Er geht dabei sowohl auf die Rolle des Finanzsystems bei der Unterstützung wirtschaftlicher Prozesse ein als auch darauf, inwiefern das Finanzsystem zur Eindämmung der Auswirkungen negativer Schocks auf die Funktionsfähigkeit der Märkte und auf die wirtschaftliche Entwicklung insgesamt beitragen kann.
Der Bericht wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Ausschuss für Bankenaufsicht (BSC), einem Forum zur Zusammenarbeit zwischen der EZB und den nationalen Zentralbanken sowie den Aufsichtsbehörden in der EU, erstellt.
Der Finanzstabilitätsbericht der EZB gibt einen Überblick über die und eine Einschätzung der Hauptrisikoquellen und möglichen Schwachstellen für die Finanzstabilität. Damit soll das Bewusstsein der Finanzwelt und der breiten Öffentlichkeit für Themen, die für die Finanzstabilität im Euroraum von Bedeutung sind, geschärft und ein Beitrag zur Vorbeugung gegen Finanzkrisen geleistet werden.
Die Gesamteinschätzung des Finanzstabilitätsberichts vom Juni 2008 lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Seit der Veröffentlichung des letzten Finanzstabilitätsberichts im Dezember 2007 kam es im Finanzsystem des Euroraums im Zuge der Finanzmarktturbulenzen zu weiteren erheblichen Anpassungen, bei denen die Kapitalpuffer großer und komplexer Bankengruppen jedoch weitgehend intakt geblieben sind. Einige der im vorangegangenen Bericht identifizierten Risiken - darunter eine weitere Verschlechterung der Bedingungen am US-Wohnimmobilienmarkt und eine Ausweitung der Spannungen an den Kreditmärkten - sind eingetreten. Zugleich sind seit Mitte März die Kreditausfallswap-Indizes in Europa und den Vereinigten Staaten sowie die Renditeaufschläge von Unternehmensanleihen auf breiter Front zurückgegangen, und es gibt erste Anzeichen für eine Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Markts für Leveraged Loans. Gleichwohl sind die Risiken für die Stabilität des Finanzsystems im Euro-Währungsgebiet bis zum Redaktionsschluss für die in dieser Ausgabe des Finanzstabilitätsberichts verwendeten Informationen und Daten (8. Mai 2008) im Vergleich zur Situation vor sechs Monaten insgesamt gestiegen. Diese Einschätzung spiegelt verschiedene Faktoren wider, darunter die weitere Verschlechterung der Bedingungen am US-Wohnimmobilienmarkt, die Bewertungsverluste der Banken in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften, die größer ausfielen als vor einem halben Jahr angenommen, und die deutlich verschärften Kreditvergabestandards der Banken.
Was die weitere Entwicklung betrifft, so sind die Aussichten für die Finanzstabilität im Euroraum mit großer Unsicherheit behaftet und viel wird von der konjunkturellen Entwicklung - vor allem am US-Wohnimmobilienmarkt - und dem Umgang der Banken mit einem deutlich schwierigeren Geschäftsumfeld abhängen. Darüber hinaus spielt für die Aussichten auch eine Rolle, inwieweit die von politischen Entscheidungsträgern weltweit und vom Finanzsektor selbst ergriffenen Initiativen und Maßnahmen, die darauf abzielen, das Vertrauen wiederherzustellen und die Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems zu stärken, schließlich umgesetzt werden.
In Anbetracht der erhöhten Unsicherheit und eines Umfelds, in dem sich Bilanzpositionen unerwartet ändern könnten, ist seitens der Finanzinstitute und Marktteilnehmer Wachsamkeit geboten und diejenigen, die erhebliche Engagements auf den Büchern haben, müssen ihre Bemühungen intensivieren, um mögliche zukünftige Risiken effektiv steuern zu können. Wahrscheinlich wird der Anpassungsprozess innerhalb des Finanzsystems länger andauern, da die Banken versuchen, ihre Liquiditäts- und Eigenkapitalausstattung zu verbessern.
Dies bedeutet, dass die Bilanzen in naher Zukunft nicht ganz so stark wachsen dürften. In einem ungünstigen Szenario könnte der Anpassungsprozess die reibungslose Kreditvergabe in der Volkswirtschaft stören. Bislang wurde das Angebot an Bankkrediten für private Haushalte und nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften durch die Finanzmarktturbulenzen jedoch nicht wesentlich beeinträchtigt. Zugleich könnte sich das Finanzsystem für sonstige Risiken, die in früheren Ausgaben des Finanzstabilitätsberichts bereits identifiziert wurden (beispielsweise unkontrollierte Entwicklungen aufgrund globaler Ungleichgewichte), anfälliger erweisen als zuvor.
Zu beachten ist, dass es sich bei den bisher von den betroffenen Finanzinstituten offengelegten Verlusten meist um Marktbewertungsverluste bei schwer zu bewertenden Aktiva handelt. Es bleibt abzuwarten, ob die eingepreisten Ausfälle bei den zugrunde liegenden Krediten tatsächlich in vollem Umfang auftreten. Sollten die Verluste letztendlich geringer ausfallen als gegenwärtig befürchtet, dann ist nicht auszuschließen, dass die Finanzunternehmen, die diese Vermögenswerte nach wie vor halten, Bewertungsgewinne bei Asset- Backed Securities und strukturierten Kreditprodukten in ihrem Portfolio verbuchen können, durch die diese früheren Marktbewertungsverluste teilweise ausgeglichen werden.