Die Freiburger Stadtbahnfahrzeuge verfügen seit langem - sozusagen "serienmäßig"- über die Technologie, dass beim Bremsen gewonnene elektrische Energie wieder zurück in das Stromnetz der Straßenbahn gespeist wird. Fährt eine andere Bahn in der Nähe vorbei, kann diese den Strom aufnehmen. Die rückgespeiste Bremsenergie geht jedoch verloren, wenn keine andere Bahn in der Umgebung ist. Dies ist besonders häufig an Endhaltestellen oder auf weniger befahrenen Strecken der Fall.
Deshalb fiel die Wahl zur Platzierung des Schwungradspeichers auf die Wendeschleife Moosweiher der Stadtbahnlinie 1 in Landwasser. Berechnungen haben ergeben, dass auf diese Weise pro Jahr rund 250.000 Kilowattstunden Bremsstrom gespeichert werden können. Dies hat eine wirtschaftliche und eine umweltseitige Komponente. Einerseits muss die VAG dann 250.000 Kilowattstunden weniger an Fahrstrom erwerben, was einem Jahresenergiebedarf von etwa 65 Haushalten entspricht, und andererseits werden dadurch Emissionen von jährlich rund 145 Tonnen CO2 vermieden.
Funktionsweise des Schwungradspeichers
In einem kleinen Gebäude nahe der Wendeschleife in Landwasser wird ein mühlsteinartiges Schwungrad, das einen Durchmesser von einem Meter aufweist und 1,9 Tonnen Gewicht auf die Waage bringt, installiert. Dieses Schwungrad wird durch überschüssigen Bremsstrom in eine Rotationsbewegung versetzt. Dabei kann eine Drehzahl von bis zu 3450 Umdrehungen je Minute erreicht werden. Auf diese Weise wird die elektrische Energie in Bewegungsenergie umgewandelt. Immer dann, wenn die Spannung in der Oberleitung aufgrund einer anfahrenden Stadtbahn sinkt, wird die im Schwungrad gespeicherte Energie als Fahrstrom zur Verfügung gestellt.
Ein Jahr lang werden Funktionsweise und Effektivität der Anlage getestet und beobachtet. Sollten die gewonnenen Ergebnisse positiv sein, wird die VAG prüfen, ob ähnliche Anlagen auch an anderen Stellen im Stadtbahnnetz eingesetzt werden können, um in Zukunft dazu beizutragen, den Fahrstrom noch effizienter zu nutzen. Im Probejahr erfolgen zudem Lärmmessungen, um sicherzustellen, dass die Umgebung nicht von der Geräuschentwicklung des Schwungrades beeinträchtigt wird.
Der neuartige Ansatz hat auch die badenova davon überzeugt, in das Projekt mit einzusteigen. Der regionale Energiedienstleister steuert rund 150.000 Euro aus dem Innovationsfonds bei. Anke Held, die den Fonds bei Badenova verantwortet: "Energieeffizienz spielt auch bei der Mobilität der Menschen eine große Rolle. Die Bremsenergie von Straßenbahnen zu nutzen, kann auch für andere Verkehrsbetriebe interessant sein." Die badenova hilft seit Jahren Unternehmen, Forschern, wissenschaftlichen Einrichtungen und anderen Ideengebern dabei, ihre innovativen Klimaschutz-Vorhaben in die Tat umzusetzen. Dafür investiert die badenova unter anderem Mittel aus dem Innovationsfonds, der jedes Jahr drei Prozent des Unternehmensgewinns für Zukunftsprojekte zur Verfügung stellt.
Tatsächlich hat die Freiburger Anlage in Ihrer Ausführungsform Modellcharakter für andere Schienenverkehrsunternehmen in Deutschland und Europa. Nach der einjährigen Phase der Erprobung und der Evaluation der Ergebnisse plant die VAG ihre gewonnenen Erkenntnisse auch an andere Verkehrsunternehmen und an Energieversorger weiterzugeben. Auch die Technische Aufsichtsbehörde für Bahnen (TAB), die für die Zulassung und Abnahme der Anlage zuständig ist, hat ihr Interesse an den Ergebnissen bekundet.