Nach einer kleinen Feierstunde für geladene Gäste rollte ein geschmückter Urbos zur ersten offiziellen Ausfahrt vom Betriebshof der VAG. Am Abend desselben Tages gab es dann noch zwei weitere Fahrten für Fahrgäste, die sich auf einen Aufruf im VAG Kundenmagazin "Facetten" hin dafür beworben hatten - diese Plätze waren übrigens schon einen Tag nach Erscheinen des Heftes komplett ausgebucht.
VAG Vorstand Stephan Bartosch sagte nach seinen begrüßenden Worten, dass die gekauften Fahrzeuge bestens den gewünschten Anforderungen entsprechen "Pünktliche Lieferung, gute Testfahrten und schnelle und problemlose Inbetriebnahmen sprechen für das Fahrzeug samt Hersteller. Auch das ruhige Fahrverhalten und der gute Fahrkomfort überzeugen. Ich bin mir sicher, dass auch unsere Fahrgäste dies zu schätzen wissen werden. Dank der weit fortgeschritten Barrierefreiheit im Freiburger Stadtbahnnetz stellen auch die zwei großen Multifunktionsflächen vor allem für Personen im Rollstuhl, mit Kinderwagen oder Rollatoren eine neue Qualität dar."
Oberbürgermeister Dr. Dieter Salomon erinnerte daran, dass VAG und Stadt derzeit "das größte Ausbauprogramm in der über 100jährigen Geschichte der Freiburger Straßenbahnen stemmt. In die insgesamt vier neuen Streckenabschnitte fließen Investitionen von über 150 Millionen Euro. Ein wichtiger Teil dieses Pakets ist auch die Erneuerung und Vergrößerung des Fahrzeugparks, denn neue Strecken brauchen auch zusätzliche Fahrzeuge."
Für den Hersteller, die im spanischen Beasain beheimatete "Construcciones y Auxiliar de Ferrocarriles" (CAF), merkte Koen de Clercq (Area Direktor CAF D-A-CH) an: "CAF ist stolz auf den erfolgreichen Markteintritt in Deutschland mit dem Urbos Freiburg, zumal Freiburg und sein Stadtbahnbetrieb ein großes Renommee aufweist"
Die sechs neuen Fahrzeuge werden wegen anstehender Netzerweiterungen und zur Modernisierung des Fahrzeugparks benötigt. Eine zweite Lieferung von weiteren sechs Urbos 100 erfolgt im Jahr 2017.
In den Linieneinsatz werden die ersten Urbos 100 am 27. Juli gehen.
Der Auftrag an CAF erfolgte nach einer europaweiten Ausschreibung, an der sich mehrere Hersteller beteiligt hatten. Über den genauen Kaufpreis, der neben den Fahrzeugen auch Ersatzteile sowie ein Servicepaket beinhaltet, wurde Stillschweigen vereinbart. Er liegt jedoch unter 40 Millionen Euro.
Das Fahrzeug
Der Urbos 100 zeichnet sich durch ein großzügiges Innenleben und ein durchdachtes Sicherheitskonzept aus. Doch auch die äußere Erscheinung "unserer Spanierin" kann sich sehen lassen. Ihre geschwungene "lächelnde" Front kommt ebenso dynamisch daher wie Ihre ruhige aber kraftvolle Fahrweise.
Die Straßenbahnen tragen den Namen Urbos. Der Typ Urbos 1 wurde 2004 erstmals ausgeliefert. Seitdem wurde das Fahrzeug ständig weiterentwickelt. Seit 2010 wird die Version gefertigt, welche auch in Freiburg zum Einsatz kommt. Mittlerweile rollen die Urbos unterschiedlicher Baureihen zum Beispiel in Nantes, Edinburgh oder Stockholm. Doch das Einsatzgebiet reicht auch bis Südamerika, Australien und Taiwan.
Das Innenleben
Die Fahrzeuge sind zu 100 Prozent in Niederflurtechnologie ausgeführt. Innerhalb des Fahrzeugs sind keine Stufen vorhanden.
Das 7-teilige Multigelenkfahrzeug, das an beiden Enden Fahrerstände aufweist ("Zweirichtungsfahrzeug") ist mit knapp 42 Metern Länge so lang wie die Combinos. Drei der vier Fahrwerke sind angetrieben, und verfügen über eine elektrische Gesamtleistung von 900 kW. Das vierte Fahrwerk ist nicht angetrieben, hat jedoch ein passives Bremssystem.
An jeder Wagenseite befinden sich 5 Doppeltüren mit einer Durchgangsbreite von über 1,30 m sowie eine Einzeltür. Das Fahrzeug bietet Platz für 241 Fahrgäste und verfügt über 66 + 6 Sitzplätze.
Im Fahrzeuginneren befinden sich zwei Multifunktionszonen, die mit 6 Klappsitzen ausgestattet sind. Diese Zonen sind für das Abstellen von Rollstühlen, Rollatoren und Kinderwagen vorgesehen und werden entsprechend gekennzeichnet. Zusätzliche horizontale Haltestangen mit Haltewunschtastern verbessern das Platzangebot. Für den Zustieg mobilitätseingeschränkter Fahrgäste an den wenigen nicht entsprechend ausgebauten Haltestellen in der Innenstadt sind Klapprampen vorhanden. Der Kontakt zum Fahrer kann dort über Sprechstellen an den Türportalen oder den Multifunktionsbereichen hergestellt werden - ein Novum im Freiburger Fuhrpark.
Zum Schutz der Fußgänger sind sämtliche Aussparungen an der Fahrzeugfront und an den Seiten durchgehend tief verkleidet, außerdem verfügt das Fahrzeug über einen neuartigen Überrollschutz im Frontbereich.
Fahrgastraum
Der Fahrgastraum wird mit modernen Materialien gestaltet, welche auch bei intensiver Nutzung stabil und widerstandsfähig sind und somit eine lange Lebensdauer erreichen können. Die Materialien lassen sich einfach reinigen und Verschleißteile wie zum Beispiel die Sitzbezüge können leicht ausgetauscht werden. Die Haltestangen werden wie bei allen Freiburger Fahrzeugen in Edelstahl ausgeführt. Durch die großen, getönten Fensterflächen gelangt sehr viel Licht in den Innenraum. An der Decke befinden sich zwei durchgehende Lichtbänder, welche auch bei Dunkelheit für eine sehr gute Ausleuchtung des Innenraumes sorgen. Über Sensoren wird die Innenraumbeleuchtung automatisch den Außenlichtverhältnissen angepasst.
Der gesamte Fahrgastraum ist klimatisiert, wobei aus ökologischen Gründen eine gute Entfeuchtung der Luft und nur eine mäßige Temperaturabsenkung realisiert werden. Im Winter sorgen zusätzliche Warmluftheizgeräte für eine gleichmäßige, behagliche Temperatur.
Die Multifunktionsbildschirme versorgen den Fahrgast mit allen erforderlichen Informationen über den Linienverlauf. Zum Schutz unserer Fahrgäste und des Fahrpersonals erhält das Fahrzeug eine Videoanlage. Außerdem befinden sich in jedem Fahrzeug zwei Fahrkartenverkaufsautomaten der neuen Generation, die auch Geldscheine und EC-Karten akzeptiert.
Wagenaufbau
Die tragenden Teile der Wagenkastenmodule bestehen aus unterschiedlichen Materialien. Eingesetzt werden Stahlprofile im Bereich der hochbelasteten Längsträger, Aluminiumprofile und Aluminiumbleche für Querträger, Böden, Türschwellen, Decken und Seitenwände sowie Verbundelemente aus verschiedenen Werkstoffen für die Innenraumausstattung.
Die Untergestelle der einzelnen Module sind über Kugelgelenkverbindungen gekoppelt, im Dachbereich sorgen je eine starre und eine flexible Gelenkverbindung für die sichere Kraftübertragung.
Das Fahrzeug weist ein Leergewicht von 53 t auf.
Außendesign
Der Urbos 100 verfügt über ein zeitgemäßes Außendesign ohne dabei aufdringlich zu wirken. Abgerundete Formen ohne überstehende Anbauteile verbessern die Fahrdynamik und vermindern die Fahrgeräusche. Die bisher immer sehr auffälligen, großen Außenspiegel werden durch Kamerasysteme ersetzt, die dem Fahrer eine gute Sicht über die gesamte Längsseite ermöglichen. In der Grundversion werden die Fahrzeuge in den Freiburger Farben Weiß, Rot und Schwarz ausgeliefert. Die Fahrzeuge können auch problemlos wie bisher mittels Klebefolien als bunte Werbeträger genutzt werden.
Die Firma CAF
CAF ist ein spanischer Hersteller von Schienenfahrzeugen mit Sitz in Beasain im Baskenland. Das Unternehmen ging hervor aus einer Eisenhütte, wurde 1917 als Fabrik zur Herstellung von Waggons neu gegründet und besteht in seiner jetzigen Form seit 1971. Das Produktportfolio reicht vom Hochgeschwindigkeitszug über U- Bahnen und S- Bahnen bis zu den Straßenbahnen. CAF ist international tätig und hat z.B. auch schon U-Bahnen nach Washington D.C. geliefert. In Bezug auf die verkauften Straßenbahnfahrzeuge nimmt CAF derzeit in Europa den 2. Platz ein. Die Lieferung der neuen Straßenbahnen für Freiburg ist der erste Auftrag für CAF in Deutschland.