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Zur Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 28.04.2015

(lifePR) (Berlin, )
Nach der mündlichen Verhandlung vom 28.04.2015 und der darauf folgenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfolgte im Vorgriff auf die Urteilsbegründung eine Pressemitteilung. Da die Pressemitteilung teilweise auf den konkreten Einzelfall und damit auf die diesem Einzelfall zugrunde liegenden Sachverhaltsfeststellungen abstellt und teilweise allgemeine Ausführungen enthält, sind einige Erläuterungen angebracht.

Zunächst stellt der Bundesgerichtshof die Wirksamkeit auch zu Spekulationszwecken abgeschlossener Zinssatz-Swapverträge nicht in Abrede, da derartige Swap-Verträge nicht den gemeindlichen Wirkungskreis überschreiten und nicht gegen ein kommunales Spekulationsverbot verstoßen.

Hintergrund dieser Feststellung ist die grundsätzliche Allzuständigkeit der Kommunen auf sämtliche Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. Handelt es sich nicht um eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft, ist eine Kommune nicht nur unzuständig. Derartige Angelegenheiten gehören nicht mehr zum Wirkungskreis einer Kommune. Einer Kommune fehlt für außerhalb des Wirkungskreis liegende Rechtsgeschäfte die Rechtsmacht zum Abschluss dieser Rechtsgeschäfte. Da eine Spekulation mit Finanzderivaten keinerlei Bezug zur örtlichen Gemeinschaft haben, könnten derartige Geschäfte außerhalb des Wirkungskreises liegen und damit unwirksam sein. Obwohl dies auf einer Jahrzehnte alten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs basiert, wändet der Bundesgerichtshof insofern von ihm aufgestellten Grundsätze in den kommunalen Swap-Fällen offensichtlich nicht an. Der Pressemitteilung ist nicht zu entnehmen, ob dies auf einem unterlassenen Sachvortrag in den ersten Instanzen basiert oder auf einer bereits erfolgten fundierten rechtlichen Prüfung.

Zutreffenderweise moniert der Bundesgerichtshof unvollständige Feststellungen des Oberlandesgerichts Düsseldorf. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte bereits das Zustandekommen von Beratungsverträgen nicht sicher geklärt. Dies überrascht, weil es seit dem sog. Bondurteil des Bundesgerichtshofs ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist, dass zwischen einer Bank und ihrem Kunden dann ein - zumindest stillschweigend geschlossener - Beratungsvertrag zustande kommt, wenn zwischen Bank und Kunde der Abschluss von Finanzprodukten besprochen wird. Das Zugrundeliegen eines solchen Beratungsvertrags war auch die Grundlage dafür, dass der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 22.03.2011 der dort verklagten Deutschen Bank einen schwerwiegenden Interessenkonflikt unterstellt hat, über den sie hätte aufklären müssen. Dieser schwerwiegende Interessenkonflikt resultiert gerade aus dem Beratungsvertrag, zu dessen Inhalt es gehört, dass die beratende Bank die Interessen des Kunden zu wahren hat und dass sie ihn über bestehende Interessenkonflikte aufklären muss. Diese Aufklärungspflicht resultiert einerseits aus dem allgemeinen Grundsatz der Interessenwahrung bei Beratungsverhältnissen. Schließlich ist dieser Grundsatz gesetzlich in § 31 I 2 WpGH normiert. Wenn also das Vorhandensein eines Beratungsvertrags schon unklar ist, kommt der Bundesgerichtshof also nicht ohne weitere Tatsachenfeststellungen zu der Annahme eines schwerwiegenden Interessenkonflikts. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass das Oberlandesgericht Düsseldorf zwar ein Beratungsverhältnis zwischen der ehemaligen WestLB und der Stadt Ennepetal unterstellt hat. Das Oberlandesgericht Düsseldorf knüpfte diesbezüglich an einen falschen Zeitpunkt und unzutreffenden Umstand an. Es meinte, der Beratungsvertrag sei dem Abschluss eines sog. Rahmenvertrags vorgelagert und sei zugleich eine Nebenpflicht aus dem Rahmenvertrag. Maßgeblich ist hier allerdings jeder Einzelabschluss.

Dementsprechende Feststellungen fehlen im Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf. Diese sind nun nachzuholen. Dabei besteht kein Zweifel daran, dass das Oberlandesgericht Düsseldorf in seiner ergänzenden Beurteilung zu dem Ergebnis kommt, dass zwischen der Stadt Ennepetal und der ehemaligen WestLB vor Abschluss der jeweiligen Swap-Verträge Beratungsverhältnisse zustande gekommen sind. Dies entspricht schlicht und ergreifend ständiger Praxis.

Sofern sich also eine beratende Bank bei der Empfehlung eines Swap-Vertrags in einem schwerwiegenden Interessenkonflikt befindet, weil sie die Struktur des von ihr empfohlenen Swaps zulasten des von ihr zu beratenden Kunden verändert hat, muss sie über den daraus resultierenden anfänglichen negativen Marktwert aufklären. Der Bundesgerichtshof stellt nochmals ausdrücklich klar, dass die Verpflichtung zur Information auch über die konkrete Höhe des anfänglichen negativen Marktwerts besteht. Insofern wird auch diesbezüglich der Argumentation der Banken in den zahlreichen Verfahren, dem Kunden sei grundsätzlich bekannt gewesen, dass die Bank Margen einstrukturiere, ein Riegel vorgeschoben. Ob die Bank grundsätzlich Margen verdient, ist für die Beurteilung der Aufklärungspflicht irrelevant. Sie muss bei einem vorhandenen schwerwiegenden Interessenkonflikt den Kunden über die konkrete Höhe des daraus resultierenden anfänglichen negativen Marktwerts aufklären.

Eine Ausnahme macht der Bundesgerichtshof nur für den Fall, dass durch den empfohlenen Swap-Vertrag konkrete Zins- oder Währungsrisiken abgesichert werden. Wenn also ein Swap-Vertrag der konkreten Absicherung von tatsächlich bei einem Kunden bestehenden Zins- oder Währungsrisiko dient, muss nicht über einen anfänglichen negativen Marktwert aufgeklärt werden. Derartige Geschäfte sind allerdings nicht Gegenstand der zahlreichen gerichtlichen Verfahren.

Wie sich aus der Pressemitteilung vom 28.04.2015 weiter ergibt, knüpft der Bundesgerichtshof bei der Frage des schwerwiegenden Interessenkonflikts an seine Rechtsprechung zum CMS-Spread-Ladder-Swap-Vertrag an. Der schwerwiegende Interessenkonflikt kommt im anfänglichen negativen Marktwert zum Ausdruck. Diesen Zusammenhang stellt der Bundesgerichtshof erfreulicherweise deutlich klar, dass die Komplexität eines Swap-Vertrags kein Kriterium für eine Aufklärungspflicht ist. Im Gegenteil, diese Grundsätze gelten für alle Swap-Verträge. Insofern hat der Bundesgerichtshof hier für die zahlreichen, noch in den unteren Instanzen befindlichen Swaps anderer Banken eine erfreuliche Klarheit geschaffen. Andere Banken hatten sich stets darauf berufen, die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22.03.2011 sei eine Einzelfallentscheidung, bezogen auf den Spread-Ladder-Swap der Deutschen Bank gewesen.

Nicht für unvollständig, sondern für unzutreffend hält der Bundesgerichtshof die Ausführungen des Oberlandesgerichts Düsseldorf zur Verjährung möglicher Schadensersatzansprüche. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte für den Beginn der Verjährung den Abschluss des letzten Swap-Geschäfts innerhalb des bestehenden Rahmenvertrags angenommen. Hier geht der Bundesgerichtshof zutreffend davon aus, dass nicht der Rahmenvertrag zutreffender Anknüpfungspunkt für eine Verjährung ist, sondern der jeweilige Einzelabschluss. Denn - wie bereits dargestellt - entsteht vor jedem Einzelabschluss zwischen Bank und Kunde ein Beratungsverhältnis. Erfolgt innerhalb dieses jeweils einzelnen Beratungsverhältnisses eine Pflichtverletzung, kann nur dieses einzelne Beratungsverhältnis maßgeblicher Zeitpunkt für den Beginn einer Verjährung der daraus resultierenden Pflichtverletzung sein. Schließlich erteilt der Bundesgerichtshof einer vom Oberlandesgericht Düsseldorf vorgenommenen Vorteilsausgleichung eine Absage. Maßgeblich sind also die Schäden, die aus einer falschen Beratung und Empfehlung entstanden sind. Sollte aus einer falschen Beratung und Empfehlung kein Schaden, sondern ein Vorteil entstehen, ist dieser nicht zu berücksichtigen. Denn dies würde im Ergebnis einer Bank Tür und Tor für Falschberatungen öffnen, um auf diesem Wege vorangegangene Gewinne durch die aus weiteren Falschberatungen entstehenden Verluste wieder "abzuschöpfen". Mit anderen Worten, eine Bank könnte so lange risikolos falsch beraten, wie der Kunde "Verrechnungsmöglichkeiten" aus vorangegangenen Gewinnen hat. Dies kann nicht Sinn und Zweck eines Schadensersatzanspruches sein.

Da bei einer Zurückverweisung an das Oberlandesgericht Düsseldorf insbesondere im Rahmen der möglichen Verjährung von voraussichtlich festzustellenden Schadensersatzansprüchen eine Beweisaufnahme erforderlich sein dürfte, wird sich das wieder aufzunehmende Verfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf möglicherweise über einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren hinziehen.

Weitere Informationen durch:
Dr. Jochen Weck
Rössner Rechtsanwälte
Redwitzstr. 4 / 81925 München
Tel.: 089 – 9989220
Mail: info@roessner.de
www.roessner.de

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