Nur ein Posaunenchor blieb übrig
In der 1899 gegründeten adventistischen Missionsschule in Friedensau bei Magdeburg gab es bereits eine Musikgruppe mit Blasinstrumenten und einer großen Trommel. Die ersten Missionare, die ab 1903 nach Deutsch-Ostafrika gingen, nahmen ihre Blechblasinstrumente mit und lehrten den Einheimischen deren Gebrauch. Auswirkungen davon gibt es in Tansania bis in die Gegenwart. Die ersten adventistischen Bläserchöre entstanden in Deutschland 1918 in Chemnitz, 1926 in Nürnberg und 1934 in Annaberg. Es folgten Chöre in Augsburg, Hamburg, Hannover, Landsberg/Ostpreußen, München und Waldenburg/Schlesien. Den Zweiten Weltkrieg überlebte lediglich der Nürnberger Posaunenchor, der 2016 auf 90 Jahre Bestehen zurückblicken konnte.
Nach Kriegsende begannen in den „alten“ Chören zaghafte Wiederbelebungsversuche. Neue Bläsergruppen entstanden auch dadurch, dass die „Vertriebenen“ aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten ihre Instrumente und Fähigkeiten mitbrachten und so als Motivationsschub wirkten. Zum anderen erkannten musikbegabte junge Pastoren in der Bläserarbeit ein gutes Mittel der Gemeinde- und Jugendarbeit. Doch die wenigen Bläserchöre hatten kaum Kontakt miteinander.
Ein Mann mit einer Idee
Der in der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten tätige Pastor Paul Bromba hatte die Idee, den Mitmenschen durch die Choralmusik mit Blechblasinstrumenten Gottes Liebe zu verkünden, wie es in der Evangelischen Kirche verbreitet war. 1948 gelang es ihm, einen Posaunenchor in der Adventgemeinde Detmold zu gründen. 1951 entstand in Mölln/Holstein ein weiterer Bläserchor. Durch den unermüdlichen Einsatz von Paul Bromba, der auch bei seiner Kirchenleitung in Westdeutschland wegen der Förderung von Posaunenchören immer wieder vorstellig wurde, konnte Anfang Mai 1958 bei einem Posaunenlehrgang das Advent-Posaunenwerk ins Leben gerufen werden. Der Posaunenwart Philippus Reuse von der Evangelischen Kirche aus Treysa-Hephata wurde durch die Freundschaft mit Paul Bromba ein guter Ausbilder für das adventistische Posaunenwerk. Jedes Alter war willkommen, um sich schulen zu lassen und mitzumachen.
Das Advent-Posaunenwerk entwickelt sich
1964 wurde Johannes Kahle, Musiklehrer mit abgeschlossenem Hochschulstudium an der Musikhochschule in West-Berlin, zum Musikbeauftragten für die Bundesrepublik berufen. Seine fachliche Kompetenz verhalf dem Posaunenwerk zu einer qualitativen Weiterentwicklung. 1981 folgte die Berufung von Pastor Hans-Joachim Scheithauer zum Bläser-Bundesobmann. In den westdeutschen Bundesländern wurden Obleute eingesetzt, die das Posaunenwerk förderten und eine wichtige Ergänzung der offiziellen Leiter des Posaunenwerkes waren.
In den Jahren 1948 bis 1958 entstanden neun Chöre. 43 Chöre kamen in den nächsten sieben Jahren dazu. 1983, 25 Jahre nach Gründung des Posaunenwerkes, gab es im Bundesgebiet, einschließlich West-Berlin, 82 Chöre mit etwa 1.200 aktiven Bläserinnen und Bläsern. In der damaligen DDR gründeten und betreuten Jörgen Zschunke und Wolfgang Kabus die Bläserchöre mit rund 350 Bläserinnen und Bläsern.
1970 erlebte das Posaunenwerk sein erstes Bundestreffen in Berlin. Der Austragungsort war die Berliner Philharmonie. Danach folgten weitere Bundestreffen 1974 in Heilbronn, 1979 in Göttingen, 1984 in Augsburg, 1990 in Lüneburg, 1995 in Hof, 2000 in Celle, 2006 in Chemnitz, 2012 in Geseke-Ehringerfeld. Das 10. Treffen ist in Planung.
1995 wurde das Advent-Posaunenwerk Mitglied beim Evangelischen Posaunendienst in Deutschland. „Durch diese Mitgliedschaft konnten viele Kontakte geknüpft werden, die unter anderem hilfreich sind für Bläserliteratur, Weiterbildung und geschwisterliches Miteinander“, berichtet Hans-Joachim Scheithauer in seiner Chronik des adventistischen Posaunenwerkes. In den einzelnen Bundesländern führen die jeweiligen adventistischen Musikbeauftragten Wochenendschulungen für die Chöre und Chorleiterschulungen durch.
„Gebt Gott die Ehre“
Nach der politischen Wende in Deutschland wurde Jörgen Zschunke zum Bläser-Bundeswart berufen und nach seiner Pensionierung übernahm diese Aufgabe Sebastian Haase, Musikbeauftragter der Siebenten-Tags-Adventisten in Nordrhein-Westfalen. Durch die kontinuierliche Weiterbildung habe sich die Qualität der Posaunenchöre gesteigert. 2014 gab es etwa 500 aktive Bläserinnen und Bläser in 60 Chören in Deutschland. „Die Quantität hat nachgelassen, die Qualität ist gestiegen“, betonte Scheithauer. Durch mehr Angebote im Bereich Musik sei heute das Blechblasinstrument eines von vielen. Gleich geblieben sei jedoch das Motto des Advent-Posaunenwerkes: „Gebt Gott die Ehre“.