Die Studie "Die Regulierung elektrischer Netze. Offene Fragen und Lösungsansätze", die eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe der Europäischen Akademie zur Erforschung von Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen nun vorgelegt und heute in Berlin präsentiert hat, greift diese Problematik auf. Die Studie analysiert die Netzwirtschaft und deren Regulierung und gibt Handlungsempfehlungen zu Investitions-, Sicherheits-, Effizienz- und Qualitätsaspekten der elektrischen Netze.
So schlägt die Autorengruppe vor, den Herausforderungen durch veränderte rechtliche Rahmenbedingungen für Netzbetreiber durch eine stärkere Kooperationsbildung unter den Netzbetreibern zu begegnen und die Netze langfristig auszubauen, um einen EU-weiten Strombinnenmarkt gewährleisten und trotz neuer Transportfunktionen der Netze gravierende Stromausfälle vermeiden zu können. Es bedarf einer wirkungsvollen Regulierung der elektrischen Netze als natürliche Monopole, damit sie in diesem komplexen Spannungsfeld funktionieren.
Die Schlussfolgerungen und Empfehlungen der Untersuchung zielen auf verschiedene Bereiche der Elektrizitätswirtschaft und der Regulierung ab: So sei aus ökonomischer und ökologischer Sicht weiterhin eine verbrauchernahe Erzeugung sinnvoll. Um eine gesamtwirtschaftlich kostengünstige Stromerzeugung zu erzielen, sollten die bisherigen Kalkulationsvorschriften durch Entfernungspauschalen ersetzt werden, die den Stromerzeuger angemessen an den Netzkosten beteiligen. Zudem sollte sich die Regulierung so ausrichten, dass die Investitionen am oberen Rand realistischer Prognosen vorgenommen werden und Strafzahlungen für schlechte Versorgungsqualität eingeführt werden. Außerdem empfiehlt die Studie, dass Verträge auch jenseits von Krisenfällen unterbrochen werden können, um besonders hohe und vermeidbare Belastungen der Netze zu verhindern.
Schließlich betonen die Autoren, dass die Regulierung der Netzwirtschaft ein langfristiger Lernprozess ist. Die unterschiedlichen Handhabungen der einzelnen EU-Staaten ermöglichen ein intensives Lernen voneinander, das wissenschaftlich zu untermauern und dessen gegenseitiger Austausch zu fördern ist. Dabei sollten Veränderungen in den Rahmenbedingungen und grundlegenden Konzeptionen nach Möglichkeit vermieden werden. Deshalb wird von der Arbeitsgruppe empfohlen, von einer eigentumsrechtlichen Entflechtung der Energieversorgungsunternehmen (Ownership Unbundling) zumindest in der näheren Zukunft abzusehen und der neuen Regulierung Zeit einzuräumen, um die gewünschten Ergebnisse zu erreichen.
Veröffentlichung:
U. Steger, U. Büdenbender, E. Feess, D. Nelles: Die Regulierung elektrischer Netze. Offene Fragen und Lösungsansätze. Band 32 der Reihe "Ethics of Science and Technology Assessment", hrsg. Von C. F. Gethmann, Springer-Verlag, Berlin 2008
Mitglieder der Projektgruppe:
- Professor Dr. rer. pol. Ulrich Steger, Inhaber des Alcan Chair for Business and the Environment, IMD, Lausanne (Vorsitz der Projektgruppe)
- Professor Dr. jur. Ulrich Büdenbender, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht und Energiewirtschaftsrecht der Juristischen Fakultät der TU Dresden
- Professor Dr. phil. Eberhard Feess, Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre (Mikroökonomie), RWTH Aachen
- Professor Dr.-Ing. Dieter Nelles, ehem. Lehrstuhl Energieversorgung, Energieübertragung und Kraftwerkstechnik an der Universität Kaiserslautern
Unter Mitarbeit von:
- Dipl.-Kfm. Christoph Adamczyk, Mitarbeiter am IMD, Lausanne
- Dr. rer. nat. Ruth Klüser, Dipl.-Chem., Europäische Akademie
- Karoline Mätzig, Rechtsanwältin bei Clifford Chance, Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Solicitors, Frankfurt am Main
- Dipl.-Kff. Mirja Schwabe, Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre (Mikroökonomie), RWTH Aachen
Projektkoordination:
Dr. rer. nat. Ruth Klüser, Dipl.-Chem., Europäische Akademie