Die Restaurierung des Francke-Wohnhauses und die Einrichtung einer Dauerausstellung zum Leben und Werk August Hermann Franckes wurde gefördert durch den Beauftragten des Bundes für Kultur und Medien, das Land Sachsen-Anhalt, die Ostdeutsche Sparkassenstiftung, die Föderation Mitteldeutscher Kirchen sowie den Freundeskreis der Franckeschen Stiftungen e.V.
Im Jahr 1702 zog August Hermann Francke in das ehemalige Gasthaus zur Goldenen Rose, um den Aufbau seines sozialen und pädagogischen Reformwerks in enger räumlicher Anbindung an das Waisenhaus zu leiten. In der unmittelbaren Nachbarschaft zum herrschaftlich wirkenden Waisenhaus nimmt sich das Wohnhaus August Hermann Franckes vergleichsweise bescheiden aus. Das kann auch als Programmansage Franckes gewertet werden, der sein Privatleben gegenüber seinem großen Reformwerk immer in den Hintergrund gestellt hat. Dennoch ist es ein herausragender Ort, weil er sich so eng mit der Stifterpersönlichkeit verbindet.
Das Wohnhaus August Hermann Franckes ist aber auch Teil der historischen Bebauung des südlichen Franckeplatzes, der ältesten erhaltenen Bausubstanz des Stadtteils Glaucha. Im 18. Jahrhundert prägte die Handelsstraße nach Süddeutschland den gleichnamigen Vorort von Halle. Eine Situation, die August Hermann Francke im ausgehenden 17. Jahrhundert dazu bewegte, sein weltweit ausstrahlendes pädagogisches und soziales Werk in Glaucha zu begründen. Das Francke-Wohnhaus ist das erste Gebäude dieses Bauensembles welches jetzt saniert werden konnte. Seine Einweihung visualisiert den ersten Schritt zur Wiederherstellung des Entrees der Franckeschen Stiftungen und steht damit für einen bedeutsamen Wendepunkt im Antrag auf Aufnahme in das Weltkulturerbe der UNESCO.
Auch aus kulturhistorischer Sicht nimmt das Wohnhaus August Hermann Franckes einen besonderen Platz ein. Von hier aus betreute Francke sein weltweit wirkendes Reformwerk, welches in die spätere Literaturals "zweite Reformation" einging. Im direkten Rückbezug auf Martin Luther nahm er die reformatorischen Ideen auf und entwickelte sie weiter: lebendige Religion, Bibeln für Alle, soziales Engagement und Bildung für Alle sind die Schlagworte, mit denen der hallische Pietismus in die Reformationsdekade einzuordnen ist. Millionen deutschsprachiger Volksbibeln, gängige evangelische Kirchenlieder, die erste protestantische Mission und die Wiege der Diakonie standen in den Franckeschen Stiftungen zu Halle.
Mit dem Informationszentrum, einer neuen Dauerausstellung, die sich ganz dem Stiftungsgründer widmet und der Bibelmansarde im Dachgeschoss wird das Haus wieder zu einem lebendigen Ort in Ergänzung des Stiftungsensembles werden. In der ehemaligen Wohnetage der Familie Francke lässt eine ungewöhnliche Ausstellung die Stifterpersönlichkeit und seine vielfältigen Talente entdecken. Ob Theologe und Pädagoge, Global-Player und Visionär, Wirtschaftsexperte oder Bauherr - prominente Persönlichkeiten des heutigen gesellschaftlichen Lebens stellen in neun Filmen die Begabungen und die Tatkraft August Hermann Franckes vor. Ein Ort der Begegnung und Besinnung wird die neue Bibelmansarde im Francke-Wohnhaus sein, die zur Beschäftigung mit Glaubensfragen einlädt. Hier können sich Besucher, Angehörige der Franckeschen Stiftungen, Theologen und Nichttheologen zu Bibelgesprächen zusammenfinden oder zur individuellen Bibellesezurückziehen. Die Franckeschen Stiftungen betonen damit das geistige Fundament der Arbeit, die Francke hier im christlichen Geist begonnen hat. Im Dreiklang mit dem neuen Informationszentrum im Erdgeschoss stellt das Wohnhaus August Hermann Franckes heute wieder das Zentrum der Franckeschen Stiftungen dar.