Wie kann in diesem angespannten Umfeld auch noch die Herausforderung „Inklusion“ gelingen? Mit dieser Frage beschäftigten sich rund 70 Teilnehmende aus ganz Deutschland online beim FortSchritt-Fachtag. In vielen Kommunen sind die Kindertageseinrichtungen bis auf den letzten Platz ausgebucht. Die Teams der Kitas reagieren täglich sehr flexibel auf fehlendes Personal und vor allem auf die Bedürfnisse der Kinder. Denn rund 20 Prozent aller Kinder lebten mit einer (drohenden) Behinderung, zitierte die bayerische SPD-Landtagsabgeordnete Doris Rauscher bei der Fachtag-Podiumsdiskussion eine Studie. Als Vorsitzende im Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend und Familie kennt sie das Problem, dass Kinder mit besonderem Förderbedarf in der Berechnung von Kita-Plätzen immer noch zu wenig Beachtung finden. „Es fehlen schlichtweg integrative Plätze und Personal“, bestätigt FortSchritt-Geschäftsführerin Tatijana von Quadt. Das gehe in einigen Kommunen sogar soweit, dass Verantwortliche meinten, Kinder mit besonderem Förderbedarf nähmen den anderen Kindern die Kita-Plätze weg. „So wird es teilweise auch öffentlich kommuniziert“, bestätigt eine Erzieherin bei der Diskussion. „Seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention (BRK) in Deutschland 2009 haben Menschen mit Behinderung indes das Recht auf die volle und wirksame Teilhabe an der Gesellschaft und Einbeziehung in die Gesellschaft“, betont Tatijana von Quadt. Damit haben alle Kinder das Recht so gefördert zu werden, dass sie an der Gesellschaft teilhaben können.
Der Hintergrund der Kita-Platz-Problematik: Laut der Betriebserlaubnis für bayerische Kitas kann die Größe der Kinderkrippengruppe um zwei Plätze pro Integrationskind und die Größe der Kindergartengruppe um drei Plätze reduziert werden. Außerdem können laut Empfehlung der Regierung von Oberbayern „pro Stammgruppe maximal fünf Kinder mit Behinderung bzw. von Behinderung bedrohte Kinder aufgenommen werden“. Im pädagogischen Bereich sollten integrative Kindertagesstätten eine zusätzliche Heilpädagogische Fachkraft beschäftigen. Neben dem Bundesland, den Regierungsbezirken bestimmen die Landratsämter und schlussendlich die Kommunen, wie viele Betreuungsplätze sie für Kinder in allen Altersklassen zur Verfügung stellen. Diese Betreuungsplätze stehen wiederum dem Kita-Träger zur Verfügung, der am Ende der Kette versucht, die Plätze und das pädagogische Personal an die Bedürfnisse der Kinder und Eltern anzupassen. Kommt nun zu der schwierigen Kita-Platz- und Fachkräfte-Mangel-Problematik noch die Inklusion ins Spiel, stoßen viele Kitas an ihre Grenzen.
Die Pädagoginnen und Pädagogen des FortSchritt-Fachtages wollen, trotz aller Hürden, für die Inklusion „ihrer“ Kinder kämpfen. Beate Höß-Zenker, Geschäftsführerin der „Pfennigparade“ in München plädierte dafür, mehr Geld in multidisziplinäre Kita-Teams zu stecken, so dass die Spezialisierung der bestens ausgebildeten Fachkräfte auf einer viel breiteren Ebene allen Kindern zugutekommen könnte. Eine Reform des Systems könnte die Vielfalt von Kindern und Kita-Team abbilden und somit auch die Kita-Platz- und Fachkräfte-Planungen für alle erleichtern.
Die Erkenntnisse, dass in die frühkindliche Pädagogik mehr Geld fließen und das Berufsbild der Fachkräfte dringend aufgewertet muss, sei vorhanden, meinte Rauscher (SPD). „Wir haben ein Umsetzungsproblem.“ Und dafür müssten sich alle Kita-Teams und Träger gemeinsam stark machen. „Während Corona habe ich ständig an Herrn Söder geschrieben und es hat sich schon ein bisschen geändert“; sagte Elke Pentenrieder vom Fortschritt Kinderhaus in Eching. „Wir müssen uns zusammenschließen und weiterkämpfen!“