Eine unsichtbare Gefahr verändert gerade weltweit die Art und Weise, wie wir leben und kommunizieren. Die persönlichen Beziehungen zu Kunden, Geschäftspartnern, Mitarbeitern sind massiv eingeschränkt. Kein gewohntes Begrüßungsritual, ja zum Teil gar kein Blickkontakt – und wenn, dann nur aus der Ferne per Kamera, kein gemeinsamer Tee oder Kaffee bei der wichtigen Besprechung, kein Handschlag nach dem Vertragsabschluss. „Die emotionale Bindung, die Nähe, die Verbundenheit durch persönliche Kontakte ist per Dekret aufgehoben“, sagt Roman Becker, Autor des Buches „Das Fan-Prinzip."
Aus mehr als 20 Jahren Marktforschung und Fan-Forschung wisse er: Auch digitale Kontakte steigern die emotionale Bindung. Auch digitale Kontakte machen Kunden zu Fans. Die entscheidende Komponente sei: Die digitalen Kontakte müssten von Seiten des Kunden als exzellent und einzigartig empfunden werden. Nur wenn dies der Fall sei, wirke sich das auf die Fan-Quote aus, also auf die emotionale Bindung. „Wir sprechen – in Studien zur Kontaktqualität - immer davon, dass nur die „1“ aus der Schulnotenlogik zählt. Schon bei der 2 sinkt die Fan-Quote unter die von Kunden, die gar keinen Kontakt hatten.“
Hier seien die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Unternehmen und Organisationen gefragt. Denn nehme man es ganz genau, so gebe es gar keine „digitalen Kontakte“. Es handele sich immer um Mensch-zu-Mensch-Beziehungen. Hinter jedem digitalen Kanal seien Menschen am Werk: „Die Website eines Unternehmens zum Beispiel ist von Menschen gemacht, die durch ihre passende Botschaft eine Emotionalisierung der Kunden erreichen können. Vorausgesetzt sie kennen die Bedürfnisse ihrer Kunden. Gleiches gilt für die sozialen Netzwerke, für Telefon, Videobotschaften, Webinare, etc.“, erklärt der Fan-Forscher.
Leben in Corona-Zeiten
Die Menschen sammeln also Erfahrungen mit der digitalen Welt, sie stellen sich auf digitale Kontakte ein. Und sie merken – so Becker: Es funktioniert. Homeschooling funktioniert, HomeOffice auch, Einkaufen bei der Online-Apotheke sei schnell erledigt, Blumen, Kräuter und neue Erde für den Garten würden geliefert, ja sogar der Bücherladen und das Gasthaus um die Ecke bringe das Bestellte nach Hause. Und so manch älterer Herr waget den Weg ins Online-Banking und werde sich wohl auch künftig den Spaziergang zur Bankfiliale mit dem händisch ausgefüllten Überweisungsträger sparen. „Kunden werden sich an diese digitalen Angebote gewöhnen. Und sie werden sie lieben. Und es gibt kein Zurück. Weil alles so viel einfacher ist. Und vor allem hygienisch, für den Moment ein Schlüsselfaktor“, konstatiert der Marktforscher.
Alles digital, alles neu?
Unternehmen hätten jetzt den Druck – aber auch die Chance, sich auf diese neuen Nutzergewohnheiten und Erwartungen einzustellen. Und zwar schnell – und trotzdem professionell. „Denn wer schlechte Prozesse digitalisiert, wird danach schlechte digitale Prozesse haben. Es geht darum, für die Kunden eine spürbare Identifikation erlebbar zu machen. Unternehmen müssen gerade jetzt, bevor sie mit dem Gießkannenprinzip in digitale Prozesse investieren, die relevanten Bedürfnisse ihrer Kunden kennen. Und genau diese Bedürfnisse müssen an jedem nur möglichen Touchpoint exzellent bedient werden“, erklärt Roman Becker. Das mache die Kunden zufrieden, ja mehr noch: Das mache Kunden zu gewinnbringenden Fans.
Mitarbeiter als Fan-Macher
„Aus hunderten Studien wissen wir, dass die Motivation und die Kundenorientierung der Mitarbeiter bei digitalen Kanälen eine ebenso bedeutsame Rolle spielen wie bei persönlichen Kontakten“, analysiert Becker. Kunden hätten ein sehr feines Gespür dafür, wie kundenorientiert die Mitarbeiter eines Unternehmens seien, die für die Gestaltung und die Pflege von digitalen Kanälen verantwortlich sind. Sie könnten Aspekte wie „Ich fühle mich auf einer Website aufgehoben“ oder „Den Verantwortlichen fällt es leicht, sich in die Lage der Besucher/Nutzer zu versetzen“ sehr genau und differenziert bewerten. „Und diese Aspekte erweisen sich regelmäßig in Kundenbefragungen als hochrelevant für die Gesamtwahrnehmung der digitalen Kanäle, also dafür, ob am Ende die Note „1“ der Schulnotenskala steht oder nicht. Denn eben nur exzellente digitale Kontakte machen Fans!“
„A propos Fans: Das sind jene Kunden, die auch in der Krise bleiben und treu sind; jene, die mehr und häufiger kaufen; die weniger preissensibel sind und die – über alle digitalen Kanäle hinweg - beste Botschafter sind“, erklärt der Fan-Forscher.