Der Bericht wird seit Dezember 2004 halbjährlich veröffentlicht und liefert eine Beurteilung der Stabilität des Finanzsystems im Euro-Währungsbiet. Er geht dabei sowohl auf dessen Rolle bei der Unterstützung wirtschaftlicher Prozesse ein als auch darauf, inwiefern das Finanzsystem zur Eindämmung der Auswirkungen negativer Schocks beitragen kann.
Die im Finanzstabilitätsbericht enthaltene Analyse wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Ausschuss für Bankenaufsicht (Banking Supervision Committee), einem Forum zur Zusammenarbeit zwischen der EZB und den nationalen Zentralbanken sowie den Aufsichtsbehörden in der EU, erstellt.
Ziel der Veröffentlichung des Berichts ist es, das Bewusstsein im Finanzsektor und der breiten Öffentlichkeit für Themen zu schärfen, die zur Wahrung der Finanzstabilität im Euroraum von Bedeutung sind. Der Bericht bietet einen Überblick sowie eine Einschätzung der Hauptrisikoquellen und möglichen Schwachstellen für die Finanzstabilität und soll damit einen Beitrag zur Vorbeugung gegen Finanzkrisen leisten.
Wie bereits in der Vergangenheit betont, wird mit dem Hinweis auf Risikoquellen und mögliche Schwachstellen nicht beabsichtigt, das wahrscheinlichste Szenario aufzuzeigen. Vielmehr geht es um die Herausstellung potenzieller und plausibler Risiken für die Finanzstabilität, selbst wenn die Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens relativ gering ist.
Die wichtigsten Ergebnisse der in dem Bericht enthaltenen Gesamtbeurteilung der Stabilität des Finanzsystems im Euroraum lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Da die Finanzsysteme derzeit (Abschlussdatum dieses Finanzstabilitätsberichts war der 9. November 2007) einen Prozess der Reintermediation und Verringerung des Verschuldungsgrads durchlaufen, hat sich die Unsicherheit, mit der die Aussichten für die Finanzstabilität im Euro-Währungsgebiet behaftet sind, erhöht.
Diese Unsicherheit könnte noch eine erhebliche Weile anhalten, bis mehr Klarheit darüber herrscht, wie sich die möglicherweise beträchtlichen Bewertungs- und Einkommensverluste, mit denen das Finanzsystem im Euroraum konfrontiert ist, insgesamt auf die einzelnen Finanzinstitute verteilen. Es gilt auch zu klären, wie die Liquiditätsgeber mit ihren Verpflichtungen gegenüber außerbilanziellen Zweckgesellschaften umzugehen beabsichtigen und in welchem Umfang die Risiken schließlich in die Bilanzen der Banken zurückfließen werden. Solange die Lage am US-Wohnimmobilienmarkt darüber hinaus keine Zeichen der Besserung erkennen lässt, ist nicht auszuschließen, dass am Markt für strukturierte Kreditprodukte weitere Spannungen zutage treten, vor allem wenn sich an den US-Hypothekenmärkten im weiteren Sinne die Kreditqualität verschlechtern sollte.
Da sich der Anpassungsprozess im Finanzsektor in den kommenden Monaten als nicht einfach herausstellen dürfte, könnte sich das Finanzsystem in der näheren Zukunft gegenüber dem Eintreten sonstiger Risiken, die in früheren Ausgaben des Finanzstabilitätsberichts bereits festgestellt wurden und nach wie vor relevant sind, als anfälliger erweisen. Diese Risiken stehen insbesondere mit folgenden Sachverhalten und Entwicklungen im Zusammenhang: Erstens erhöht sich mit der Zunahme der Verschuldung der privaten Haushalte und angesichts möglicher Schwachstellen in einigen Wohnimmobilienmärkten das Kreditrisiko, dem sich die Banken im Euro-Währungsgebiet kurz- bis mittelfristig ausgesetzt sehen. Zweitens steigt mit der starken Zunahme der Verschuldung in Teilen des Unternehmenssektors, vor allem im Zusammenhang mit fremdkapitalfinanzierten Unternehmensübernahmen (Leveraged Buy-outs – LBOs), die Wahrscheinlichkeit einer negativen Wende im Kreditzyklus, die höhere Ausfallraten bei den am stärksten verschuldeten Unternehmen mit sich bringt. Bisher deutet alles darauf hin, dass die Hedgefonds-Branche von den jüngsten Marktturbulenzen weitgehend unberührt blieb. Dennoch bestehen weiterhin gewisse Unsicherheiten hinsichtlich der Exposure, des Verschuldungsgrads und des Liquiditätsrisikos bei Hedgefonds. Schließlich besteht außerhalb des Euroraums weiterhin das Risiko einer ungeordneten Korrektur der nach wie vor erheblichen globalen Ungleichgewichte. Falls sich dieses Risiko realisieren sollte, könnte es zu weiteren Spannungen an den weltweiten Kapitalmärkten kommen, die die Risikomanagementsysteme und Verlustabsorptionsfähigkeit der wichtigsten Finanzinstitute auf eine ernsthafte Probe stellen könnten. Insgesamt sind die Risiken für die Stabilität des Finanzsystems im Euro-Währungsgebiet bis zum Redaktionsschluss dieses Finanzstabilitätsberichts im Vergleich zur Beurteilung, die vor sechs Monaten erstellt wurde, deutlich gestiegen.
Es gibt jedoch einige Faktoren mit milderndem Einfluss. Die Konjunkturaussichten sind insgesamt nach wie vor günstig, und wenngleich in einigen Bereichen mögliche Schwachstellen erkennbar werden, sind die Bilanzen der privaten Haushalte und Unternehmen doch größtenteils in guter Verfassung und stützen die Kreditwürdigkeit des nichtfinanziellen Sektors insgesamt. Außerdem sind die Eigenkapitalpositionen der wichtigsten Finanzunternehmen grundsätzlich solide.
Diese insgesamt positive Beurteilung der Schockresistenz sollte angesichts der erhöhten Unsicherheit kein Anlass zur Sorglosigkeit sein. In einem Umfeld, in dem sich der Zustand von Bilanzen unerwartet ändern könnte, ist Wachsamkeit geboten, und insbesondere Finanzinstitute sollten ihre Bemühungen um eine effektive Steuerung möglicher zukünftiger Risiken intensivieren.
Weitere Informationen Der Bericht ist auf der Website der EZB (www.ecb.int/pub) unter der Rubrik "Publications" abrufbar. Druckfassungen können unter nachstehender Adresse kostenfrei bei der Abteilung Presse und Information der EZB angefordert werden.