Die Veranstaltung „120 Jahre Friedensau“ fand in Kooperation des Kultur- und Heimatvereins Friedensau e.V. mit dem Zeltplatz Friedensau und unter Förderung der Stadt Möckern statt. Einwohner des Ortes und umliegender Orte sowie Vertreter aus Politik und Kirche nahmen an dem umfangreichen Festprogramm teil. Bereits am Vormittag war die in 15 Monaten neu erbaute Arena auf dem Zeltplatz mit einer Andacht eines Gesellschaftervertreters eröffnet worden. Daran schloss sich ein Rundgang durch das Gebäude an, bei dem die beiden Architekten Meyer-Winderlich und Edmondo Martinez Moreno aus Potsdam die Eigenarten des Rundbaus erläuterten. Weitere Führungen über das Hochschulgelände folgten am Vormittag.
Festakt
Der Festakt am Nachmittag auf dem „Alten Dorfplatz“ mit angrenzender Scheune begann mit dem schwungvollen Gospelsound „Sing out“ von Ron Kenoli durch den Hochschulchor. In seiner Begrüßung an die Gäste betonte der Rektor der Theologischen Hochschule Friedensau, Roland Fischer, dass Friedensau manchmal auf wundersame Weise überlebt habe. Für ihn sei darin Gottes Führung zu sehen.
Grußworte des Möckerner Bürgermeisters und des Präsidenten der überregionalen Kirchenleitung der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Deutschland folgten. Letzterem machte das ungemütliche Wetter etwas zu schaffen und ein kräftiger Windstoß fegte seine Manuskriptzettel durcheinander. Viele Regenschirme waren aufgespannt. Als allerdings 120 Tauben als Friedensboten den Dorfplatz verließen, schien der Himmel sich eigens dafür ein wenig zu öffnen.
Geschichtliches
Kirchenhistoriker Johannes Hartlapp schmückte seinen geschichtlichen Rückblick humorvoll mit Anekdoten aus dem Schulleben. Er hatte eine alte Klingeluhr mitgebracht, die im früheren Arbeitszimmer des Seminarleiters bzw. Direktors gestanden hatte und mit ihren Klingelzeichen den Tagesablauf in Friedensau regelte. Die streng durchgetaktete Tageseinteilung mit Wecken um 5:00 Uhr am Morgen bis „Licht aus“ um 21 Uhr am Abend, brachte so manchen Zuhörer zum Schmunzeln.
Nach dem Kauf der Klappermühle an der Ihle gaben die Gründerväter dem bereits 1306 urkundlich erwähnten Ort seinen Namen „Friedensau“. Noch im gleichen Jahr der Übernahme, zwei Monate nach Kauf des Geländes, startete der Unterricht mit sieben Schülern unter einfachsten Bedingungen in den vorhandenen Gebäuden. Geplant war eine Ausbildungsstätte für Pastoren und Krankenschwestern. Innerhalb der nächsten zehn Jahre entstand laut Chronik ein Ensemble von großen Lehr- und Wohngebäuden, die bis heute das Erscheinungsbild des Campus prägen. Allesamt im wilhelminischen Baustil errichtet, die heute unter Denkmalschutz stehen. Ausgehend von einem ganzheitlichen Pädagogikmodell wurden zusätzlich ein Sanatorium, Werkstätten und eine Nährmittelfabrik erbaut, die auch einen praktischen Unterricht und gleichzeitig Verdienstmöglichkeiten boten. Vor dem Ersten Weltkrieg nutzten jedes Jahr bis zu 250 Personen die Ausbildungsmöglichkeiten.
In der Zeit zwischen den Weltkriegen wurde ein einziges Gebäude neu gebaut, das sogenannte „Holzhaus“, das aber heute nicht mehr existiert. In der DDR-Zeit seien das jetzige Gästehaus und die Reihenhäuser entstanden, so Hartlapp. Nach 1990 wären alle Gebäude nördlich der Zufahrtsstraße hinzugekommen.
Ausblick
Kanzler Tobias Koch verwies auf die Perspektive, Bildung im Umgang mit der Schöpfung zu vermitteln. Unterstützend wirke dabei auch das Projekt „außerschulischer Lernort“ zum Thema Natur, das unter Anleitung einer Naturpädagogin Kindergartengruppen, Schulklassen und Studiengruppen Erlebnistage in umliegenden Wäldern und Wiesen und damit die Auseinandersetzung mit der Schöpfung ermögliche.
Neuer Pastor für Friedensau
Bei dieser Gelegenheit stellte Koch auch gleich den neuen Pastor für die Hochschulgemeinde vor. Im Gegensatz zu 120 Jahren Friedensau sei er gerade mal 120 Stunden in Deutschland, erwiderte Stefan Burton-Schnüll den herzlichen Willkommensgruß. Mit seiner Frau Barbara hat der ursprünglich aus Niedersachsen stammende Pastor die letzten sechs Jahre Kirchengemeinden in New Jersey/USA betreut.
500 Kuchenstückchen warteten am Ende des festlichen Teils dieses Jubiläumstages auf die zahlreichen Gäste. Der Dorfplatz und die Scheune boten vielfältige Gelegenheiten zu Begegnung und Austausch. Führungen durch den Ort und das archäologische Museum halfen, die Zeit bis zum ersten Konzertabend in der neuen Arena sinnvoll zu nutzen.