatte, der bei einem Minimum von 40 Cent lag und diese bei jeder Lohnabrechnung ausgezahlt wurden, entschieden die Richter, dass dadurch der Mindestlohn von 8,50 € erreicht und alles in Ordnung sei.
Seitdem stellen Arbeitgeber wie Arbeitnehmer sich Fragen wie diese: Welche Zahlungen dürfen beim Berechnen des gesetzlichen Mindestlohns miteinbezogen werden? Und: Zählt der Grundverdienst ohne jegliche Zusatzleistungen oder nicht?
Vielen ein Rätsel: Was lässt sich auf den Mindestlohn anrechnen – und was nicht?
Es werden immer mehr Fälle zum Mindestlohn von den deutschen Arbeitsgerichten entschieden. Dennoch ist oft nur mit Mühe zu durchschauen, welche Voraussetzungen eine zusätzlich zur Grundvergütung gewährleistete Zusatzzahlung nun aufweisen muss, damit sie in den Mindestlohn miteinbezogen wird. Ein Laie kann da häufig nur noch raten.
Die Mitarbeiterin im Düsseldorfer Fall hatte geklagt, weil sie – auch in Folge des Berliner Urteils – annehmen konnte, dass der Leistungsbonus nicht anrechenbar auf den Mindestlohn sei. Das sah das Gericht allerdings anders. Die Argumentation: Ziel und Zweck des Mindestlohngesetzes sei es, dass alle Vollzeitbeschäftigten in der Lage seien, ihren Lebensunterhalt alleine durch ihr eigenes Einkommen zu sichern. Dabei sei es völlig egal, wie der Arbeitgeber die einzelnen Leistungen nun nennt; seien es Bonuszahlungen oder eine direkte Addition zur Grundvergütung.
Wichtig sei alleine, dass die Zusatzleistung einen Bezug zur Arbeitszeit aufzeige und als „Belohnung“ für die vollbrachte Arbeit ausgezahlt werde. Juristisch ausgedrückt, müssen die Leistungen vor allem einen sogenannten „Entgeltcharakter“ aufweisen.
Aha – und was heißt das jetzt auf Deutsch? Arbeitsleistung in Arbeitszeit bringt Mindestlohn
Die an die Angestellte gezahlten Boni (also Zusatzleistungen) berechnen sich aus der jeweiligen Arbeitsleistung, bezogen auf eine Arbeitsstunde. Somit ist der im Gesetz geforderte Bezug als Gegenleistung für die erbrachte Arbeit gegeben. Durch die variable Zahlung pro Arbeitsstunde (theoretisch hätte die Arbeitgeberin ja für die ersten vier Stunden 40 Cent zusätzlich, für die nächsten 2 Stunden jeweils 60 Cent und für die letzten zwei Stunden eines Achtstundentages 1 Euro Bonus auszahlen können) ist auch die Nähe zur Arbeitszeit vorhanden. Die Angestellte hat sich also zu Unrecht beschwert und daher blieb ihre Klage vor dem Arbeitsgericht erfolglos.
Sich Rat holen bei einem, der sich auskennt, kann von Vorteil sein!
Wer sich bei der eigenen Entlohnung nicht sicher ist, ob der Mindestlohn eingehalten wird, sollte sich an einen Fachanwalt im Arbeitsrecht wenden, um überflüssige Prozesskosten zu vermeiden und keine Verunsicherung in sein Arbeitsverhältnis zu bringen. Umgekehrt ist das Risiko für Arbeitgeber bei ambitionierten Experimenten, den Mindestlohn auf andere Weise als durch 8,50 € Grundvergütung die Stunde einzuhalten, sehr hoch. Gerade dann sollte man sich vorher durch anwaltliche Beratung absichern, um nicht Gefahr zu laufen, Bußgelder entrichten zu müssen.
Volker Schneider
Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Arbeitsrecht,
http://www.gks-rechtsanwaelte.de