• Klare Positionierung für verstärkte Zusammenarbeit und Vernetzung
• Behörden unterziehen zentrale Wärmenetze kritischen Überprüfungen
• Neue Förderer und Broschüre zu politischen Standpunkten vorgestellt
Zwei Jahre nach dem Start der Branchenkampagne Freie Wärme setzen die Partner und Förderer der Info- und Serviceplattform im Rahmen der Jahrestagung in Frankfurt am Main auf weitere gute Zusammenarbeit und verstärkte Vernetzung, wenn es um Aufklärung und Informationen rund um so genannte Kommunale Eingriffe geht. Es handelt sich dabei um monopolistisch geprägte Anschluss-, Benutzungszwänge und Verbrennungsverbote, die den Verbrauchern die freie Wahl der Heizungstechnik und des Energieträgers nehmen. „Politische Gründe wie zum Beispiel die derzeitige Forderung nach Dekarbonisierung im Wärmemarkt, aber auch Marktentwicklungen wie die Fehleinschätzung hocheffizienter, dezentraler Wärmesysteme bei der erfolgreichen Umsetzung der Energiewende haben dazu geführt, dass sich der BDH mit einigen Mitgliedsunternehmen stärker in der Allianz Freie Wärme engagiert“, sagte Andreas Lücke, Hauptgeschäftsführer Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH). Nachdem zu Beginn des Jahres der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK), das Institut für Wärme und Oeltechnik (IWO) und der Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks Zentralinnungsverband (ZIV) für die Informationsarbeit rund um Kommunale Eingriffe sowie die Vorteile individueller Heizungslösungen gewonnen werden konnten, kamen per Jahreshälfte die Unternehmen Vaillant, Viessmann, Bosch Thermotechnik, Wolf, Brötje und Weishaupt hinzu. Im November folgten der Hersteller von Armaturen und Reglern für die Haustechnik, Oventrop, und der Verband Energiehandel Südwest (VEH).
Zentrale Wärmenetze nicht zwingend verbraucherfreundlich, ökologisch und wettbewerbsoptimiert
Zuvor berichtete Johannes Kaindlstorfer, Sprecher der Allianz Freie Wärme, von in Studien, Umfragen und Positionspapieren zunehmend formulierten Ausbauzielen bei Nah- und Fernwärme. So zum Beispiel die 70/70-Strategie der AGFW Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK, mit dem Ziel einer Vervierfachung der bundesdeutschen Trassenlänge auf über 52.500 km oder die Umfrage der Wirtschaftsprüfung Rödl & Partner unter Energieversorgern und Stadtwerken, bei der sich 69 % eher für den Ausbau der Fernwärme aussprachen. Zwar hat die Studie „Fernwärme 3.0“ des HIR Hamburg Institut Research auch den Ausbau der Fernwärme zum Ziel, doch werden darin ebenso zahlreiche Problembereiche aufgezeigt, zum Beispiel, dass zentrale Wärmenetze eben nicht zwingend verbraucherfreundlich und ökologisch sowie wettbewerbsoptimiert sind. „Nah- und Fernwärme machen nur dann Sinn, wenn sie verbraucherfreundlich, also frei wählbar und wirtschaftlich in einem technologieoffenen Wettbewerb stattfinden“, kommentiert Kaindlstorfer diese Entwicklungen.
Veränderte Wahrnehmung bei Kartellämtern und Bundespolitik
Die Nachteile für Verbraucher scheinen immer öfter auch die Kartellämter und zuständigen Ressorts der Bundespolitik wahrzunehmen. Denn in den öffentlichen Medien finden sich regelmäßig Berichte, dass die regional teilweise sehr hohen Fernwärmepreise von Landeskartellbehörden wie in Thüringen, Niedersachsen oder Schleswig-Holstein analysiert wurden, um danach von den Energieversorgern nicht unerhebliche Preissenkungen zu fordern. Doch auch in der Politik regen sich Zweifel an der Allmacht von Nah- und Fernwärme. Anfang November stellte das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) im Rahmen eines Fachgesprächs einen „Praxisbericht Fernwärme und Verbraucherschutz“ der Verbrauchzentrale Hamburg vor. 100 Fälle der Verbraucherzentralen, 90 Internetseiten und die Preise von 170 Fernwärme-Anbietern wurden hierfür analysiert. Auf den Internetseiten des Ministeriums heißt es dazu: „Anlass der Veranstaltung waren die Ergebnisse des vom BMJV geförderten Projekts zur Untersuchung von Verbraucherproblemen im Fernwärmesektor. Der daraus hervorgegangene ‚Praxisbericht Fernwärme und Verbraucherschutz’ hat aufgezeigt, dass im Fernwärmesektor eine Vielzahl struktureller verbraucherpolitischer Probleme bestehen. Zurückzuführen sind diese insbesondere auf den mangelnden Wettbewerb im Fernwärmesektor.“ Nur einige der im Praxisbericht genannten, verbraucherkritischen Problemfelder sind: Die vielfältige Einschränkungen des Wettbewerbs; marktbeherrschende, monopolartige Stellung; zu hoch empfundene Fernwärme-Preise; Anschluss- und Benutzungszwang; schwierig zu erfassende Transparenz bei FW-Preisen, etc.
Wärmeanbieter werden zu regional geschützten Wärmemonopolisten
Andreas Müller, stellvertretender Hauptgeschäftsführer beim ZVSHK, berichtet in seinem Vortrag, dass sich das Fachhandwerk immer öfter Meldungen über Anschlusszwänge, Nutzungs- oder Verbrennungsverbote aus den ca. 400 Innungen des SHK-Handwerks ausgesetzt fühlt. Dabei habe man zunehmend mit den Auswirkungen des „Gesetzes zur Förderung des Klimaschutzes bei der Entwicklung in Städten und Gemeinden“ aus 2011 zu tun, da sich immer mehr Kommunen mit der Frage Energiegewinnung und -erzeugung beschäftigen. Es erleichtere den Kommunen, Grundeigentümer zum Anschluss an die regionalen Wärmenetze zu zwingen. „Die Wärmeanbieter werden so zu regional geschützten Wärmemonopolisten, und das steht nach unserer Auffassung im klaren Widerspruch zu einem freien, innovativen und energieträgerneutralen Wärmemarkt“, kritisiert Müller. Viele Städte und Gemeinden nutzen den rechtlichen Spielraum, um ihre zentrale Strom- und Wärmeversorgung konsequent voranzutreiben. In diesem Kontext erweitern sie ihre kommunalen Vorschriften wie etwa Flächennutzungspläne, Bebauungspläne oder Satzungen etc., um Anschlusszwänge oder Verbrennungsverbote in vielen Fällen zugunsten subventionierter Angebote regionaler Versorger zu erlassen. „Argumente wie umweltfreundliche Energieerzeugung, Versorgungssicherheit, Bürgernähe oder ‚Strom und Wärme aus der Region für die Region’ sind dabei die üblichen Werbeversprechen. Diese lenken letztendlich aber nur davon ab, dass die Bürger über den Anschlusszwang in jahrzehntelange Abhängigkeit vom regionalen Versorger beziehungsweise von den Stadtwerken geraten“, so Müller. Die Ausstattung der vielen Multiplikatoren vor Ort mit Informationsmaterialien, die über Gefahren kommunaler Eingriffe aber auch Vorteile individueller Wärmelösungen informieren und aufklären können, müsse insofern vorangetrieben werden.
Dialog mit Politik und Öffentlichkeit
Dies ist unter anderem das Ziel des im Mai gegründeten „Aktionsbündnis Baden-Württemberg für individuelles Heizen“, das von Dietmar Zahn, Geschäftsführer beim Fachverband SHK Baden-Württemberg, vorgestellt wurde. Baden-Württemberg ist unter anderem durch § 11 Gemeindeordnung ganz besonders betroffen, weil hierin die mehr oder weniger problemlose Einrichtung von Anschluss- und Benutzungszwängen geregelt ist. „Vor allem geht es uns um den Dialog mit der Landes- und Kommunalpolitik, sowie mit den kommunalen Spitzenverbänden“, betont Zahn. Aber die gezielte Information der Öffentlichkeit und der Immobilienbesitzer über die Konsequenzen der kommunalen Eingriffe allgemein, die Monopolisierung, sowie über die Konsequenzen für die Verbraucher und Betreiber von Heizungsanlagen, stehen ebenso im Vordergrund. Unter anderem mit der Allianz Freie Wärme als Kooperationspartner plant das Aktionsbündnis Multiplikatoren-Veranstaltungen sowie Gespräche und Aktionen auf politischer Ebene.
Neu: Broschüre „Monopolistische Planwirtschaft oder marktwirtschaftlicher Wettbewerb? Zentrale und dezentrale Wärmeversorgung im Vergleich.“
Unterstützen soll hierbei die neue, in Frankfurt vorgestellte Broschüre „Monopolistische Planwirtschaft oder marktwirtschaftlicher Wettbewerb? Zentrale und dezentrale Wärmeversorgung im Vergleich“. Im Kontext der nationalen Energiepolitik der Bundesregierung wird neben den politischen Standpunkten der Allianz Freie Wärme unter anderem dargestellt, warum Nah- und Fernwärme auf der Suche nach optimalen Lösungen nicht alleinig und in jedem Fall das richtige regionale Energiekonzept darstellen. Die Broschüre steht im Servicebereich unter www.freie-waerme zum Download zur Verfügung.