Aus dem Booklet-Text der Doppel-CD: “Er war nur armer Leute Waisenkind...
So könnte man frei nach dem Refrain aus seiner Sommerballade “Lovize“ auch über François Villon selbst sagen. Sein Leben und seine “Balladen“ versetzen uns in finstere Zeiten eines mittelalterlichen feudalen Gottesstaates. Ein von Armut, Krankheit und Tod bedrohtes Volk, oft nicht einmal des Schreibens und Lesens mächtig, ließ sich in seiner Gottesfurcht von religiösen Oberhäuptern bereitwillig in jene politische Bahnen lenken, die Klerus, König und Adel Macht und Reichtum sicherten. Und wenn die Höllendrohungen der Kirche nicht ausreichten, dann konnten immer noch Henker und Folterknechte die Untertanen in Armut und Ungerechtigkeit halten. Wem bei “Kirche oder Kerker“ nur das Elend blieb, der konnte den reichen Almosen-Spendern ein gutes Gewissen verschaffen und sie anbetteln. Oder er wandte sich, wie nicht wenige Hoffnungslose, gleich ganz von der Gesellschaft ab und gesellte sich zu ihren kriminellen Außenseitern - wie François Villon. Aus armseligen Verhältnissen stammend hatte er immerhin das Glück gehabt, schon als Waisenkind bei dem vermögenden Stiftsherrn und Rechtsprofessor Guillaume de Villon ein Zuhause zu finden. Dort erhielt er zugleich eine für die Zeit außergewöhnliche Bildung. Er konnte sogar später an der Pariser Universität in Geisteswissenschaften ein Magisterstudium absolvieren und fand wohl die Zeit, sich als einer von ganz unten auch seine eigenen Gedanken über Gott und die Welt zu machen. Ein weiterführendes Studium wurde allerdings durch einen einjährigen Streik der Professoren unterbrochen. Villon musste sein Studium aufgeben und geriet wie viele andere Akademiker, mangels eines ihn ernährenden Handwerksberufs, in ein kriminelles Milieu (es wird sogar vermutet, dass er sich einer in Nordfrankreich gefürchteten Mafia, den “Muschelbrüdern“, angeschlossen haben könnte). Gleich zwei Mal musste Villon denn auch im Kerker seine bevorstehende Hinrichtung erwarten, nicht ohne dort zwei Testamente und viele andere “Balladen“ über seine Abrechnung mit der Welt niederzuschreiben. Nur sein Glück und seine Bittgedichte an die Mächtigen seiner Zeit retteten ihm jedesmal das Leben . Umso mehr schrieb er in seiner kraftvollen und ungeschminkten Poesie weiter gegen eine verlogene “Gerechtigkeit“ an, die Menschen zuerst mit Armut und Elend in die Verzweiflung trieb, um sie dann als bettelnde Almosenempfänger religiös zu missbrauchen oder sie als kriminelle “Sünder“ für ihre Gegenwehr an den Galgen zu bringen… Villons Poesie jedenfalls verewigte sich im 19. Jahrhundert u.a. in den Werken von Paul Verlaine und Arthur Rimbaud. Im 20. Jahrhundert inspirierte sie u.a. Bertolt Brecht (s. “Dreigroschenoper“), Klabund, Jacob Haringer und insbesondere Paul Zech (1931). Dessen sehr freie Villon-Interpretationen (lässt sich Lyrik überhaupt übersetzen?) wurden u.a. von Wolfgang Neuss, Ernst Stankovski, Markus Kiefer, Thomas Koppelberg und ab 1953 ausdrucksstark auch von Klaus Kinski rezitiert. 1959-1961 wurden die Kinski-Rezitationen erstmals auf Schallplatte veröffentlicht und nun durch Villon-Project Stil übergreifend musikalisch in Szene gesetzt.“ Reinhören in die 23 Titel z.B. hier: