„Wenn man in den Lebenserinnerungen von Ludolf Hermann Müller blättert, die im landeskirchlichen Archiv aufbewahrt werden, lässt sich erahnen, was für eine Leistung dieser Mann vollbracht hat“, sagt Axel Noack, Bischof der Kirchenprovinz Sachsen. „Nach Kriegsende reiste er von Gemeinde zu Gemeinde, sammelte Leute um sich. Keine einfache Aufgabe in einer Region, die im Krieg schwer zerstört worden war. Mit dem Fahrrad, zu Fuß, per Anhalter hat er in Mitteldeutschland enorme Strecken zurück gelegt. Daneben gab es andere Hindernisse zu überwinden: Vertreter der preußischen Kirche versuchten zu verhindern, dass die Kirchenprovinz eigenständig wurde. Hinzu kamen die Probleme mit der sowjetischen Militäradministratur. Dass die Kirchenprovinz Sachsen ihren Weg zur Selbständigkeit gefunden hat, ist besonders dem Engagement von Ludolf Hermann Müller zu verdanken.“
Die Kirchenprovinz Sachsen und das Bischofsamt Geschicht-liche Hintergründe:
Die Einführung von Ludolf Hermann Müller ins Bischofsamt geschah am 16. Juli 1947 im Merseburger Dom. Der Magdeburger Dom kam dafür nicht Frage, weil er im Krieg schwer beschädigt worden war. Neben der Tagung der ersten freien Synode im Oktober 1946 war dies ein weiterer Schritt für die Kirchenprovinz Sachsen auf dem Weg zur Selbständigkeit. Vollständig abgeschlossen wurde der Prozess mit dem Inkrafttreten der Grundordnung der landeskirchlichen Verfassung am 1. Oktober 1950.
Ludolf Hermann Müller ist der erste Bischof einer nach dem Zweiten Weltkrieg selbstständig gewordenen Kirchenprovinz Sachsen. Bis 1945 gehörte sie zur Kirche der Altpreußischen Union (seit 1921), davor war sie eine Provinz innerhalb der Preußischen Landeskirche (seit 1815). Bischöfe hat es in der Kirchenprovinz Sachsen bereits im 19. Jahrhundert gegeben. Den Titel trugen mehrere Generalsuperintendenten mit Sitz in Magdeburg.