Hat der Beschuldigte aber keinen Verteidiger – vielleicht, weil er keinen kennt – oder weil er sich (noch) keinen Verteidiger leisten will, so bestimmt die Strafprozessordnung, dass ihm auf Kosten der Staatskasse vom Gericht in gesetzlich geregelten Fällen ein so genannter „Pflichtverteidiger“ beigeordnet wird. Dabei handelt es sich dann um einen Verteidiger, den der Beschuldigte sich nicht selbst ausgesucht hat.
Pflichtverteidiger haben schlechten Ruf
Da gerichtlich bestellte Pflichtverteidiger nur den gesetzlich geregelten Mindestsatz als Vergütung für ihre Arbeit erhalten, haben sie – sicher auch auf Grund der Arbeit einiger weniger „schwarzer Schafe“ – landläufig den Ruf, für ihre Mandanten nur das Mindeste an Aufwand zu betreiben und damit nicht immer die optimale Verteidigung zu leisten, oder gar belastende Urteile einfach „durchzuwinken“.
Aber selbst wenn die Qualität der Arbeit kein Kriterium ist, kann es gewichtige Gründe geben, warum ein Beschuldigter seinen Pflichtverteidiger letztendlich doch gegen einen Verteidiger seiner Wahl auswechseln möchte. Denn eines ist klar: Auf Grund der besonderen Ausnahmesituation des Beschuldigten im Strafverfahren erfordert das Verhältnis zu seinem Verteidiger auch ein besonderes Vertrauen.
Es muss „menschlich“ passen
Nicht jeder Mensch kann vorbehaltlos mit anderen Menschen umgehen. Somit können zwischen Beschuldigtem und Pflichtverteidiger zwischenmenschliche Barrieren bestehen, die eine konstruktive Zusammenarbeit verhindern. Ist dies der Fall, sollte unbedingt darüber nachgedacht werden, den Pflichtverteidiger womöglich doch gegen einen Strafverteidiger der eigenen Wahl auszutauschen.
Wie funktioniert der Verteidigerwechsel?
Von einem einmal bestellten Pflichtverteidiger auf einen anderen Pflichtverteidiger zu wechseln, ist möglich, aber äußerst schwierig. Gesetzlich ist dies nur zugelassen, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen dem Beschuldigten und seinem Pflichtverteidiger derart zerrüttet ist, dass eine konstruktive Strafverteidigung nicht mehr möglich ist. Hier muss der Beschuldigte vor allem begründet darlegen, warum die Zusammenarbeit nicht mehr möglich ist. Ein einfacher Wunsch des Beschuldigten reicht leider nicht aus.
Einfacher ist die Möglichkeit, von einem Pflichtverteidiger auf einen Wahlverteidiger, der auf eigene Rechnung tätig wird, zu wechseln. Der Beschuldigte hat das Recht, seinen Verteidiger – so er denn einen wählen möchte – selbst frei auszusuchen. Das Gericht muss diesem Wunsch in aller Regel Folge leisten und die Bestellung des Pflichtverteidigers zurücknehmen.
Fühlt man sich als Beschuldigter also von seinem Pflichtverteidiger nicht optimal vertreten, so sollte man unbedingt die Möglichkeit in Betracht ziehen, nachträglich auf einen Wahlverteidiger zu wechseln, von dem man sich eine bessere Vertretung verspricht.
Tim Geißler
Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Strafrecht
http://www.gks-rechtsanwaelte.de