Leonard Cohen starb am 7. November 2016. Aber seine Kunst lebt und wirkt weiter. Wie sehr, kann man beim aktuellen Tribute-Album So Long Leonard erleben. Der Sänger und Gitarrist Dirk Ende hat sich satte 15 Songs zur Saite (!) genommen (zur Stimme natürlich auch!), die eine Zeitspanne von 34 Jahren abdecken. Klar, das unsterbliche Hallelujah, die Mainstream-Hit-Blaupause First We Take Manhattan und der Evergreen Suzanne müssen sein, aber es sind die seltener gecoverten Stücke, die begeistern. Dazu zählt auch Lover Lover Lover, obwohl das in Deutschland ein Top-Ten-Hit war. Speziell bei diesem Stück kommt Dirk Ende dem Original stimmlich beängstigend nahe. Ein Gänsehaut-Kandidat! Wenn man unbedingt ein Haar in der Suppe finden will, kann man die sehr deutsche Aussprache bei Story Of Isaac monieren. Andererseits übertrifft sich Ende bei Chelsea Hotel, A Thousand Kisses Deep und eben Lover Lover Lover selbst. Natürlich besitzt der 61-Jährige nicht Cohens einzigartiges Timbre, hat andererseits über die volle Albumlänge von 72 Minuten eine weniger extreme Wirkung. Vor allem A Thousand Kisses Deep, 2001 veröffentlicht und damit der jüngste Song auf So Long Leonard, ist in dieser Version ein kleines Meisterwerk – überragend gut! Dieser ganz eigenen Qualität am nächsten kommen It Seems So Long Ago, Nancy und Stories Of The Street. Besonders diese Lieder besitzen einen individuellen Vibe, völlig losgelöst vom Original.
Wenn man bedenkt, dass ein Album mit dem Schwerpunkt auf Akustik-Gitarre und Gesang sehr schnell sehr langweilig werden kann, fasziniert es um so mehr, wie spannend So Long Leonard gestaltet wurde. Dirk Ende und seine Mitstreiter verneigen sich zwar vor dem unsterblichen Künstler Leonard Cohen, erstarren dabei aber nicht in Ehrfurcht, sondern interpretieren sein Werk selbstbewusst und scheuen sich nicht, eigene Wege zu gehen. Diese wurden von Kurt Fritsche bestens präpariert: Der Klang ist superb!
©Michael Schübeler EMPIRE-Magazin