Kapitaldeckung bedeutet, dass die laufenden Renten nicht nur (quasi) durch eine Weiterleitung der jeden Monat von der aktiven Erwerbsbevölkerung gezahlten Beiträge an die Rentner:innen finanziert werden. Zusätzlich soll auch einen Kapitalstock zum Beispiel aus Aktien und festverzinslichen Wertpapieren gebildet werden, der sich dann hoffentlich gut „verzinst“, sodass durch spätere Entnahmen hieraus ein Teil der Rente gezahlt werden kann.
Wie aus guten Überlegungen zur Altersvorsorge eine gute Headline wird
Aus einem gut durchdachten Beitrag (1) der Professoren Raimund Mauer und Hans-Peter Schwintowski lässt sich, wenn man nur einige wenige Aussagen heranzieht, eine Headline und ein Anreißer fertigen, der Aufmerksamkeit erregt. Auch bei uns …
So schreibt DAS INVESTMENT welche Rente ab dem 63. Lebensjahr sich mit einer einmaligen Anlage von 5.000 Euro gleich bei Geburt erzielen lässt (2). Und auch das Handelsblatt führt aus : „Wäre die sogenannte Generationenrente schon mit dem Geburtsjahr 1948 eingeführt worden, dann hätten die vom Staat beschenkten Bürger bis zum Alter von 63 – je nach Portfoliovariante – zwischen 68.900 und knapp 700.000 Euro angespart.“ (3)
Wenn zudem von möglichen Renten von 310 € bis 3154 € geschrieben wird, werden sicher viele Leser aufmerksam. Aber worum geht es genau:
Wissenschaftliche Empfehlung zur Einführung einer Generationenrente zur Verbesserung der Altersvorsorge
Die beiden vorgenannten Beiträge basieren auf einem jüngst veröffentlichten Vorschlag der Professoren Maurer und Schwintowski, in dem empfohlen wird, dass der Staat bei Geburt jedes neuen Bundesbürger 5.000 € in einen Kapitalstock von Aktien und Renten anlegt. Mit dem damit erzielten Wertzuwachs könnten dann zum Teil beträchtlichen Renten ausgezahlt werden. Die dann aktiven Beitragszahler in die staatliche Rentenversicherung könnten also entlastet werden. Die Rente müsste nicht mehr überwiegend aus dem bisherigen Umlageverfahren des Generationenvertrages gezahlt werden (und den beträchtlichen Zuschüssen des Staates erbracht werden).
Die Wissenschaftler haben konkret anhand vergangener Wertentwicklungen von unterschiedlich strukturierten Geldanlagen ermittelt, welche Renten jeweils möglich wären. Dazu betrachten sie unterschiedliche Geburtsjahre – beginnend mit dem Jahr 1948 – und rechnen von dem Geburtsjahr hoch, welche Rente sich zum Beispiel bis zum 63. Lebensjahr erzielen lassen. Konkret werden folgende Anlagezeiträume betrachtet:
- 1948 bis 2011
- 1949 bis 2012
- …
- 1958 bis 2021
Die hohe Unsicherheit des Vorschlages zeigt sich in der Schwankungsbreite der möglichen Renten. Die berechneten möglichen Renten stellen sich wie folgt dar, wobei hier ein Renteneintritt mit dem 67 Lebensjahr betrachtet wird:
Eine Anlage in einem gemischten Depot mit 30% Aktienanteil, 10% Offenen Immobilienfonds (4) und 60% Anleihen würde folgende Renten ermöglichen:
- mindestens 260 € zusätzliche Rente würden mit 75% Wahrscheinlichkeit erreicht werden
- mindestens 369 € zusätzliche Rente würden mit 50% Wahrscheinlichkeit erreicht werden
- mindestens 523 € zusätzliche Rente würden mit 25% Wahrscheinlichkeit erreicht werden
- mindestens 441 € zusätzliche Rente würden mit 75% Wahrscheinlichkeit erreicht werden
- mindestens 882 € zusätzliche Rente würden mit 50% Wahrscheinlichkeit erreicht werden
- mindestens 1769 € zusätzliche Rente würden mit 25% Wahrscheinlichkeit erreicht werden
Wissenschaftliche Empfehlung als Ansatz für Planung der privaten Altersvorsorge – nicht viel Neues
Wer den wissenschaftlichen Vorschlag im Original liest, wird feststellen, dass er nicht viel Neues zur Planung der Altersvorsorge enthält.
Auch im Bereich der üblichen Beratung zur privaten Altersvorsorge fließt der Zinseszinseffekt ein. Wird ein Geldbetrag nur lange genug angelegt und werden die Zinsen und sonstigen Erträge nicht entnommen, so ergibt sich ein beträchtliches Endkapital, weil es jedes Jahr auf die Zinsen ebenfalls Zinsen gibt.
Auch wird in der Beratung (und ebenfalls den Medien) immer wieder betont, wie wichtig es sei im Bereich der Aktien anzulegen.
Wissenschaftliche Empfehlung als Ansatz für Planung der privaten Altersvorsorge – dennoch mit wichtigen „versteckten“ Aussagen
Versteckte Aussagen sehen wir in der extremen Schwankungsbreite der möglichen Renten. Für die private Planung der Altersvorsorge macht es sehr wohl einen gewaltigen Unterschied, ob sich Renten von 441 € oder 1769 € ergeben (in dem Portfolio mit höherem Aktienanteil).
Unsere Kunden begegnen mit uns gemeinsam diesem grundsätzlichen Problem, indem die geplante Altersvorsorgestrategie regelmäßig überprüft und angepasst wird. Durch entsprechende „Sicherungen“ bisheriger guter Ergebnisse lässt sich die Schwankungsbreite möglicher späterer Renten deutlich eingrenzen.
Interessant ist auch eine Tabelle auf Seite 21 der Veröffentlichung, die aufzeigt, wie sehr sich die zusätzliche Rente erhöht, wenn diese später in Anspruch genommen wird. So steigt in dem Depot mit 70% Aktienanteil eine Rente, die nicht um 63. Lebensjahr in Anspruch genommen wird, sondern erst im Alter von 70 in 50% aller Fälle um 86%. Damit fällt die spätere Rente fast doppelt so hoch aus.
Es ist zwar nicht grundsätzlich erstrebenswert, eine Rente erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erhalten. Dennoch sollte der positive Aspekt einer späteren Rentenzahlung bei der Planung der Altersvorsorge beachtet werden. Wir berücksichtigen dies, indem wir Rentenzahlungen zeitlich gestaffelt planen. Wie dies im Einzelnen geht, zeigen wir auch Ihnen regelmäßig auf unseren kostenlosen Webinaren zur Planung der privaten Altersvorsorge.
Zu einer Übersicht all unserer Webinare zur Optimierung Ihrer Finanzen gelangen Sie hier.
Links/Anmerkungen:
(1) Raimund Maurer, Hans-Peter Schwintowski, Die Generationsrente ab Geburt: Vorschlag für eine Altersarmut vermeidende ergänzende kapitalgedeckte Alterssicherung, Leibniz Institute for Financial Research SAFE, August 2022
(2) DAS INVESTMENT, Welche Rente sich mit 5.000 Euro in Fonds erzielen lässt, 03.08.2022
(3) Handelsblatt, Bei Geburt angelegt: Welches Vermögen sich mit 5000 Euro erzielen lässt, 4.8.2022
(4) Konkret wird in dem Beitrag von verbrieften Immobilienanlagen gesprochen. Wir verwenden hier zum besseren Verständnis den Begriff Offene Immobilienfonds, obwohl diese Art der Anlage nicht allen möglichen verbrieften Anlagen entspricht.