Über die frühchristliche Tauftheologie und deren zahlreiche Abweichungen von der urchristlichen Taufpraxis im Laufe der Kirchengeschichte wurden schon viele Werke geschrieben. Die Taufe gehört heute zu den klassischen kirchlichen Symbolhandlungen, die jedoch unterschiedlich gestaltet und vollzogen werden. Der Schweizer Kirchengeschichtler Jacques Th. Frei geht in seinem jüngsten Buch „Die Taufe im Wandel der Jahrtausende“ den Fragen nach Ursprung, Grundlagen und Geschichte der Taufe nach.
Schon das vorchristliche Judentum kannte rituelle Reinigungsbäder. Allerdings brachte Johannes der Täufer einschneidende Änderungen, was die Bedeutung und Theologie der Taufe angeht. Im weiteren Verlauf der Kirchengeschichte kam es zu zahlreichen Abweichungen von der urchristlichen Taufpraxis. Außerdem wurde der Taufakt zu einem Sakrament. Die ursprünglich stark mit dem Glauben des Getauften verbundene Glaubenstaufe wandelte sich in eine Handlung, die ohne den Glauben des Getauften vollzogen wurde.
Im ersten Teil des Buches beleuchtet der Autor in spannender Erzählform anhand einer fiktiven Geschichte von „Ben Hanan und Ben Jusef“, wie die Botschaft von Johannes dem Täufer von seinen Zeitgenossen wahrgenommen wurde. Er versteht es dabei ausgezeichnet, den Leser in die damalige Zeit mitzunehmen.
Im zweiten Teil „Die Taufe im Neuen Testament“ kommen die Taufarten, die Taufvorbereitung, deren sieben Bedeutungen zur Sprache. Der dritte Buchteil schildert und dokumentiert die Veränderungen der Taufe durch die Jahrhunderte, von der apostolischen Kirchengründung über die Reformation bis in unsere heutige Zeit. Eine sorgfältige Auswahl von Abbildungen mit Taufhäusern, Baptisterien und Taufbecken macht es dem Leser leicht, die historische Entwicklung der Taufstellen nachzuzeichnen. Ein besonderes Kapitel (14) widmet der Religionshistoriker den Taufbecken in der Schweiz und in den Voralpen. Zwanzig Farbbilder und eine Übersichtskarte führen den Leser zu den ältesten Taufgebäuden in der Schweiz. Im 15. Kapitel beschreibt der Wiener Neurologe Gerhard Svrcek-Seiler in einem Gastbeitrag die frühchristlichen Taufstätten in Österreich und dokumentiert sie mit 14 Abbildungen.
Kritisch und aufklärend setzt sich Frei auch mit den Grenzfragen der Taufe als Sakrament („Sancramentum Tantum“, Limbus, „Auferweckung“ ungetauft verstorbener Kinder am Beispiel von Oberbüren, Nottaufe vor der Geburt, Taufspritzen usw.) auseinander.
Der letzte Buchteil geht auf den „blutigen Weg zur biblischen Taufe in der Schweiz“ (Formation – Deformation – Reformation) sowie auf die „Reformation und Wiedertäufer in Deutschland“ ein. Im Anhang befinden sich Worterklärungen, eine interessante Bibliographie sowie ein Verzeichnis der 230 Abbildungen.
Mit der etwas ungewohnten Kombination einer in spannender Erzählform gehaltenen Geschichte von Ben Hanan und Ben Jusef zur Zeit Johannes des Täufers und der sehr sorgfältig erforschten Geschichte der Taufe sowie der wichtigsten Taufplätze in mehreren Ländern ist dem Autor eine informative und wertvolle Publikation gelungen. Sie stellt gerade auch unter ökumenischen Aspekten einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der christlichen Glaubens- und Taufgeschichte dar.