COVID-19 hat das gesellschaftliche Leben auf der ganzen Welt plötzlich und maßgeblich verändert. Viele Wirtschaftszweige wurden in den vergangenen Monaten nahezu zum Stillstand verdammt. Gleichzeitig wurde der Ruf nach digitalen Angeboten und Lösungen immer lauter, um die Folgen der Krise abzufangen, und legte sprichwörtlich den Finger in eine Wunde. Denn zeitgleich wurden auch die gravierenden politischen und behördlichen Versäumnisse rund um die Digitalisierung in Deutschland sichtbar. Die Pandemie wurde zum ungewollten Stresstest und Beschleuniger der digitalen Entwicklungen aller Lebensbereiche – von der Wirtschaft über die Bildung bis hinein ins Privatleben. Und das mit den immer wiederkehrenden gleichen Problemen: Deutschland fehlt es an einer ausreichenden Netzabdeckung und an qualifizierten Fachkräften, die eine erfolgreiche Transformation gewährleisten könnten.
Massive Umbrüche erlebte und erlebt dadurch auch der deutsche Weiterbildungsmarkt. Dies zeigen u.a. die ersten Ergebnisse der wbmonitor-Umfrage 2020 des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung – Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen e.V. (DIE), die vor allem die Lage von Anbietern im Präsenzbetrieb umreißen: Konnten mit Beginn des ersten Lockdowns durchschnittlich nur noch vier von zehn bereits laufenden Weiterbildungsveranstaltungen (41 %) fortgesetzt werden, mussten sogar weit über 70 Prozent der geplanten Angebote verschoben oder ersatzlos gestrichen werden. Die noch geretteten Veranstaltungen wurden in den virtuellen Raum verlagert. „Doch funktioniert auch dies nicht ohne Weiteres. Denn erfolgreicher Online- oder Distanzlehre müssen fundierte Konzepte zugrunde liegen“, weiß Mirco Fretter, Präsident des Bundesverbandes der Fernstudienanbieter. „Lehr- und Lernmaterialien müssen anders aufbereitet werden und auch die didaktischen Anforderungen an Dozenten in einem Präsenzseminar unterscheiden sich maßgeblich von denen eines Kollegen in der digitalen Lehre.“
Nachhaltige Bildung braucht Lernerfolgskontrollen
So ist es für den Verbandspräsidenten auch nicht weiter verwunderlich, dass das sogenannte Homeschooling in Deutschland in weiten Teilen misslingt. „Denn erfolgreicher Fernunterricht ist eben weit mehr als die Übertragung eines Arbeitsblattes via E-Mail oder WhatsApp an den Schüler“, schmunzelt Fretter. Der funktionierende Einsatz der richtigen Hard- und Software sei sicherlich wichtig, mache aber allein noch lange keinen guten Fernunterricht aus. Es bedarf durchdachter und speziell auf die Zielgruppe entwickelter Lehr- und Lernpfade. „Um es auf den Punkt zu bringen: Homeschooling und Zoomveranstaltungen sind kein Fernunterricht!“, stellt er klar.
Denn was Fernunterricht per Definition ist, ist in Deutschland sogar gesetzlich niedergeschrieben. Demnach handelt es sich im Sinne des Gesetzes konkret um Fernunterricht, wenn der Kontakt zwischen Lehrenden und Lernenden überwiegend asynchron erfolgt und es eine Art Lernerfolgskontrolle für den Teilnehmer gibt. Diese kann in Form von Prüfungen oder speziellen Aufgabenstellungen erfolgen und kennzeichnet die Nachhaltigkeit der Methode. Denn eine Lernerfolgskontrolle ist die einzige Möglichkeit zu prüfen, ob Wissen über eine Qualifizierungsmaßnahme auch tatsächlich vermittelt werden konnte und schließlich zu einer Transferleistung führt. „Und genau das unterscheidet den zertifizierten Fernunterricht von anderen Online-Angeboten, bei denen der Teilnehmer im besten Fall zwar aufmerksam konsumiert, das Gehörte, Gesehene oder Gelesene aber zu keinem Zeitpunkt anwenden muss“, macht Mirco Fretter deutlich.
Das Fernunterrichtsschutzgesetz – mehr als nur Verbraucherschutz
Niedergeschrieben ist diese Definition von Fernunterricht im Fernunterrichtsschutzgesetz (kurz FernUSG), das der Regulierung und Kontrolle des Fernstudienmarktes dienen soll. Es wurde bereits 1977 verabschiedet mit dem Ziel, dem Verbraucher Sicherheit über die Qualität von Bildungsangeboten im Fernunterricht zu geben. Das heißt, alle Fernunterrichtsangebote, die der beruflichen Weiterbildung dienen, müssen laut FernUSG von der Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) zugelassen sein. Die Behörde prüft nicht nur Inhalt und Struktur des Angebotes, sondern auch die Eignung des Lehrgangs zum Erreichen des versprochenen Bildungsziels. „Das ZFU-Siegel ist somit ein entscheidendes Qualitätsmerkmal und steht für zuverlässigen Verbraucherschutz“, informiert Fretter.
Geprüfte Qualität
„Die Mitglieder unseres Verbandes gehen bezüglich der Qualität von Weiterbildungsangeboten aber auch noch einen Schritt weiter und verpflichten sich bei Eintritt der Einhaltung spezieller Qualitätsstandards, die noch einmal über gesetzliche Mindestanforderungen hinausgehen.“
Wer sich für ein akademisches Fernstudium entscheidet, das auf einen Bachelor-, Master- oder MBA-Abschluss vorbereitet, sollte auf die staatliche Anerkennung der Hochschule achten. Neben der staatlichen Zulassung dienen Akkreditierungen der Qualitätssicherung von akademischen Bachelor- und Master-Studiengängen. Sie zeigen Interessierten, ob das ausgewählte Fernstudium den Qualitätsstandards entspricht. Zuständig für die Akkreditierung von Studiengängen oder Hochschulen sind verschiedene Akkreditierungsagenturen. Darüber hinaus nutzen auch zahlreiche private Fernhochschulen zusätzlich das ZFU-Siegel als Qualitätsmerkmal und lassen ihre Studienangebote von der Behörde überprüfen.
Zudem seien viele Bildungsanbieter, die dem Bundesverband der Fernstudienanbieter angehören, nach der DIN ISO 29990 oder anderen Normen zertifiziert. „Hierbei handelt es sich um Bildungsnormen, die international gültige Standards in der Aus- und Weiterbildung bescheinigen. Sie gewährleisten klar geregelte Abläufe auf Seiten des Anbieters, eine Steigerung der pädagogischen Vielfalt, mehr Service und Transparenz für den Lerner und somit letztlich zufriedenere Kunden. Für den Lerner bedeutet das, dass Institute, die dieses Siegel tragen, Bildungsangebote noch kundenorientierter entwickeln“, führt der Verbandspräsident weiter aus.
Fernstudienangebote werden immer beliebter
Immer mehr Menschen nutzen derzeit Fernlehrangebote für ihre Aus- und Weiterbildung. So zeigt sich in diesem Segment des Weiterbildungsmarktes ein anderes und viel positiveres Stimmungsbild, als eingangs beschrieben. „Fernunterricht hat sich als krisensicher erwiesen“, begründet Mirco Fretter diesen Trend. „Der Studienbetrieb an Fernschulen und Fernhochschulen konnte während des ersten Lockdowns und auch aktuell aufrechterhalten werden.“ Und nicht nur das - durch die Corona-Pandemie ist in den vergangenen Monaten die Nachfrage nach Fernstudienangeboten noch einmal signifikant angestiegen. Viele Berufstätige haben im Homeoffice festgestellt, was Fernstudierende schon lange wissen: nämlich, wie gut Arbeit und Kommunikation auch über die Distanz funktionieren. Sie nutzen nun diese Erkenntnis für ihre berufliche Weiterentwicklung, indem sie sich für ein Fernstudium entscheiden. Allein fünf der größten Fernstudienanbieter im Bundesverband verzeichneten im Jahr 2020 durchschnittlich eine gestiegene Nachfrage von mehr als 30 Prozent auf ihre Studienangebote.
Bei einem derartigen Nachfragehoch ist es naheliegend, dass viele neue Bildungsanbieter den Fernstudienmarkt für sich entdecken – sei es aus Alternativlosigkeit, da Präsenzveranstaltungen aktuell kaum angeboten werden können oder einfach, um als neue Player von einem zukunftsorientierten Markt zu profitieren. „Natürlich begrüßen wir diese Expansion und freuen uns, dass Fernunterricht mit seinen digitalen Elementen derzeit einen regelrechten Boom erlebt“, so Fretter. Doch gilt es hierbei im Sinne des Verbraucherschutzes auch ganz genau zu schauen, wer und was sich hinter den Angeboten verbirgt. „Denn auch auf dem Fernstudienmarkt gilt: ‚Es ist nicht alles Gold, was glänzt!‘ Und nur, weil mit dem Schlagwort ,Fernstudium‘ geworben wird, entspricht die Qualität der Inhalte leider nicht immer definierten Branchen-Standards“, warnt Fretter.
Forderung des Verbandes: Qualität statt Wildwuchs
„Dabei ist das Regelwerk für den Fernstudienmarkt durch das Fernunterrichtsschutzgesetz, die ZFU als Aufsichtsbehörde und Akkreditierungsagenturen eigentlich klar definiert“, resümiert Fretter. Und doch gibt es immer wieder Mitbewerber, die diese Zulassungspflichten nicht kennen oder im schlimmsten Fall sogar ignorieren. „Bestehende Regularien greifen anscheinend unzulänglich und die Einhaltung von Gesetzen wird nicht final verfolgt“, bemängelt Fretter. Daher fordert der Verband eine striktere Überprüfung des Fernstudienmarktes durch Bund und Länder und eine Stärkung der ZFU als Hüterin des Fernunterrichtsschutzgesetzes. Mehr als 500.000 Menschen nutzen jährlich bundesweit diese zukunftsorientierte Form der Wissensvermittlung für ihre persönliche Weiterbildung und machen Fernunterricht und Fernstudium somit zu einer immer stärker werdenden Säule der Erwachsenenbildung. Viele weitere Lerner kommen aktuell hinzu, sammeln Erfahrungen mit den digitalen Elementen der Methode in Job und Privatleben und entdecken Fernunterricht samt seinen Möglichkeiten, die er für die persönliche und berufliche Entwicklung bereithält. „Um ihnen auch weiterhin die hohe Qualität von Bildungsabschlüssen im Fernunterricht garantieren zu können, muss die Einhaltung von Gesetzen und definierten Standards strenger geprüft werden“, mahnt Mirco Fretter.