Im Rahmen des Projekts hatten sich Wissenschaftler mit Hilfe unterschiedlicher Methoden und aus dem Blickwinkel verschiedener Disziplinen mit Luft-Leckagen und Möglichkeiten für deren Bewertung befasst. Ergebnis: Man braucht eine breite Informationsbasis, um belastbare Aussagen zum Risikopotenzial einer Fehlstelle treffen zu können. Das gilt für die Leckagen selbst, beispielsweise ihre Größe und Verteilung. Doch auch zahlreiche weitere Faktoren wie das Gebäude insgesamt, seine Konstruktion oder Nutzung beeinflussen die möglichen Wirkungsweisen eines Luft-Lecks. Gerade in der Bauphase aber weiß man üblicherweise noch relativ wenig. Wird beispielsweise der Gipskarton so exakt verarbeitet werden, dass er als zusätzliche Luftdichtung Fehlstellen der eigentlichen Luftdichtheitsebene auszugleichen vermag? Und selbst wenn ja, wie will man ausschließen, dass spätere Eingriffe diesen Effekt wieder zunichte machen? Noch weniger vorhersagbar sind etwa künftige Nutzungsänderungen von Gebäude oder Gebäudeteilen. In ihrer Folge können sich zuvor gänzlich unauffällige Lecks plötzlich zu echten Problemstellen entwickeln.
„Da niemand hellsehen kann, raten wir jedem Handwerker, jedem, der den Bau begleitet, und jedem Bauherren: Sorgen Sie dafür, alle sichtbaren Lecks umgehend zu verschließen!“, formuliert FLiB-Geschäftsführer Dipl.-Ing. Oliver Solcher die aus solchen Beispielen abgeleitete Handlungsempfehlung des Fachverbands. Konsequentes Nachbessern sei in der Regel schnell erledigt und somit letztlich kostengünstiger, als zunächst über mögliche Wechselwirkungen nachzudenken oder aufwendig die Leckagefläche zu bestimmen. „Von einer ‚gewesenen Leckage’ weiß man zudem sicher, dass sie einem im Gebäudelebenszyklus keine Schwierigkeiten mehr machen wird“, ergänzt Solcher.
Auch die Forscher weisen dem Vermeiden und Reduzieren von Fehlstellen Vorrang vor ihrer Bewertung zu. Damit bestätigen sie eine Forderung des Fachverbands: Dieser wirbt seit Jahren für sauber ausgearbeitete Luftdichtheitskonzepte – also das sorgfältige Planen, Ausschreiben und Ausführen sämtlicher Details der luftdichten Ebene, ergänzt durch Eigenüberwachung durch die Handwerker, weitere Qualitätssicherungsmaßnahmen, wie zum Beispiel baubegleitende Blower-Door-Tests, und eben, wann immer nötig: Nacharbeiten. Nur so kann laut FLiB eine dauerhaft luftundurchlässige Gebäudehülle entstehen und vor Bauschäden schützen. Sollte es später dennoch zu Problemen kommen, hinter denen man Fehlstellen in der Luftdichtheitsebene vermutet, ist eine Beurteilung weder Sache der Baupraktiker noch der reinen Messdienstleistung. Auch darin sind Fachverband und Forscherteam sich einig: Das Bewerten von Luft-Leckagen gehört in die Hände erfahrener, für die jeweils konkrete Fragestellung sachkundiger Experten.
Das genannte Forschungsprojekt wurde vom FLiB e. V. gemeinsam mit dem Aachener Institut für Bauschadensforschung und angewandte Bauphysik gGmbH sowie dem Fraunhofer-Institut für Bauphysik (Valley) bearbeitet und mit Mitteln der Forschungsinitiative Zukunft Bau gefördert. Der Abschlussbericht steht unter anderem unter www.flib.de zum kostenlosen Download bereit.